Sepp und seine Bande
Männe auf seinen Freund ein. „Du hast gesiegt, das genügt doch.“
„Mir genügt es nicht!“ widersprach Sepp.
„Du hast dich tapfer geschlagen, Dallmayer!“
„Alle Achtung!“
„Ja, ich hätte das bestimmt nicht gewagt.“
„Nachdem Willem ihn vorher schon zweimal zu Mus gemacht hat!“
So und ähnlich redeten die Jungen durcheinander, konnten jedoch nicht völlig verhindern, daß sowohl Sepp als auch Willem immer wieder eine Lücke fanden, einen Schlag oder Stoß gegeneinander abzufeuern.
Wirkung zeigte dieses Nachgeplänkel jedoch nicht mehr — und wer weiß, wie lange es noch gedauert hätte, wenn nicht plötzlich jemand anders mit seinen schwachen Fäustchen auf den dicken Willem losgetrommelt hätte: gegen die Oberschenkel, den Bauch und den Popo — denn höher kam sie nicht mit ihren kurzen Ärmchen, die kleine Erika.
Ja, unbemerkt von den andern war sie auf flinken Füßen herangeeilt, nachdem sie vorher noch zu Hause ihre Puppe Ursula aufs Sofa gebettet hatte. Sie war Zeuge gewesen, wie sich ihr großer Bruder tapfer für sie und ihren Puppenwagen eingesetzt und eine blutige Nase geholt hatte, und wollte ihn jetzt durch ihre Fäustchen tatkräftig unterstützen.
Trotz allen Zorns und aller Verbissenheit mußte der dicke Willem doch plötzlich lachen und versuchte, sich mit seinen langen Armen das kleine Mädchen vom Leib zu halten, so wie man belustigt einen Hund abwehrt, der tolpatschig an einem hochspringt.
„Du Böser — du Böser, du!“
So begleitete Erika ihre Hiebe, und Willem röhrte herablassend:
„Schon gut, hör auf, ich haue mich nicht mit Mädchen rum.“
„Meinen Puppenwagen will ich wiederhaben!“ verlangte die Kleine wiederum mit Nachdruck. „Meinen Puppenwagen!“
„Na schön, weil du es bist!“ lenkte der dicke Willem heiter ein und befahl seinen Wölfen: „Los, Jungs, holt ihr die olle Karre runter!“
„Puppenwagen hängt man nicht an Bäume, du Böser, du!“ äffte Flöhchen den Tonfall des Mädchens nach und kletterte am Stamm hinauf, um den Puppenwagen aus dein Aststumpen herauszuheben.
Zwei andere Jungen nahmen ihn danach in Empfang und überreichten ihn Erika.
„Zufrieden?“
Diese Frage hatte der dicke Willem spöttisch an das Mädchen gerichtet, doch statt Erika antwortete Sepp:
„Wir sind erst dann zufrieden, wenn du dich bei ihr entschuldigst.“
„Du hast wohl ’nen Rappel, Mann, wie?“
Sepp wollte erneut aufbrausen, doch Georg fuhr scharf dazwischen:
„Los, hau jetzt ab mit deiner Schwester! Für heute reicht’s.“
Da die kleine Erika ihren großen Bruder gleichfalls bat mitzukommen, zog er murrend ab, neben dem Puppenwagen dahertrottend wie ein Vater neben dem Kinderwagen. Was hätte er auch tun können, um den dicken Willem und seine Bande zu zwingen, sich bei seiner Schwester zu entschuldigen?
Gewiß, er hatte auch diesen Kampf verloren — aber er hatte gleichzeitig eine weitere Runde gewonnen! Eine Runde nämlich in dem großen und allein wichtigen Kampf, die Feindschaft der Wölfe zu besiegen.
Es war durchaus nicht alltäglich, daß sich die andern einmischten, wenn der dicke Willem einen Gegner verprügelte. Mitleid mit Sepp und seiner blutenden Nase war bestimmt nicht der Anlaß zu diesem außergewöhnlichen Verhalten gewesen, vielmehr sprach daraus eine gewisse Anerkennung für Sepps Haltung. Offen hatte zwar noch niemand gewagt, für den Neuen Partei zu ergreifen, aber langsam begannen sich bei den Wölfen Achtung und Sympathie für Sepp durchzusetzen. Im gleichen Maße, wie Sepp bei ihnen gewann, verlor der dicke Willem, was dieser, als die Kampfeswut verraucht war, auch deutlich zu spüren schien. Und da ihn das wurmte, knurrte er seine Freunde an:
„Warum habt ihr euch eigentlich vorhin eingemischt? Hat euch das Baby mit dem Sepplhöschen leid getan, he?“
„Nein“, erwiderte Brillenschlange, „leid gerade nicht.“
„Sondern?“
„Du tust ihm unrecht“, erklärte Männe rundheraus. Ein paar stimmten zu.
„Ach, das ist ja das Neueste!“ höhnte der dicke Willem. „Ich tue jemandem unrecht! Was denn für Unrecht, wenn ich fragen darf, he?“
„Weil du alle deine Wut an Sepp ausläßt“, tadelte Brillenschlange den dicken Willem.
„Ist er denn nicht an allem schuld?“
„Nein, Willem, ich glaube, du siehst die Sache zu einseitig.“
„Du hältst dich wohl für besonders klug, wie?“
„Nein, aber ich meine: Tatsache ist, daß nicht er den Ball nicht rausrücken wollte, sondern sein
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