Madame Mystique
»Für dich!« Mehr sagte sie nicht, aber wie sie das sagte, das sorgte bei mir beinahe für ein schlechtes Gewissen.
»Na und?«
»Ja, für dich!«
Ich hob die Schultern. »Bitte, dagegen habe ich nichts.« Nach dieser Antwort begann ich zu schnüffeln. Gleichzeitig runzelte ich die Stirn. »Benutzt du ein neues Parfüm, Glenda?«
»Nein, das nicht. Aber du hast Recht, wenn du schon deine Nase hochziehst. Man hat den Briefumschlag parfümiert.«
»Aha.« Endlich kam ich dazu, nach ihm zu greifen. Ich hielt den Kopf bewusst gesenkt, damit Glenda mein Grinsen nicht sah. In der Tat stieg vom Umschlag her ein gewisser Duft in die Höhe, der aber nicht unangenehm roch, sondern eher frisch und fruchtig.
Glenda überreichte mir sogar den Brieföffner. Sie selbst aber blieb stehen und bewegte sich keinen Zentimeter vom Fleck weg, und ich traute mich auch nicht, mich so zu drehen, dass sie nichts mitbekam.
Ich schlitzte den Umschlag auf und zog eine Karte hervor, sie war bedruckt und bestand aus feinstem Büttenpapier. Wer so etwas verschickt, der hat schon Stil.
Glenda bekam einen langen Hals, weil sie mitlesen wollte. Ich sagte nichts dazu und las den Text ebenfalls.
Es war eine Einladung zur einer Party. Zu einem Fest. Mit sehr netten Worten wurde ich gebeten, mich am übernächsten Tag in einem Landhotel einzufinden, um dort an einer Party teilzunehmen, die eine Verbindung zwischen Mensch und Tier schaffen sollte.
Unterschrieben war die Einladung von einer Frau namens Tabea Ryder.
»Was sagst du?«, fragte Glenda.
»Hier, lies selbst.«
Sie nahm die Karte an sich, roch daran, als wollte sie das Parfüm überprüfen, schüttelte den Kopf und meinte, während die Einladung wieder auf meinen Schreibtisch flatterte: »Das ist dein Ding, John. Du musst dich entscheiden.«
»Richtig.«
Glenda sagte zunächst nichts. Auch spöttische Bemerkungen verschluckte sie. Dafür schaute sie mich kritisch an und hielt den Kopf dabei gesenkt und etwas zur Seite gedreht.
»Wer ist diese Tabea Ryder?«
»Wenn ich das wüsste.«
Glenda bemühte sich, ein Lachen zu unterdrücken. »Jetzt sag nicht, dass du sie nicht kennst.«
»Genau das ist es. Ich kenne sie nicht. Sie ist mir ein Rätsel. Ich habe ihren Namen noch nie zuvor gehört.«
Glenda schürzte die Lippen. »Klingt reichlich mysteriös. Findest du nicht auch?«
»Das finde ich nicht nur, das ist auch mysteriös. Ich weiß wirklich nicht, was ich damit anfangen soll. Tabea Ryder«, wiederholte ich. »Nein, den Namen habe ich noch nie gehört.«
»Und trotzdem hat sie dich eingeladen. Aufs Land, in ein Hotel und zu einer Party. Macht das Sinn?«
»Für sie schon.«
»Und für dich?«
»Bisher nicht.«
Glenda deutete mit dem Zeigefinger auf mich. »Ich finde, das ist jetzt dein Bier, John. Du musst dich entscheiden, ob du hingehen willst oder nicht.«
Diesmal schaute ich sie von der Seite an. »Wie würdest du dich denn verhalten?«
»Bitte, das ist nicht meine Angelegenheit. Ich habe die Einladung nicht bekommen. So etwas ist allein deine Sache.«
»Klar, Glenda, so meine ich das auch nicht. Aber seltsam ist es schon. Ich habe dich auch nicht angelogen. Dieser Name sagt mir nichts. Ich kenne sie nicht, aber sie kennt mich, und ich weiß nicht mal, woher sie mich kennt. Es gibt also keinen vernünftigen Grund, mich zu einer Party einzuladen. Das muss man einfach so sehen.«
»Für dich nicht. Für sie schon.« Glenda lächelte breit und unecht. »Du bist eben ein bekannter Mensch. Das musst du inzwischen einsehen. Stehst an exponierter Stelle.«
Ich winkte ab. »Ja, ja, das weiß ich alles. Auf den Arm nehmen kann ich mich alleine.«
»Was willst du tun?«
Ich rollte mit dem Stuhl zurück. »Ich weiß noch nicht, ob ich hingehen soll. Es gibt ja keine Antwortkarte. Darauf legt sie wohl keinen Wert, sage ich mal.«
»Aber sie rechnet damit, dass du kommst.«
»Ja, das schon.«
»Dann würde ich auch hingehen. Du fährst aufs Land. Sicherlich ist schon ein Zimmer für dich reserviert. Ist doch alles easy . Ich würde mir das nicht entgehen lassen.«
»So gesehen hast du Recht.« Ich schnickte mit den Fingern. »Was hältst du davon, wenn ich dich mitnehme?«
Glenda hob ihr Kinn an. »Nichts, gar nichts. Die Einladung hast du bekommen und nicht ich. Sie gilt für eine Person. Wie sähe das aus, wenn ich jetzt auch ankommen würde? Das wäre doch der Hammer. Nein, nein, da halte ich mich raus. Das ist dein Job, und das ist auch deine Sache. Ich mache da
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