SGK232 - Feuerhexen über New York
eintraf, dunkelte es bereits. Vergebens suchte
er auf den vorhandenen Namensschildern nach dem John Hickneys. Er fand ihn
nicht. Dafür entdeckte er dort, wo eigentlich Hickneys Name hätte stehen
müssen, einen Namen, der ihm ebenfalls nicht ganz unbekannt war.
»Maria-Dolores Velasquez.«
Ihm war, als würde jemand eine glühende Nadel durch sein Herz
stechen.
Schaudernd fuhr er zusammen.
Maria-Dolores Velasquez das war doch die Frau, die das Apartment
von »La Conetta, der Sängerin in Las Vegas, in Ordnung hielt.
Larry Brent passierte den Eingang zur Tiefgarage, nahm dort den
Aufzug und fuhr bis in das letzte Stockwerk. Bevor er an der Tür klingelte, die
keinen Namen aufwies und an der ein Aufkleber
angebracht war mit einer Flamme, in deren Mittelpunkt sich ein weibliches
Antlitz befand, legte er lauschend das Ohr an die Tür.
Er hörte kein verdächtiges Geräusch.
War Morna noch in dieser Wohnung oder nicht?
Dann öffnete ihm jemand.
Es war Mary. Freundlich lächelte sie ihn an und bat ihn herein,
als er sie wissen ließ, daß er mit ihr sprechen wolle.
Er war einzige, gespannte Aufmerksamkeit, als er ihr durch die
Wohnung folgte. Sie passierten eine geräumige Diele, und Mary führte ihn in den
kleinen Empfangssalon, wo sie ihn Platz zu nehmen bat.
»Eigentlich empfangen wir keine Herrenbesuche«, ließ sie ihn
wissen. »Dies ist ein Tempel ausschließlich für Frauen .«
Larry nickte. »Ich weiß«, sagte er mit scharfer Stimme. Er
steuerte sofort sein Ziel an. Mary tat überrascht. »Das tut mir leid. Von einer
Miß Ulbrandson ist mir nichts bekannt. Aber einen Augenblick bitte. Ich kann in
der Liste nachsehen. Vielleicht hat das eine Mitschwester von mir erledigt .«
Mit diesen Worten erhob sie sich und ging zur Tür.
Instinktiv ahnte Larry eine Gefahr. Kaum daß die Tür ins Schloß
gezogen war, erhob er sich ebenfalls.
Er öffnete sie spaltbreit und sah sich im nächsten Moment Mary
gegenüber die nicht mehr die Mary war, die er eben vor sich hatte. Eine
Flammengestalt loderte vor ihm auf, wirbelte auf dem Absatz herum und warf sich
ihm entgegen Geistesgegenwärtig knallte X-RAY-3 die Tür zu. Da züngelten schon
die Flammen durch die Ritzen, Rauch und Qualm drangen ein, daß seine Augen
brannten und ihn zum Husten reizten. Die Feuerhexe griff an.
*
Im Nu stand die Tür in Flammen. Larry Brent taumelte zurück. Die
Hitze schlug ihm entgegen, und die Feuerwand schob sich rasend schnell näher.
Sie fand Nahrung in den Möbeln, den Polstersesseln, den kostbaren Teppichen,
die den Boden bedeckten. Die Feuerhexe hatte ihre menschliche Form längst
verloren und war eine einzige, breite, prasselnde Feuerwand, die an Umfang
gewann.
Larry war der Rückzug abgeschnitten.
Er riß die Tür hinter sich auf und lief weiter in die Wohnung
hinein. Rauch, Qualm und Feuer folgten ihm. Er kam durch verschiedene Räume,
sah die kostbare Einrichtung, entdeckte die Truhe mit dem Geschmeide, den
Goldmünzen, dem Schmuck und ahnte, daß hier jemand über die Jahrhunderte hinweg
diese Kostbarkeiten mehr oder weniger illegal in seinen Besitz gebracht hatte.
»Morna! Morna !« rief er immer wieder.
Seine Stimme verhallte ungehört.
Dann kam er in den Tempel. Auf der Seite, wo der Dachgarten sich
anschloß, prasselte ebenfalls schon das Feuer, es schien, als wäre es
programmiert und sollte ihm nur nicht die Möglichkeit
geben, zu entkommen.
Dichter Rauch hüllte ihn ein, und er nahm seine Umgebung kaum
wahr. Da fiel sein Blick auf den einfachen Altar vor dem rot-schwarzen Vorhang.
Darauf lag starr wie ein Brett Morna Ulbrandson!
Da gab es nicht mehr viel zu überlegen. Das Feuer griff rasend
schnell um sich, und es blieb Brent nur die Flucht durch die Fenster.
Mit zwei schnellen Schritten war er neben Morna. Ihr Herz schlug
schwach, kaum merklich atmete sie.
Doch sie lebte!
X-RAY-3 riskierte alles, weil er nichts mehr zu verlieren hatte.
Er warf sich Morna über die Schulter und stieg dann auf den Sims des Fensters,
das sich vom Brandherd noch am weitesten entfernt befand. Die anderen Fenster
waren schon geplatzt, Flammenzungen leckten an der Hauswand entlang und
schlugen steil nach oben. Unten auf der Straße blieben die Autos stehen und
liefen die Menschen zusammen.
Larry wagte es nicht, in die schwindelerregende Tiefe
hinabzublicken.
Aus unendlicher Ferne schien sich schließlich das Geheul der
Sirenen von Polizei- und Löschfahrzeugen zu nähern.
Larry wußte später nicht mehr zu sagen,
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