Seine junge Geliebte
Er wollte nichts mehr von Bärbel und noch weniger von seinem Sohn wissen. Er spürte auf beide einen ungeheuren Haß.
Der erste Zug ging um halb acht. Er nahm ihn. Wieder schlief er sofort ein, als er sich hingesetzt hatte. Die Nacht, die er sich um die Ohren geschlagen hatte, verlangte ihren Tribut …
Die Ausstellung war ein voller Erfolg. Axel verkaufte fast alle Bilder. Eine Galeristin aus Lyon bat um die nächste Ausstellung.
»Es hat sich alles so gut angelassen.« Die beiden saßen im Zug nach Köln. Bärbel kuschelte sich an Axel. »Und jetzt versuchen wir, Frieden mit deinem Vater zu machen.«
»Das wird dir nicht gelingen. Der Alte ist doch schon ein bißchen verkalkt. Das hast du doch gemerkt.«
»Ich habe es nie bemerkt. Und ich kenne ihn doch schon recht lange …« Sie nahm seine Hand und streichelte sie. »Ich glaube, du hast ihn falsch behandelt.«
»Was heißt hier falsch behandelt?« fuhr Axel auf. »Der Alte wollte doch, daß ich mich Tag und Nacht um ihn kümmere. Ich sollte ihn zu meinen Freunden mitnehmen. Das ging doch zu weit.«
»Vielleicht ging es ein wenig zu weit, aber vergiß nicht, daß er im Grunde genommen ein einsamer alter Mann ist. Seine Frau ist schon so lange tot. Seine Freunde sind gestorben. Er hatte nur dich – und –«, sie legte ihre Hand auf seine Schulter, »nachher mich. Was meinst du, wenn wir ihn beide unter unsere Fittiche nehmen – uns ein wenig um ihn kümmern …«
»Ich fürchte, das wird nicht viel bringen. Aber, mach was du willst! Geh zu ihm …« Axels Stimme klang ärgerlich.
Bärbel streichelte seine Wangen. »Reg dich nicht auf – ich kehre nicht zu ihm zurück – jedenfalls nicht als seine Freundin. Aber als seine Tochter, als die er mich ja im Hotel ausgegeben hatte. Meinst du«, sie ließ von Axel ab, als der Schaffner eintrat und die Fahrkarten kontrollieren wollte, »daß wir das nicht schaffen werden?«
Bärbel schaffte es, zwar nicht sofort. Sie versuchte, in den ersten Tagen nach ihrer Rückkehr mit Peter Sartorius in Verbindung zu treten, aber er lehnte es strikt ab, sie zu empfangen. Sobald sie ihn anrief und sich meldete, legte er den Hörer auf. Mutlos berichtete sie Axel von ihren Mißerfolgen.
»Ich habe es dir ja gleich gesagt«, fast schien er zufrieden zu sein, daß er recht behalten hatte, »das wird nie klappen.«
Sie schickte ihm eine Einladung zu ihrer Hochzeit. Er ignorierte sie, ja, er antwortete nicht einmal.
Aber er litt. Er stellte sich noch einmal bei Dr. Bruckner vor, nachdem einige Wochen nach der Operation ins Land gegangen waren. »Ich weiß gar nicht, wozu ich mich habe operieren lassen«, beklagte er sich. »Meine Freundin ist mir fortgelaufen – und ist ausgerechnet zu meinem Sohn übergewechselt.«
Dr. Bruckner schaute ihn vorwurfsvoll an. »Sie sollten nicht so reden. Schauen Sie doch nur –«, er hielt ihm einen Spiegel hin, »wie viel besser und aktiver Sie jetzt aussehen. Bei Ihnen hat die Operation sich wirklich gelohnt.«
»Für wen?« seufzte Peter Sartorius.
»Für Sie! Ich könnte mir denken, daß Sie nun viel aktiver werden, wenn Sie morgens in den Spiegel schauen und Ihnen ein jüngeres Gesicht entgegenlacht.«
»Ich habe nichts zu lachen.«
»Meinen Sie nicht, daß es sehr schön wäre, wenn Sie jetzt nicht nur Fräulein Linke zurückbekommen würden, sondern gleichzeitig Ihren Sohn? Ich würde einmal darüber nachdenken. Darf ich einmal ganz hart werden?«
»Bitte sehr –«, Peter Sartorius' Stimme klang kalt. »Härter als mich das Schicksal getroffen hat, können Ihre Worte auch nicht werden.«
»Nein –, aber sie sollen Sie aufrütteln! Sie sind jetzt fünfundsechzig Jahre. Die durchschnittliche Lebenserwartung eines Mannes beträgt zur Zeit achtundsechzig Jahre. Als statistischen Mittelwert hätten Sie also noch zwei Jahre zu leben. Wollen Sie diese beiden Jahre wirklich in Unfrieden mit Ihren Kindern – und das sind ja doch nun beide durch die Hochzeit geworden – bis zu Ihrem Tode leben? Zwei Jahre? Ich würde mir das genau überlegen. Was bringt Ihnen eine Feindschaft ein? Nichts! Was brächte Ihnen aber eine gute Beziehung ein? Alles! Und nun gehen Sie nach Hause!« Dr. Bruckner klopfte Peter Sartorius auf den Rücken. »Und denken Sie einmal über meine Worte nach.«
»Ich glaube, das sollten wir deinem Vater mitteilen.« Bärbel hatte den Arm um die Hüften ihres Mannes gelegt und schaute ihn strahlend an. »Vielleicht rührt es ihn, wenn er erfährt,
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