Sehnsucht der Dunkelheit (German Edition)
nicht.
Zum allerersten Mal glaubte er wahrhaftig, dass sie eine dieser unheimlichen Hexen sein könnte, von denen die uralten Sagen berichteten: von Hexen, die Männerherzen kochten und abscheuliche Zaubertränke brauten – natürlich gegen ein Entgelt.
Als sie die Stufen hinaufschwebte, krächzte er: »Carrow, verlasse diesen Ort.« Aber sein Mund war fast zu trocken, um zu sprechen.
Statt ihm zu gehorchen, stellte sie sich neben ihn. Als sie den Umhang ablegte, verstummte die Menge. Er war sprachlos.
Ihre Kleidung wäre einer Kaiserin würdig gewesen, und sie trug sogar eine Krone. Auch wenn die Sonne seine Augen versengte, konnte er den Blick nicht abwenden. Das Licht wurde von ihrem glänzenden blauschwarzen Haar reflektiert. Ihre blasse Haut leuchtete geradezu in all dem Dreck, der sie umgab, und ihre grünen Augen funkelten bedrohlich. Sie war so schön, und doch wirkte sie zugleich tödlich.
Malkom war überwältigt.
»Was gibt euch das Recht, dies zu tun?«, fragte Carrow Ronath – auf Dämonisch .
Jetzt auf einmal sprach sie seine Sprache? Oder war auch das ein Zauber? Sogar ihre Stimme klang verändert, die Worte erklangen verzögert, als ob sie gefiltert würden.
Ronath schloss seinen Mund, der ihm bei ihrem Anblick offen stehen geblieben war.
»Was geht dich das an, Fremdling?«, erwiderte er. »So bestrafen wir Verbrecher in Ash – besonders einen wie ihn.«
»Einen wie ihn, Ronath?«
Der Waffenmeister runzelte die Stirn, als sie seinen Namen so beiläufig erwähnte, und auch Malkom fragte sich, ob sie den Dämon irgendwoher kannte.
Ronath erholte sich rasch wieder. »Er hat ein Dutzend Verbrechen begangen, für die er nur mit dem Tod bezahlen kann.«
Gleich wird er verkünden, dass ich die Hure eines Vampirs war. Scham überflutete Malkom glühend heiß – heißer, als er je geglaubt hätte. Carrow würde ihn verachten. Dann wird dies alles ein Ende haben. Ich werde es akzeptieren.
»Er muss für zwei Morde büßen und … «
» Zwei Morde?«, unterbrach sie ihn.
Ronath erklärte es ihr nur zu gern. »Er tötete unseren Prinzen, und davor ermordete er seine eigene Mutter.«
Carrow sah mit hochgezogenen Brauen zu Malkom, doch er konnte diese Taten nicht abstreiten. Vor langer Zeit, nachdem er die Führung von Kallens Rebellion übernommen hatte, war er in die Slums zurückgekehrt und hatte die Behausung seiner Mutter aufgesucht. Er hatte ihr zeigen wollen, was aus ihm geworden war. Ich wollte, dass sie ihre Tat bereut. Stattdessen hatte sie versucht, ihn zu vergiften.
Wie würde Carrow reagieren? » Channa «, brachte er mit rauer Stimme heraus.
Sie legte den Kopf zur Seite, als ob sie eine Entscheidung treffen müsste.
»Und das sind längst noch nicht all seine Verbrechen«, sagte Ronath.
Gerade als er tief Luft holte, um sie alle aufzulisten, hob Carrow den Blick – hatte sie eine Entscheidung getroffen? – und starrte Ronath so lange an, bis er den Blick abwenden musste.
»Du verschwendest meine Zeit. Lass ihn auf der Stelle gehen.«
»Ihn gehen lassen?« Ronath schien sich köstlich zu amüsieren. »Warum nennst du nicht erst mal deinen Namen – oder gesellst dich gleich zu ihm?«
»Ich bin Carrow Graie und eine Söldnerin der Wiccae.« Die Menge wurde unruhig angesichts einer Hexe in ihrer Mitte. »Und ich verlange, das Malkom Slaine freigelassen wird. Wenn er jemanden getötet hat, hatte er dafür sicherlich gute Gründe.«
Jetzt war es Malkoms Mund, der weit offen stand. Die schmalen Schultern gestrafft, stand sie vor allen anderen für ihn ein. Abgesehen von Kallen hatte noch nie jemand für ihn Partei ergriffen. Noch nie hatte sich jemand für ihn eingesetzt.
»Löst die Ketten. Sofort!«, befahl sie ungeduldig.
Während Ronath sich vergeblich bemühte, die aufgebrachte Menge zu beruhigen, wandte sie sich um, blickte Malkom in die Augen und zwinkerte ihm aufmunternd zu.
Er zuckte zusammen, wieder einmal vollkommen fassungslos. Auch wenn sein Körper nur noch aus Verletzungen zu bestehen schien, begann er, sich gegen seine Fesseln zu wehren. Mit ihr an seiner Seite …
Dies ist nicht das Ende. Nicht, ehe wir es sagen.
»Was hast du mit ihm zu schaffen?«, fragte Ronath gebieterisch.
»Er ist mein Mann.«
Ihr Mann? Und sie hatte es vor allen gesagt! Ein Geraune erhob sich. Alle waren schockiert, dass eine Frau wie sie sich in aller Öffentlichkeit zu einem wie ihm bekannte. Auch ich bin schockiert. Wenn Malkom sie noch hier und heute zu der Seinen machte
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