Sei mein Mörder: Thriller (Sommerferienpreis nur wenige Tage!) (German Edition)
und eines der vier Familienmitglieder starb?
Endlich entließ er Brief und Fotos aus seinen Fingern und stolperte ins Wohnzimmer, vor dessen Terrassentür der Kadaver des Hundes im Wind schaukelte.
In seinem Kopf drehte sich das Karussell der Moral, und wie eine Gebetsmühle klackerte die Frage: Was darf ich riskieren?
Und er beantwortete sich die Frage: Er würde seine Zehen abschneiden und auf die Nachricht warten, die ihm mitteilte, wohin er sie zu schicken habe.
Und wenn diese Nachricht niemals kam?
Wenn der Briefeschreiber sich ins Fäustchen lachte und seinen Spaß gehabt hatte?
Sollte er warten, bis die zweite Nachricht kam? Aber was, wenn er dann umgehend reagieren musste, die Tat jedoch noch nicht vollbracht war? Mark überlegte, seinen Hausarzt Dr. Rohbach anzurufen, der ihn seit über zehn Jahren betreute, dann erinnerte er sich daran, dass der Brief ihm das verbot. Aber wie sollte der Briefeschreiber wissen, wen er wann anrief?
Verdrängen!
Er wollte das alles verdrängen, aber er erkannte, dass diese Lösung nicht funktionieren würde. So groß konnte kein Teppich sein, den Brief darunter zu kehren.
Wie von Fäden gezogen, den Hundekadaver keines Blickes würdigend, ging er in den Keller, und als er ins Wohnzimmer zurückkam, hatte er eine Rosenschere in der Hand. Er legte sie auf den Wohnzimmertisch, setzte sich auf die Couch und starrte das grauenhafte Instrument an, mit dem man Zweige schnitt und Äste kürzte.
Und Zehen abschneiden konnte!
Ruckartig stand er auf, ging ins Badezimmer und stöberte aus einem alten Erste-Hilfe-Kasten Verbandsrollen, Mull und aus dem Toilettenschrank ein Desinfektionsmittel. Als diese Utensilien neben der Rosenschere auf dem Wohnzimmertisch lagen, lief Mark der der Schweiß über den Rücken, und als es klingelte, setzte sein Herz für einen Moment aus.
Er öffnete die Tür.
Marlies stand vor ihm.
»Kleines!«, freute Mark sich, und für einen Moment war der Brief vergessen. Er musste ihn vergessen, denn seine Tochter hatte Vorrang. Sie wirkte wie eine Hand, die sich ihm aus der Normalität entgegenstreckte. »Komm rein!«
Das Mädchen stellte die Schultasche an die Wand. Soeben wollte sie ins Wohnzimmer, als Mark sie festhielt. »Lass uns in die Küche gehen.«
Der Hund! Den durfte sie nicht sehen!
»Möchtest du eine Schokolade?«
Marlies grinste. »Cola wäre mir lieber.«
»Okay, schauen wir nach.« Er bugsierte seine Tochter in die kleine Küche, in der es sich zwei Menschen bequem machen konnten.
Das Mädchen plumpste auf den Stuhl und schüttelte die Haare nach hinten.
»Was treibt dich zu mir? Ärger mit Mama?«
»Nee.«
»Also?«
Glücklicherweise fand Mark eine Cola und öffnete sie. »Ein Glas?«
»Die Flasche reicht.«
»Also, was ist los?«
Marlies trank, dann sah sie ihren Vater an. »Ich hab eine Fünf geschrieben in Mathe.«
Mark tat, als mache er ein betretenes Gesicht. Liebe Güte, wie er sie liebte. Sie war sein Augenstern, so kitschig das klingen mochte. Würde ihr etwas zustoßen, würde er es sich niemals verzeihen. »So, so, eine Fünf!« Für Marlies war das tatsächlich ein Unglück, denn sie zählte zu den besten Schülern in ihrer Klasse, ohne sich anstrengen zu müssen. Sie war intelligent und würde ihren Weg machen, vermutlich studieren.
»Und weißt du, warum ich diese Scheißzensur geschrieben habe?«
Mark schwieg. Er lehnte an der Küchenzeile.
»Weil ich andauernd an den blöden Dennis denken muss. Der hat meinen ganzen Kopf durcheinander gebracht.«
Mark war stolz. So etwas erzählte eine Pubertierende ihrem Vater? War für so etwas nicht die Mutter zuständig? Für Mark würde Marlies immer sein kleines Mädchen bleiben und er scheute sich auch nicht, sie in ihrem Alter noch immer an sich zu drücken, zu liebkosen und zu küssen. Marlies war mit viel Liebe erzogen worden und ein gutes Kind geworden. Hoffentlich würde sie die dauerhafte Trennung ihrer Eltern verkraften.
»So, so ... Dennis.«
»Jetzt klingst du wie Gandalf«, grinste Marlies.
»Gandalf ohne Bart. Hat mir noch keine Lady gesagt. Ist das ein Kompliment?« Er blinzelte fröhlich.
»Du bist doch fast genauso alt wie er.«
»Hundertsechzig?«
»Ach Dad ... sei nicht blöd!«
»Ist ja schon gut. Was also soll dein steinalter Vater dazu sagen?«
»Tröste mich.«
Er ging zu ihr, sie stand auf und er drückte sie an sich. Seine flache Hand lag auf ihrem Haar und er spürte ihren warmen jungen Atem an seiner Brust. »Eine Fünf ist
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