Septimus Heap 05 - Syren
waren und im Mondschein glitzerten und Wolfsjunge zum zweiten Mal Dorfhäuptling wurde, hörte Septimus, wie Jenna zu Syrah sagte: »Aber ich bin nicht Esmeralda, wirklich nicht. Das war vor fünfhundert Jahren, Syrah.«
Septimus war augenblicklich an Syrahs Seite. »Was meint die Prinzessin damit?«, fragte sie ihn.
»Sie ... Jenna meint, dass ... äh ... ach, Syrah. Es tut mir so leid, aber sie will damit sagen, dass du seit fünfhundert Jahren auf dieser Insel bist.«
Syrah sah ihn verständnislos an.
Septimus versuchte, es ihr zu erklären. »Syrah, du warst besessen. Und du weißt, dass jemand, der besessen ist, kein Zeitgefühl mehr hat. Sein Leben setzt so lange aus, bis er, wenn er Glück hat, von dem besitzergreifenden Geist befreit wird.«
»Willst du ... willst du damit sagen, dass in der Burg fünfhundert Jahre vergangen sind, seit ich das letzte Mal dort war?«
Septimus nickte. Alle schwiegen betroffen – selbst Milo war still.
»Dann ist Julius ... tot?«
»Ja.«
Syrah stieß einen langen, verzweifelten Klagelaut aus und sank in den Sand.
Sie ruderten Syrah auf die Cerys und legten sie in eine Kabine. Septimus wachte die ganze Nacht bei ihr, aber sie rührte sich nicht. Und als die Cerys in Richtung Burg in See stach, lag Syrah immer noch bewusstlos in der Kabine und sah unter den Decken so mager und hinfällig aus, dass Septimus manchmal den Eindruck hatte, dass da gar niemand war.
Drei Tage später legte die Cerys am Kaufmannskai in Port an. Die Stadtkapelle stimmte ihre übliche Katzenmusik an, und aus der am Ufer versammelten Menge erhob sich aufgeregtes Geschnatter. Es kam nicht alle Tage vor, dass ein so imposantes Schiff nach Port kam, noch dazu mit einem Drachen an Bord. Und ganz gewiss kam es nicht alle Tage vor, dass die Außergewöhnliche Zauberin sich zur Begrüßung eines Schiffes einfand.
Marcias Erscheinen hatte ziemlich viel Aufsehen erregt und wurde in der Menge ausführlich kommentiert.
»Sie hat schönes Haar, findest du nicht?«
»Sieh dir mal das Seidenfutter ihres Mantels an – muss ein Vermögen gekostet haben.«
»Aber diese Schuhe – also ich weiß nicht.«
»Ist die Alte neben ihr nicht die weiße Hexe aus den Marschen?«
»Oh, sieh nicht hin, sieh bloß nicht hin. Es bringt Unglück, wenn man eine Hexe und eine Zauberin zusammen sieht!«
Marcia lauschte den Kommentaren und fragte sich, was die Leute auf den Gedanken brachte, dass man taub wurde, wenn man die Robe einer Außergewöhnlichen Zauberin trug. Aus dem Augenwinkel bemerkte sie eine vertraute Gestalt, die sich ganz hinten in der Menge herumdrückte.
»Ist das der, für den ich ihn halte?«, fragte sie Tante Zelda.
Tante Zelda war noch viel kurzsichtiger als Marcia und hatte keine Ahnung, wen Marcia meinte, aber sie wollte es nicht zugeben, und so sagte sie: »Möglich.«
»Das Problem mit euch Hexen ist«, erwiderte Marcia, »dass ihr auf eine klare Frage nie eine klare Antwort gebt.«
»Und das Problem mit euch Zauberern ist«, gab Tante Zelda barsch zurück, »dass ihr immer alles verallgemeinert. Wenn Sie mich jetzt entschuldigen würden. Ich möchte nach vorn und mich vergewissern, dass Wolfsjunge auch wirklich wohlauf ist.«
Tante Zelda zwängte sich durch das Gedränge nach vorn, während Marcia rasch nach hinten ging, wobei die Menge sich respektvoll vor der Außergewöhnlichen Zauberin teilte.
Simon Heap sah sie kommen, wich aber nicht von der Stelle. Er würde auf keinen Fall von hier weggehen. Er wollte seine Lucy sehen und sie fragen, ob sie noch mit ihm zusammen sein wollte. Nicht einmal Marcia Overstrand konnte ihn daran hindern.
»Simon Heap«, sagte Marcia, als sie auf ihn zutrat. »Was tun Sie hier?«
»Ich warte auf Lucy«, antwortete Simon. »Ich habe gehört, dass sie an Bord sein soll.«
»Sie ist tatsächlich an Bord.«
»Wirklich?« Simons Gesicht hellte sich auf.
»Sie brauchen sich nicht hier herumzudrücken«, sagte Marcia.
»Verzeihen Sie, Marcia«, sagte Simon höflich, aber bestimmt. »Aber ich werde nicht gehen.«
»Das wollen wir nicht hoffen«, erwiderte Marcia und lächelte zu Simons Erstaunen. »Sie sollten nach vorn gehen. Sie wollen sie doch nicht verpassen.«
»Oh! Vielen Dank, das werde ich ... ja, das werde ich.«
Marcia sah ihm nach, wie er in der Menge verschwand. Plötzlich ertönte eine laute Stimme vom Schiff. »Marcia!« Milo hatte die unverwechselbare lila Robe entdeckt.
Das Fallreep wurde heruntergeklappt, und die Menge öffnete eine
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