Sengendes Zwielicht - Lady Alexia 05
versuchte, die beiden auseinanderzureißen. Die Bühnenvampire trugen besonders auffällige falsche Fangzähne, und sie hatten das Kinn mit roter Farbe verschmiert. Die Werwölfe trugen ordentliche Kleidung und hatten die großen, zottigen Ohren mit rosa Tüllschleifen an den Köpfen festgebunden – zweifellos eine Idee von Ivy.
Ivy Tunstell, Alexias liebe Freundin, spielte die Vampirkönigin. Sie tat dies mit reichlich Über-die-Bühne-Rauschen und In-Ohnmacht-Sinken, und ihre Fangzähne waren größer als alle anderen, was ihr eine deutliche Aussprache erschwerte, weshalb viele ihrer Monologe nur aus feuchtem Gezischel bestanden. Sie trug einen Hut in den Farben Gelb, Rot und Gold, der halb Kapotthütchen, halb Krone war, um das Königinnenthema unmissverständlich zu verdeutlichen. Ihr Gemahl, der den in Liebe entflammten Werwolf spielte, stolzierte in einer komischen Interpretation wölfischer Sprünge herum, bellte viel und wurde in einige famose Bühnenkämpfe verwickelt.
Der merkwürdigste Moment, so fand Alexia, war eine traumartige Sequenz unmittelbar vor der Pause, in der Tunstell hummelfarben gestreifte Unterhosen mit angenähter Weste trug und ein kleines Ballett vor seiner Vampirkönigin aufführte. Die Königin war in ein bauschiges schwarzes Chiffonkleid gehüllt, mit hohem Shakespearekragen und einem grünen Mieder mit passendem Fächer. Ihr Haar war auf beiden Seiten des Kopfes zu runden Knoten geschlungen, die wie Bärenohren aussahen, und ihre Arme waren nackt. Nackt!
An dieser Stelle begann Conall unkontrolliert zu zittern.
»Ich glaube, das soll die Absurdität ihrer unmöglichen Zuneigung symbolisieren«, erklärte Alexia ihrem Gatten mit ernstem Tonfall. »Zutiefst philosophisch. Die Biene repräsentiert die Zirkularität des Lebens und das unendliche Schwirren der Unsterblichkeit. Ivys Kleid deutet darauf hin, wie frivol es ist, ohne Liebe durchs Dasein zu tanzen.«
Conall bebte weiterhin stumm vor sich hin, als zittere er vor Schmerz.
»Ich bin mir nicht sicher, was der Fächer oder die Ohren bedeuten sollen.« Nachdenklich klopfte sich Alexia mit dem eigenen Fächer gegen die Wange.
Der Vorhang des ersten Aktes fiel, nachdem der hummelgekleidete Held seiner vampirischen Liebsten lang ausgestreckt zu Füßen gesunken war. Das Publikum brach in wilden Beifall aus. Lord Conall Maccon begann schallend zu lachen, mit lautem, polterndem Dröhnen, das wunderbar durch den ganzen Saal trug. Viele Leute drehten sich um, um ihn missbilligend anzustarren.
Na ja, dachte seine Frau, wenigstens hat er es geschafft, sich bis zur Pause zurückzuhalten.
Endlich brachte ihr Gemahl seine Heiterkeit wieder unter Kontrolle. »Brillant! Ich entschuldige mich vielmals, Weib, dass ich gegen diesen Ausflug etwas einzuwenden hatte. Das hier ist über die Maßen unterhaltsam.«
»Nun, gib bitte acht, dass du ganz sicher nichts dergleichen zu dem armen Tunstell sagst. Du sollst tief bewegt und nicht amüsiert sein.«
Ein schüchternes Klopfen erklang an der Tür ihrer Loge.
»Herein«, jodelte seine Lordschaft, immer noch leise glucksend.
Der Vorhang wurde beiseitegeschoben, und herein kam eine Person, die im Theater zu sehen Alexia niemals erwartet hätte – Madame Genevieve Lefoux.
»Guten Abend, Lord Maccon, Alexia.«
»Genevieve, wie schön.«
Madame Lefoux war makellos gekleidet. Falls Countess Nadasdy versucht hatte, ihre neueste Drohne dazu zu bringen, sich angemessen zu kleiden, hatte sie kläglich versagt. Madame Lefoux kleidete sich äußerst stilvoll – für einen Mann. Ihr Geschmack war immer noch dezent und elegant, ohne die vampirische Extravaganz hinsichtlich Halsbinden und Manschettenknöpfen. Zugegeben, sie trug Krawattennadeln und Taschenuhren zur Schau, doch Alexia hätte gutes Geld darauf verwettet, dass sich keine einzige davon in ihrer Funktion darauf beschränkte, nur eine Krawattennadel oder Taschenuhr zu sein.
»Gefällt Ihnen die Vorstellung?«, fragte die Französin.
»Ich finde das Stück unterhaltsam. Conall nimmt es nicht ernst.«
Lord Maccon blies die Backen auf.
»Und Sie?«, gab Alexia die Frage an ihre ehemalige Freundin zurück. Seit Genevieves wilder und spektakulärer Jagd durch London und ihrer daraus resultierenden Transformation zur Vampirdrohne herrschte kein geringes Maß an Verlegenheit zwischen ihnen. Zwei Jahre waren seitdem vergangen, und sie hatten noch immer nicht wieder zu jener Nähe zurückgefunden, die sie beide zu Beginn ihrer Bekanntschaft
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