Sepp und seine Bande
die Sprechchöre über das weite Feld, als die beiden Mannschaften einliefen, sich dann in der Mitte aufstellten und sich nach beiden Seiten den Zuschauern vorstellten. Dann warf der Schiedsrichter ein Zehnpfennigstück hoch. Die Zahl blieb oben liegen: Mozart hatte die Seitenwahl und entschied sich dafür, mit der Sonne im Rücken zu kämpfen.
„So ’n Mist!“ schimpfte der dicke Willem, der hinter Sepps Tor seinen Posten bezogen hatte. „Jetzt hast du die erste Halbzeit die Sonne in den Augen und keine Schildmütze mit!“
„Wenn ich die Hand über die Augen halte“, meinte Sepp, „dann seh’ ich genug.“
„Und wenn ein Ball angeflogen kommt — was dann? Ziehst du dann vielleicht die Rolläden vor die Sonne, he?“
Darauf blieb Sepp dem dicken Willem die Antwort schuldig, denn eben war der Anpfiff erfolgt — und schon stürmten die jungen Mozarts auf Beethovens Tor vor.
„Gib auf den Schmitz acht!“ warnte Willem seinen Ersatztorwart, wie er Sepp zu bezeichnen pflegte. „Der schießt aus allen Lagen und mit solcher Wucht, daß die Wände wackeln!“
Fiebernd verfolgte Sepp den Ball, den die gegnerischen Stürmer nach vorn spielten: vom linken Flügel zum Mittelstürmer, dann hinüber zum rechten Flügel, und jetzt — jetzt kam die Flanke genau auf den Elfmeterpunkt!
„Der Schmitz!“ schrie der dicke Willem heiser. „Paß auf, Sepp! Der schießt hoch in die linke Dem dicken Willem blieb die „Ecke“ im Hals hängen. Mittelstürmer Schmitz hatte einen Bombenschuß losgelassen, der nicht von schlechten Eltern war!
Aber schneller als der Ball war Sepp. Wie von einer Feder geschnellt, hechtete er in die linke obere Ecke und erwischte ihn so mit den Fäusten, daß der Ball hochprallte und dann über die Querlatte ins Aus ging.
„Tor!“ hatten schon einige Anhänger der Mozart-Mannschaft geschrien. Um so lauter erklang jetzt das Jubelgeschrei der Beethoven-Schlachtenbummler über Sepps glänzende Parade.
„Mann, Sepp, das hast du toll gemacht!“ lobte ihn der dicke Willem begeistert. „Ich habe den Ball schon todsicher im Netz gesehen. Paß jetzt nur beim Eckstoß auf!“
Doch auch die Ecke, die hoch hereingegeben wurde, machte Sepp zunichte. Mitten in einem dichten Knäuel von Blauen und Gelben stieg er hoch und angelte sich mit beiden Armen den Ball, noch ehe ihn einer ins Tor köpfen konnte.
Zwei Torgelegenheiten hatten die Spieler vom Mozart-Gymnasium bereits vergeben, was sie dazu anspornte, noch ungestümer anzugreifen. Pausenlos rannte ihre Stürmerreihe gegen Sepps Tor an; manchmal war sogar die gesamte Hintermannschaft mit aufgerückt. Mittelstürmer Schmitz schoß tatsächlich aus allen Lagen und Rohren, aber auch seine Nebenleute zeigten, daß sie fähig waren, Tore zu schießen — wenn, ja wenn nicht jemand im Tor gestanden hätte, der ihre besten Torchancen vereitelt hätte!
Bei jedem neuen Angriff hüpfte der dicke Willem aufgeregt von einem Bein aufs andere und schrie seiner Hintermannschaft zu, was sie unternehmen sollte, um die andern zu bremsen. Und wenn dann plötzlich wieder ein Bombenschuß aufs Tor gezischt kam, dann blieb ihm fast das Herz stehen — denn so klar wie Kloßbrühe sah er das Leder schon im Netz hängen. Hatte Sepp den Ball dann jedoch geschnappt oder weggefaustet, dann preßte Willem jedesmal wie erlöst die Feststellung hervor: „Noch mal Schwein gehabt, Mann! Das hätte ins Auge gehn können!“
In der einundzwanzigsten Minute war es dann fast soweit!
Geschickt hatte sich der Mittelstürmer von seinem Bewacher gelöst, nahm an der Strafraumgrenze den Flankenschuß des Halbrechten auf, dribbelte noch ein paar Schritte nach vorn, täuschte einen Mittelfeldspieler und den linken Verteidiger und ließ dann einen seiner gefürchteten Scharfschüsse los.
Sepp stand in einem so ungünstigen Winkel, daß ihn die Sonnenstrahlen besonders stark blendeten, und noch ehe er auch nur die geringste Bewegung machte, zischte der Ball schon scharf auf sein Gehäuse zu.
„T-o-o-o-o-o-r!“ jubelten über zweihundert Jungen — und machten gleich darauf lange Gesichter, als der Ball vom rechten Pfosten abprallte und ins Feld zurücksprang.
„Diesmal haben wir wirklich Dusel gehabt!“ gab Sepp offen zu.
Der dicke Willem, der hinter dem Netz hochgesprungen war, als stände er im Tor drin, brummte:
„Du brauchst eine Mütze mit einem Schild dran.“
„Quatsch, ich habe noch nie eine Mütze aufgehabt.“
„Aber wenn die Sonne so tief steht, mußt du
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