SGK306 - Dr. Tschang Fu - Der Unheimliche kehrt zurück
Gedanken einer unglücklichen Liebe.
Diese Dinge waren sehr genau und gründlich untersucht worden,
waren also gesichert.
Ungewöhnlich war nur, daß fast auf den Tag genau erst eine Tochter den unheilbringenden Wald aufsuchte, dann vier
Wochen später die andere. Zufall - oder gesteuert? Diese war nur eine von
vielen Fragen, die beantwortet werden mußten. Und zwar so schnell wie möglich.
Denn monatlich fünfundzwanzig Prozent mehr Menschen, das bedeutete bei der
derzeitigen Selbstmordrate fast vierhundert Tote mehr - viele tausendmal Leid
und Tränen, die nicht zu sein brauchten.
Die Hintergründe mußten geklärt werden, um diese unglücklichen
Opfer von ihren Taten abzuhalten.
Alle diese Dinge gingen Morna durch den Kopf, während sie auf
ihren Koffer wartete.
»Na endlich«, sagte sie, als sie die cremefarbenen Gepäckstücke -
insgesamt zwei - auf dem Laufband herangleiten sah.
Wie aus dem Boden gewachsen stand auch plötzlich ein Boy mit einem
Gepäckwagen neben ihr.
»Benötigen Sie Hilfe, Madame ?« fragte der
junge Mann freundlich.
Morna, die schon selbst nach Koffer und Gepäcktasche greifen
wollte, überließ dem Gepäckträger die Arbeit. »Wo darf ich's hinbringen, Madame ?« »Zum Taxistand«, lächelte die Schwedin. Sie sah, daß der
Japaner die Augen nicht von ihr wenden konnte, immer wieder blickte er sie
verstohlen an. »Auf dem Weg nach dort aber machen wir kurz Rast... «
Der Boy schluckte. »Rast ?« echote er, als
hätte er nicht richtig gehört. »Aber bis zum Ausgang sind es nur wenige
Schritte, Madame, und ...«
»Ich muß zur nächsten Telefonzelle. Dann kann's weitergehen .«
Morna hatte Glück, fand auf Anhieb eine leere und wählte die
Nummer der Redaktion des >Tokio Star<.
Sie schaffte es leider nicht, eine Verbindung zu bekommen.
Da wählte sie die Nummer der Privatwohnung Toshio Kawasakos.
Der Apparat am anderen Ende der Strippe schlug an.
Vielleicht war Kawasako schon zu Hause...
Der Hörer wurde abgenommen.
»Ja ?« fragte eine ruhig und sympathisch
klingende Stimme.
»Bin ich richtig verbunden mit Mister Kawasako - Toshio Kawasako ?« fragte Morna, ehe sie ihren Namen nannte. Sie konnte sich
unter >Ja< nichts vorstellen ...
»Toshio Kawasako ist am Apparat, Madame«, erhielt sie die Bestätigung ...
»Ich bin gerade erst angekommen, Mister Kawasako ... Ich konnte
mich deshalb nicht früher bei Ihnen melden .«
»Das macht nichts, Madame ... Es ist noch früh genug. In Tokio
fängt die Nacht erst an. Sie verlängert den Tag ...« Er lachte leise.
Morna stimmte in sein Lachen ein. »Ich bin nicht nach Tokio
gekommen, um mich zu vergnügen. Auf mich wartet Arbeit, Mister Kawasako .«
»Oh, Madame! Haben Sie noch nie davon gehört, daß man das
Angenehme auch mit dem Nützlichen verbinden kann? Das ist die Vollendung des
Lebens. Sobald diese Dinge übereinstimmen, ist man wunschlos glücklich. Denn -
der Mensch kann nicht ohne Arbeit sein, aber auch nicht ohne das Vergnügen...«
»Sie sind ein kleiner Philosoph«, fiel sie ihm ins Wort. »Wenn Sie
so geschickt weiter auf mich einreden, vergesse ich noch, weshalb ich
eigentlich nach Tokio gekommen bin .«
»Nun, auch das macht nichts, Madame ... Die Stadt bietet eine
Menge raffinierter Zerstreuungen. Langweilig wird's Ihnen bestimmt nicht. Dafür
garantiere ich Ihnen persönlich. Sie halten sich noch am Flughafen auf, Madame,
nicht wahr ?«
»Ja.«
»Ich werde Sie abholen ...«
»Aber nein«, lehnte Morna ab. »Vielen Dank für Ihr Angebot, das
kann ich nicht annehmen .« Während des Fluges hatte sie
sich flüchtig mit einem Stadtplan vertraut gemacht und festgestellt, daß Toshio
Kawasako am anderen Ende der Stadt wohnte. Um sie abzuholen, würde er bei
Tokios berühmt-berüchtigtem Verkehr fast eine Stunde unterwegs sein. »Ich nehme
jetzt ein Taxi und mache mich auf den Weg zu Ihnen. Auf halber Strecke liegt
mein Hotel. Dort werde ich kurz Station machen und mein Gepäck abliefern. In
einer Stunde könnte ich bei Ihnen sein. Dann ist's kurz nach neun, Mister
Kawasako. Wenn Ihnen das recht wäre ...«
»Aber selbstverständlich, kommen Sie nur .«
»Wir könnten das Gespräch auch auf morgen früh verschieben .«
»Wenn Sie müde sind, Madame, und schlafen gehen wollen ...«
»Nein, das ist es nicht. Ich wollte nur nicht über Ihre Zeit
verfügen. Unser Gespräch ist einerseits äußerst wichtig. Je früher ich über
Einzelheiten informiert bin, desto besser ... aber es ist nicht so eilig, daß
es
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