SGK306 - Dr. Tschang Fu - Der Unheimliche kehrt zurück
Schußhand und riß sie empor. Die unerwartete Reaktion erfolgte
so blitzartig, daß ihm die Waffe aus der Hand gerissen wurde.
Doch das war noch nicht alles.
Ssssttt... machte es ein zweites Mal.
Da war seine Hand nicht mehr umschlungen, da flog ihm etwas gegen
die Brust.
Es war die gleiche Schnur.
Schnur?
Kawasako taumelte zurück. Er hatte zwei Sekunden Zeit, um zu
erkennen, was es wirklich war.
Es ragte aus dem halb geöffneten Mund seines unheimlichen
Gegenüber - eine lange, scharze, mit Widerhaken und Saugnäpfen versehene
Zunge, die ihn traf!
Dann bohrte sich etwas wie ein Messer in seinen Leib.
Kawasako flog gegen die Wand und wollte sich wieder aufraffen, um
mit bloßen Händen den Kampf gegen dieses Monstrum fortzusetzen.
Er kam nicht mehr in die Höhe.
Die Schwäche breitete sich wie ein plötzlich wirkendes, seinen
ganzen Organismus ergreifendes Gift aus.
Vor seinen Augen verschwamm alles.
Insektengift! Die Gedanken wogten auf und nieder. Es macht mich
fertig... es wurde in derart hoher Dosis in meinen Körper geschossen, daß ich
nun gelähmt bin... ihm völlig hilflos ausgeliefert...
Kawasako schaffte es nicht mal, seine Hand nach der Taschenlampe
auszustrecken, die nur wenige Zentimeter von seinen Fingern entfernt lag.
Ein Schatten fiel über ihn.
Das Insekt mit dem Kopf des Chinesen beugte sich über ihn.
»Narr«, zischte eine Stimme zwischen den schmalen, blutleeren
Lippen. »Ich verstehe dich nicht... wie konntest du hierherkommen... ?«
Kawasako wollte Antwort geben und öffnete den Mund zum Sprechen,
aber kein Laut kam aus seiner Kehle. Diese entsetzliche Schwäche!
».... ich
könnte dich töten... aber ich tue es nicht«, fuhr der Insektenmensch fort. »Du
selbst hast mitgeholfen, mein neues Leben zu ermöglichen ... «
Neues Leben ermöglichen? hallte es wie ein Echo in ihm nach. Was
hatte das zu bedeuten? Was hatte er mit diesem Monster zu tun?
Sein Hirn war seltsam leer, die Gedanken liefen ihm davon wie
schwarze Käfer.
Dann war da wieder die Stimme des Unheimlichen. Sie schien aus
einer unendlichen Ferne an sein Bewußtsein zu dringen.
»Du wirst mir weiterhin dienen ...«
Das ist ein Irrtum, schrie es in Kawasako. Ich bin nicht der, für
den du mich hältst! Ich habe nie etwas für dich getan! Oder doch? Da meldeten
sich wieder die ersten Zweifel. Da war doch etwas ... eine Wohnung ... seltsame
Vorfälle ... die Stimme eines Mannes ...
»Erkennst du mich denn wirklich nicht mehr? Ich bin Dr. Tschang Fu
... du wirst einer jener Glücklichen sein, die mithelfen, meine Herrschaft neu
aufzubauen und die Fehler der Vergangenheit auszumerzen. Die Welt glaubt, daß
es mich nicht mehr gibt. Dies ist ein Irrtum. Ich bin zurückgekommen, mit
deiner Hilfe ... du wirst mir weiterhin zur Seite stehen... «
Das stimmt nicht! Ich weiß von nichts antwortete es in ihm, und er
wollte seinen Protest hinausschreien. Doch er blieb stumm.
»Ich will dich nie wieder hier sehen«, fuhr Dr. Tschang Fu fort.
»Führe dein Leben fort, wie du es gewohnt bist. Nur so kannst du mir weiterhin
eine große Hilfe sein. Du wirst dich erst wieder mit mir in Verbindung setzen,
wenn der richtige Zeitpunkt gekommen ist.
Dann wird unsere Begegnung anders aussehen als diese ...«
Kawasako verstand die Welt nicht mehr.
Das glatte, gelbe, widerlich grinsende Gesicht des Mannes war
plötzlich dicht vor ihm. Er spürte den heißen Atem in seinem Antlitz, dann
verließen ihn seine Sinne...
*
»Du«, sagte Suki unvermittelt und stieß die Freundin an, »ich hab'
eine Idee. Wir sehen mal nach, was Toshio macht .«
Während Suki Yama dies sagte, lächelte sie verschmitzt.
Ihre Freundin schüttelte den Kopf. »Wenn der Kerl nicht weiß, daß
er sich mal wieder hier sehen lassen muß, kann ich ihm nicht helfen. Ich
jedenfalls hab' keine Lust, ihn zu holen ... «
»Ich will ihn nicht holen«, widersprach Suki. »Ihn erschrecken ...
er denkt an sonst nichts Böses, und wir tauchen auf wie die Schatten .«
Suki Yama saß an der Bartheke und hatte die Beine
übereinandergeschlagen. Der lange, geschlitzte Rock gab wohlgeformte Waden
preis. Suki Yama hatte ein ovales Gesicht, eine kleine, zierliche Nase und
einen sinnlichen Mund, der rot und feucht schimmerte.
Toshio Kawasako war als Schürzenjäger bekannt. Ebenso bekannt war,
daß er im >Sumdyana< Stammgast war. Es verging kaum ein Abend, an dem er
nicht aufkreuzte.
»Und nun war er schon zwei Tage nicht mehr da«, sagte Suki Yama
unvermittelt.
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