Sein mit Leib und Seele - Band 07
einen Stoß, der sie in die andere Ecke des Zimmers befördert. Hoffentlich macht sie keinen großen Krach! Die Figur prallt von der Wand gegenüber ab und fällt mit einem dumpfen Geräusch zu Boden. Ich blicke zu Alice und Charles. Sie haben scheinbar nichts gehört, verhext wie sie sind.
,Puh!‘
Ich weiche hastig an der Wand entlang zurück und spüre das kalte bemalte Papier an meinem nackten Körper. Das Zimmer ist groß, ich hatte nie besonders auf seinen Schnitt geachtet – normalerweise ging es direkt in Richtung Bett und fertig.
Mein Fuß ertastet hinter mir die Öffnung des Kleiderschranks, flink gleite ich rückwärts hinein. Dann öffnet sich langsam die Zimmertür und ich sehe die Silhouetten der beiden durch den Rahmen treten. Ich blicke mich suchend nach etwas um, das mir dabei helfen könnte, mich zu verstecken – ein Kleidungsstück oder so, und stelle fest, dass ich nicht im Kleiderschrank bin, sondern in einem Spalt zwischen diesem und einem Wandschrank. Ein kleiner Spalt, den ich zuvor nie bemerkt hatte, ein wirklich praktischer Spalt, der es mir nun ermöglicht, nicht entdeckt zu werden und … das Geschehen zu beobachten. Aber will ich wirklich bei dem dabei sein, was sich unweigerlich gleich in diesem Zimmer abspielen wird, in diesem Bett, dort, vor mir, genau da, wo Charles und ich noch vor wenigen Stunden … Nein! Nichts wie raus hier, was für ein Albtraum!
Alice und Charles sind drei Meter von mir entfernt, er ist wie versteinert. Alice beginnt, ihre Strickjacke aufzuknöpfen, ich sehe ihren pflaumenfarbenen BH auf ihrer weißen Haut schimmern. Aber Charles scheint wieder zu sich zu kommen: Sanft schüttelt er den Kopf und beginnt zu sprechen. Erst langsam, dann immer lebhafter. Ich kann nicht alles hören oder sehen, verstehe aber auch so, was sich gerade abspielt.
„Warte, Alice, ich glaube, das ist ein Missverständnis.“
Alice hört auf, sich ihre Jacke aufzuknöpfen.
„Wie, Charles? Das einzige Missverständnis hier ist das, welches uns so lange voneinander getrennt hat.“
Sie streift nun ihre Jacke ab, erst den einen Ärmel, dann den anderen, und lässt den Stoff dabei sanft über ihre Haut gleiten.
„Alice, ich weiß nicht, ob ich das wirklich will.“
„Den Eindruck habe ich aber nicht, Charles …“
Sie betrachtet seine imposante männliche Nacktheit.
„Alice, wir müssen reden. Über dich, mich, uns. Über alles. Über unsere Vergangenheit und das, was wir leben und empfinden, jeder von uns …“
„Jeder? Was willst du damit sagen? Es gibt kein ,jeder‘, es gibt nur uns beide. Charles, ich kenne dich gut, ich sehe in deinen Augen …“
„Was siehst du in meinen Augen, Alice?“
Alice steht im BH vor ihm. Ich komme nicht umhin, diese Frau wunderschön zu finden. Ihr trauriges und unscheinbares Wesen ist einer brodelnden Seele gewichen. Ihre Augen glühen, ihre Brust hebt und senkt sich im Rhythmus ihres tiefen, ruhigen Atems. Langsam öffnet sie den Reißverschluss ihres Rocks. Ich spüre, wie Charles mit sich kämpft.
,Na, los, Charles! Sag ihr, sie soll gehen! Sie hat hier nichts zu suchen, die Gute! Hier geht es nur um dich und mich, sonst nichts! Charles!‘
„Alice, ich glaube, wir sollten ernsthaft über unsere Beziehung sprechen.“
„Ganz genau, Charles, deshalb bin ich da. Und genau das tun wir doch auch gerade.“
Alice lässt ihren Rock auf den Boden gleiten. Ich sehe sie in ihrer Unterwäsche, brennend und so weiblich, ein Geschenk für Charles. Er muss sich nur noch bücken und diese glühende Blume pflücken.
Plötzlich fühle ich mich nur noch jung und naiv, ich, ein kleines, nacktes Mädchen, nur wenige Schritte von dieser Frau entfernt, die in ihrer prächtigen pflaumenfarbenen Spitzenunterwäsche ihre ganze Sinnlichkeit und Weiblichkeit verströmt. Ihr Slip zeichnet perfekt die Linie ihrer Hüfte nach, ihr üppiges Dekolleté …
,Charles, lass dich von dieser Gottesanbeterin nicht manipulieren!‘
Alice geht mit sinnlichen Schritten auf Charles zu. Sie fasst mit ihren Händen hinter ihren Rücken und hakt gekonnt ihren BH auf. Sie steht so nah bei Charles, dass der BH im Fallen seinen männlichen Oberkörper streift und dann auf seinen Füßen landet. Alice’ Lippen bewegen sich. Was flüstert sie ihm zu? Aber Charles reagiert nicht. Sein Blick, der so glühen kann, scheint mir jetzt kalt und vereist zu sein.
,Habe ich mir nur etwas vorgemacht? Verliert er sich gerade im Spinnennetz dieser dunklen, undurchschaubaren
Weitere Kostenlose Bücher