SGK264 - Im Wartesaal der Leichen
geschäftlich
unterwegs, und dazu gehört auch ein Arbeitsessen, wie allgemein auf der Welt so
üblich .« »Und wo ist sie jetzt, Larry ?« »In England. Im Gebiet des Devon-Moores. Da ist eine
dumme Sache passiert, der Morna als Haushälterin bei einem alternden Richter
auf die Spur zu kommen hofft. Worum es im einzelnen geht, entzieht sich auch
meiner Kenntnis .«
Dieses Doppelspiel, das ihm gar nicht paßte und das er immer
wieder spielen mußte, hatte schon seine Schwierigkeiten.
Natürlich wußte X-RAY-3 Bescheid , was die
Einzelheiten betraf, mit denen Morna sich beschäftigen mußte. Doch darüber
durfte er keinen Ton verlauten lassen, um sich nicht verdächtig zu machen. Das
Vermächtnis bestimmte, daß er darüber zu schweigen hatte, nun auch die Rolle
von X-RAY-1 zu spielen. Über das Warum hatte auch Larry Brent sich bisher
vergebens den Kopf zerbrochen.
Sie waren später dran, als mit Iwan Kunaritschew abgesprochen.
Es war zwanzig Minuten nach zwei, als sie am Hafen eintrafen. Von
dort aus mußten sie mit einem Boot zu dem schwimmenden Restaurant Dragons Love
gefahren werden, wo Larry Brent den Russen zu treffen hoffte.
Der Tisch war bestellt. Er war auch noch frei. Doch niemand saß
daran.
Das Dragons Love war ein Speiserestaurant der gehobenen Klasse. Nur in einem
solchen Haus konnte man in einer Stadt wie Hongkong mit gutem Gewissen essen
und trinken.
Eine angenehme, gemütliche Atmosphäre umgab sie.
Su Hang und Larry Brent wurden an den Tisch geleitet, der neben
einem Fenster stand, von dem aus man einen wundervollen Blick in das
Hafenbecken hatte, wo Sampans und Dschunken auf dem Wasser schaukelten.
Genau gegenüber war die Silhouette Hongkongs mit den Hochhäusern,
in denen Tausende von Menschen lebten. Eine Stadt, die aus allen Nähten
platzte.
»Die Tätowierungszeremonie scheint doch längere Zeit in Anspruch
genommen zu haben, als er dies vorher wissen konnte«, murmelte Larry Brent
nachdenklich, während er die Karte studierte. Bestellen wollte er noch nicht.
Su und er wollten abwarten, bis Kunaritschew eintraf.
Es wurde Viertel vor drei, es wurde drei. Noch immer war von
X-RAY-7 nichts zu sehen.
»Er könnte doch wenigstens anrufen«, machte sich Su Hang
bemerkbar.
»Vielleicht hat er keine Gelegenheit. Oder - es ist etwas passiert .«
Man sah Brent die Sorge um den Freund an. Iwan war sonst pünktlich
und zuverlässig. Eigenschaften, wie er sie bei Menschen schätzte.
Sie bestellten einen Longdrink und besprachen all die Dinge, die
ihnen bisher bekannt waren und mit den gespenstischen Erscheinungen zu tun
hatten.
Su Hang hatte während der letzten Tage aufmerksame und intensive
Arbeit geleistet. Insgesamt vier Familien hatte sie unter die Lupe genommen, zu
denen angeblich lebende Tote zurückkehrten. Nächtelang hatte sie in der Nähe
von Häusern und Höfen ausgeharrt und darauf gewartet, daß erneut eine lebende
Leiche auftauchte und vielleicht ganz und gar Dr. X in Erscheinung trat. — Doch
dieses Glück wurde ihr nicht zuteil.
Der gemeinsame Austausch von Informationen führte dazu, daß Larry
Brent im stillen schon jetzt die Entscheidung fällte, anders an die Sache
heranzugehen, um weiterzukommen, ehe die Dinge ins Uferlose zerfaserten.
Eine weitere halbe Stunde verstrich.
Da fiel es Su ein, daß sie Chang Li anrufen sollte.
Sie entschuldigte sich, um zum Telefon zu gehen.
Larry, blieb allein am Tisch zurück, nippte hin und wieder an
seinem Glas und beobachtete durch das Fenster das Leben draußen auf den Booten
und im Hafenbecken.
In langen, schmalen Sampans waren oft einzelne Frauen zu sehen,
die frische Fische verkauften, oder Touristen, die sich durch das Hafenbecken
fahren ließen, eine Suppe oder sonst eine Spezialität anboten, die sie selbst
mischten.
Auf diese Weise wurden auch kitschige Souvenirs und andere Dinge
an den Mann gebracht. Selbstgeschnitzte Figuren, kleine Modelldschunken,
Figuren aus der Mythologie des chinesischen Volkes und vieles andere. Der Erlös
war gering. Aber bei dem bescheidenen Leben, das die Menschen auf den Booten
führten, reichte er wieder eine Zeit.
Su Hang kam nach fünf Minuten zurück. Sie wirkte nicht mehr so
fröhlich wie bei der Ankunft im Dragons Love.
»Schlechte Nachrichten ?« fragte Larry
Brent sofort, der in Gesichtern von Menschen lesen konnte.
»Wie man es nimmt. Ich glaube, die Geschichte paßt genau zu dem,
womit wir uns eben beschäftigen. Deine Befürchtungen, daß alles nur noch
schlimmer werden
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