Sein mit Leib und Seele - Band 07
unter der Sintflut ganz vergessen! Das ist einfach kein Tag für Jobs dieser Art.
„Einen Augenblick, Emma.“
„Monsieur Lechevalier?“
„Sie wissen schon, dass Sie sich so nicht bei einem Geschäftstreffen sehen lassen können?“
Ich werde sofort rot.
,Mist! Zeige ich immer noch meinen Slip? Peinlich! Aber nein, eigentlich …‘
Oh, mein tief ausgeschnittenes Kleid – nicht sehr professionell … Ich stammle:
„Es tut mir leid, Monsieur Lechevalier, ich werde mir sofort einen Pullover kaufen gehen.“
„Wovon reden Sie, Emma? Der wird Sie auch nicht trocknen. Sie können sich unseren Kunden nicht derart aufgeweicht präsentieren. Ich rufe Ihnen ein Taxi, nutzen Sie die Zeit und machen Sie etwas mit Ihren Haaren beim Friseur nebenan. Die kennen uns gut und werden Sie als Notfall dazwischenschieben. Fünfzehn Minuten. Bis gleich!
„Ich eile, Monsieur Lechevalier“, erleichtert, dass die Dinge diese Wendung genommen haben.
„Ach, ich vergaß …“
„Ja?“
„Wenn Sie morgens die Metro nehmen, achten Sie ein wenig darauf, was Sie tragen. Sie repräsentieren auch unsere Agentur.“
„Ja … ja, Monsieur Lechevalier …“
Während ich stammle, spüre ich, wie mir vor Scham heiß wird.
Ich greife eilig nach einem schwarzen Schirm, den ein Kunde hier vergessen hat, und gehe hinaus in die Niagarafälle. Ich laufe am Gebäude entlang und stürze in das benachbarte Geschäft, den ultraschicken Friseursalon von Étienne Rodrigues.
Ich will gerade mein Kommen erklären, da winkt mich schon die hübsche junge Frau mir gegenüber zu sich. Ich folge ihr schweigend durch die Flure und habe das Gefühl, die Reichtümer eines Klosters zu betreten. Alles ist gedämpft, still und luxuriös. Ich höre kaum die Haartrockner, die irgendwo in der Ferne leise summen. Ich gehe durch mehrere Bahnen dicken Stoffs hindurch und versuche trippelnd, meine Führerin einzuholen. Mehrmals gebe ich ein unsicheres, leises „Mademoiselle“ von mir, weil ich ihr erklären will, dass ich keine ihrer üblichen Kundinnen bin. Vor allem aber, dass ich weder die Zeit noch das Geld für eine ihrer Dienstleistungen habe!
„Setzen Sie sich, Mademoiselle Maugham.“
„Da… Danke … Woher wissen Sie meinen …“
„Nicht bewegen, Mademoiselle“, fällt sie mir ins Wort, „ich weiß, dass Sie es eilig haben.“
Ihr mitleidiger Blick auf meine Haare gibt mir das Gefühl, als hätte ich einen Wischmopp auf dem Kopf.
„Ähm …“
„Es kommt gleich jemand, Mademoiselle Maugham.“
Gleich darauf ist sie verschwunden. In der Sekunde darauf wird sie von einem gut aussehenden Mann ersetzt. Groß und stark, hohe Wangenknochen, und im Spiegel sehe ich, wie seine Hose seinen Hintern umschließt. Der Frust wegen des Ärgers mit Charles erschüttert mich wohl und bringt mich auf keine sehr frommen Ideen!
,Und irgendwie hat es Charles nicht anders verdient. Männer sind Flegel, das weiß man doch, nicht?‘
Mein Unbekannter stellt sich mit einem breiten Lächeln vor:
„Hallo, Emma, ich bin Hans. Ich werde mich in den kommenden Minuten um Sie kümmern. Wir werden eine wahre Schönheit aus Ihnen machen. Auch wenn es in Ihrem Fall nicht viel zu tun gibt.“
Normalerweise verdrehe ich bei solchen Schmeicheleien die Augen. Aber jetzt, muss ich gestehen, tut das meinem Ego gut. Ich lächle und erröte, und bevor ich weiß, wie mir geschieht, taucht Hans seine Hände in meinen Mopp. Ich spüre, wie seine lebhaften und starken Finger meinen Kopf streicheln. Sanft und doch fest lässt er seine Finger kreisen und teilt einige Strähnen ab. Dann bewegen sich seine Fingerkuppen um meinen ganzen Haaransatz vor und zurück. Ich habe ihn ein wenig im Verdacht, dass er das etwas intensiver macht als nötig. Ich schließe meine Augen und lasse mich gehen. Zehn Minuten noch, die werde ich auskosten!
Hans’ sichere Bewegungen lassen mich träumen. Ich spüre, wie sich Wärme über meine Kopfhaut und in meinen Wangen ausbreitet. Ein kleines Kribbeln steigt mir den Rücken hinauf. Ich lasse mich davon mitreißen und habe das Gefühl, Hans bemerkt meine Reaktion und gibt sich noch ein wenig mehr Mühe. Seine kundigen Hände werden lebhafter und feurig. Komplett versunken, bewege ich meinen Nacken leicht von links nach rechts, vor Wonne entfährt mir ein leichtes Grunzen.
In diesem Moment spüre ich, wie mein Körper vibriert.
,Was zum Teufel ist das für ein Friseursalon?‘
Aber nein, es ist mein Handy, das da in meiner Tasche vibriert.
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