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Sepp und seine Bande

Sepp und seine Bande

Titel: Sepp und seine Bande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Hoefling
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„Bittschön!“
    „Sie — Sie wissen es also wirklich, nicht?“
    „Nein, keine Ahnung.“
    „Dann schauen Sie mal auf den Hof hinaus, da sehn Sie’s, wenn Sie’s noch immer nicht gehört haben.“
    In diesem Augenblick hatte der dicke Willem tatsächlich ein Tor geschossen, was natürlich von seinen Leuten mit einem Hurragebrüll belohnt wurde.
    Das Jubelgeschrei und ein kurzer Blick durchs Küchenfenster ließen den Hausmeister unmißverständlich erkennen, daß hier ein Dutzend begeisterter Jungen Fußball spielte — wie überall auf der Welt, wo es Jungen und einen Ball gibt.
    „Die Buben spielen Fußball“, stellte Herr Dallmayer mit urbayerischer Bierruhe fest, was jedoch bei Fräulein Schulte das Gegenteil bewirkte.
    „Sie spielen nicht Fußball — sie schreien Fußball!“ verbesserte sie ihn aufgebracht.
    Diese Erklärung erstaunte den Hausmeister so sehr, daß er unwillkürlich vom Hochdeutschen ins Münchnerische wechselte:
    „Jo mei, den Ausdruck hob i jetzt noch net ghört! Aber recht ham’S — a bisserl laut sein’s schon, die Buben, die sakrischen. Fußball spieln ist nu halt mol an lauter Sport, da kann man nichts machen nicht.“
    „Sport nennen Sie dieses barbarische Treten und Brüllen?“ brauste Fräulein Schulte auf und steigerte sich immer mehr in ihre Erregung hinein. „Für mich ist das ruhestörender Lärm — jawohl, Herr Dallmayer! Ich bin nicht mehr in dem Alter wie diese Lausebengel da draußen. Nein, ich brauche unbedingt meine Mittagsruhe — und Purzel auch!“
    „Also gut, ich sage den Buben, sie sollen leiser sein.“
    „Nur leiser sein? Nein, das genügt nicht! Aufhören sollen sie mit dieser Treterei — der Hof ist kein Fußballplatz!“
    „Aber irgendwo müssen die Burschen doch spielen können“, wandte der Hausmeister ein.
    „Ja, auf dem städtischen Fußballplatz. Der ist ausdrücklich für die Jugend angelegt worden. Nur zehn Minuten von hier.“
    „Das habe ich nicht gewußt. Sie wissen ja, ich bin erst gestern hier eingezogen.“
    „Aber das ist den Lausebengeln natürlich zu weit — zehn Minuten zu Fuß zu gehen“, fuhr Fräulein Schulte unbeirrt fort. „Das macht die jungen Herren zu müde, das strengt sie zu sehr an. Aber sich hier drei Stunden lang die Zunge aus dem Hals rennen und brüllen — das macht ihnen sogar noch Spaß! Verstehn Sie das?“
    Der Hausmeister brummte vor sich hin, was eher nach Ja als nach Nein klang, und meinte dann:
    „Das mit dem städtischen Fußballplatz ist natürlich etwas anderes. Ich sag’s den Buben sofort. Einen Augenblick, bitte!“
    Herr Dallmayer trat ans offene Küchenfenster, während Fräulein Schulte in der schummerigen Diele stehenblieb, wo sie von draußen nicht gesehen werden konnte. Sie zog es vor, im Hintergrund zu bleiben, wie immer und überall, wenn sie sich irgendwo über irgendwen oder irgendwas beschwerte — und sie hatte sich dauernd irgendwo über irgendwen und irgendwas zu beschweren! Sie verstand es stets, andere an ihrer Stelle vorzuschicken, um dann selbst dazustehen wie ein pausbäckiger Unschuldsengel. Sie brauchte die Nörgelei zum Leben wie ein Fisch das Wasser.
    „Flanke, Flöhchen! Flanke!“
    Mit einer Stimme, so laut, als wolle er eine Armee in die Schlacht führen, brüllte der dicke Willem seinen Mitspieler an, der gerade mit dem Ball vordribbelte auf gleicher Höhe wie Willem selbst. Und schon kam der Ball angerollt — nicht zu scharf und nicht zu pflaumig, sondern genau goldrichtig und maßgerecht vorgelegt: zwei Meter vor die Füße des vorstürmenden Mannschaftskapitäns. Willem stand ungedeckt vor dem gegnerischen Tor. Er brauchte nur das Bein auszustrecken — wumm! — und schon bebte und dröhnte die stählerne Garagentür in der Mitte der linken Reihe; denn diese Garagentür diente als Fußballtor.
    Geschlagen lag der Torwart am Boden und raufte sich die Haare, während der dicke Willem gelassen und selbstgefällig das Siegesgeschrei seiner Freunde, das Händeschütteln und die anerkennenden Knüffe und Püffe über sich ergehen ließ.
    Ja, der dicke Willem war ein gefürchteter Tortank — wie er sich selbst gern nannte —, ein Tortank, gegen den kein Kraut gewachsen war! Höchstens er selbst hätte seine eigenen Bombenschüsse halten können; denn der dicke Willem war ein noch besserer Torwart als Stürmer. Bei wichtigen Spielen hütete er immer den Kasten, zum Beispiel, wenn sie gegen eine andere Klasse antraten oder gegen die Jungen vom Pottmühlenweg.

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