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Shadow Guard: So still die Nacht (German Edition)

Shadow Guard: So still die Nacht (German Edition)

Titel: Shadow Guard: So still die Nacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Lenox
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verkneifen. »Hat sie das?«
    Seine Schwester hatte eine ungewöhnliche Vorliebe für das Verschlingen des geschriebenen Worts – buchstäblich. Und obwohl sie dabei normalerweise einen ausnehmend guten Geschmack bewies, stürzte sie sich, wenn sie wütend oder frustriert genug war, auf alles, was in ihrer Reichweite lag.
    Leeson fuhr fort. »Sie war nicht nur erregt über Ihre Entscheidung zu transzendieren, sie war außerdem wütend, weil es ihr noch nicht gelungen war, ihren Themse-Mörder zu töten.«
    Marks Blick wanderte über die Metropole. Vor Monaten, als sie alle mit der Jagd auf den Ripper beschäftigt gewesen waren, hatte Selene erwähnt, dass sich ihr gegenwärtiger Auftrag – das Aufspüren eines Mörders, der seine weiblichen Opfer zerstückelte und ihre Einzelteile in London verteilte – als schwierig erwies.
    Dann war Selene also hier, immer noch in der Stadt.
    »Sie ist auf sich allein gestellt, soweit es mich betrifft.« Leeson zuckte die Achseln. »Für meinen Geschmack war dieses Mädchen schon immer etwas überspannt – ohne Ihnen oder Ihren illustren Vorfahren zu nahe treten zu wollen, Sir.«
    »Ich bin nicht beleidigt. Aber warum haben Sie sich dafür entschieden, mir zu helfen? Es würde mich nicht überraschen, wenn die Ahnen Sie dafür bestrafen würden.«
    »Sir, ich war schon immer ein Spieler. Ungeachtet dessen, was Sie sagen, glaube ich, dass Sie diesen Weg aus den richtigen Gründen gewählt haben – um die anderen zu retten. Ich habe mein Geld auf Sie und Ihren Erfolg gesetzt. Ich bin stolz, wenn ich Ihnen helfen kann … bis … bis …« Er drückte eine Faust in seine Magengrube und fügte ernst hinzu: »Sie verstehen, wenn Lord Black mit dem Auftrag zurückkehrt, Sie zu töten, muss ich ihm dabei helfen, diesen Befehl auszuführen.«
    »Gewiss«, antwortete Mark tonlos.
    Mina vermisste ihren Vater schrecklich, aber trotz aller Bemühungen konnte sie auf seiner Beerdigung keine Tränen heraufbeschwören. Stattdessen kribbelte ihre Nase, und sie verspürte den Drang zu niesen – ein Resultat des Weihrauchs, der die kleine anglikanische Kapelle erfüllte, und der großen Sträuße duftender weißer Blumen. Sie hielt sich ein Taschentuch an die Nase.
    »Nun, nun«, tröstete Lady Trafford sie.
    Ihre Tante Lucinda mit ihrem goldblonden Haar war nur ein oder zwei Jahre älter als sie und die zweite Ehefrau von Minas verwitwetem Onkel, dem distinguierten Earl Trafford. Die schöne junge Frau legte einen schlanken Arm um Minas Schultern. »Sie sind jetzt bei uns in Sicherheit. Sie brauchen keine Angst mehr zu haben, nie wieder.«
    Lucindas blumiges Parfum hüllte sie ein. Mina nickte; ihr war übel. Die gotische Kapelle. Die Gerüche. Der Sarg. Ihr lächerlich enges Korsett. Wirklich, es war alles ein wenig zu viel. Sie erstickte in schwarzer Seide.
    »Trafford«, drängte Lucinda ihren Ehemann, »hol einen Stuhl. Ich fürchte, deine Nichte ist einer Ohnmacht nahe.«
    Stoff raschelte. Stimmen murmelten, leise vor Mitgefühl. Obwohl der Gottesdienst gerade erst zu Ende gegangen war, ließ sich Mina auf einen Stuhl drücken. Sie war noch nie im Leben ohnmächtig geworden – niemals auch nur nah daran gewesen –, aber es war kein gar so schreckliches Gefühl, umsorgt zu werden. Widerstrebend kehrte ihr Blick zu dem Rosenholzsarg zurück, der auf einer mit blauem Samt bedeckten Bahre aufgestellt war. Das Licht der Kerzen ringsum glitzerte auf seinen silbernen Griffen. Der Sargdeckel war verständlicherweise verschlossen – in den notwendigen Dokumenten war ein Todesdatum ihres Vaters in Kalkutta verzeichnet, das jetzt gut drei Monate zurücklag.
    Es hätte den Professor erzürnt zu wissen, dass keiner seiner Kollegen aus dem Britischen Museum oder aus der Universität anwesend war, um ihm die letzte Ehre zu erweisen. Aber in Wahrheit hatten sie ihn bereits vor langer Zeit im Stich gelassen, noch bevor die Anschuldigung über die regelwidrige Aneignung von Artefakten kursierte.
    In einer wohlgeordneten Schlange kondolierten die schwarz gewandeten Trauergäste und sprachen Mina ihr Mitgefühl aus, alles Bekannte von Lord und Lady Trafford und Fremde für sie. Zweifellos wären sie auch für ihren Vater Fremde gewesen. Nach einigen weiteren Momenten spähte ihr Onkel über seine schmale Hakennase und bot ihr den Arm. »Fühlen Sie sich wohl genug, Liebes?«
    Mina nickte, stand auf und akzeptierte seine Begleitung. Er führte sie an Lucinda und seinen beiden Töchtern vorbei. Astrid,

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