Shadow Touch
Außerdem traute er Konis Gerissenheit und Verstohlenheit. Man lebte nicht als eine Kreatur wie er in einer modernen menschlichen Gesellschaft, ohne den Trick herauszuhaben, wie man sich versteckte.
Noch vor einem Jahr hatte Artur gedacht, dass solche Tricks nur für ihn und seine Freunde bei der Detektivagentur galten. Magie existierte für sie nicht, außer vielleicht als letzte Möglichkeit für Erklärungen, die die Wissenschaft nicht zu liefern vermochte. Telepathie, Telekinese, das waren sicher unglaublich seltene Fähigkeiten, aber sie lagen keineswegs außerhalb der menschlichen Möglichkeiten. Jedenfalls nicht für die, die allen Grund hatten, daran zu glauben.
Doch plötzlich hatte sich alles verändert. Die Welt war fremdartiger, unerklärlicher, geheimnisvoller geworden. Legenden liefen umher; Artur konnte Mythen nicht mehr für einfache Geschichten halten, als Gutenachtgeschichten für Kinder betrachten. Mythen atmeten, flogen auf schwarzen Schwingen und in goldenes Licht gebadet, litten als unsterbliche Krieger, verflucht zu ewiger Sklaverei - und töteten als Verrückte mit Händen aus Feuer.
Als Nächstes tauchen noch Aliens auf. Kleine grüne Männchen.
Oder etwas noch Bizarreres. Obwohl Artur noch nie in seinem. Leben etwas für selbstverständlich genommen hatte, waren ihm allmählich die Erklärungen ausgegangen, was als real und normal betrachtet werden konnte. Inzwischen war alles möglich.
Alles.
»Ich habe keine Spuren gefunden.« Koni sah sich in dem dunklen Garten um. »Ich habe hier den ganzen Nachmittag gesucht. Weder Haare noch Fußabdrücke oder Fasern im Gras. Er ist auch nicht zurückgekommen, um sich aufzugeilen.«
»Noch mehr Sackgassen«, sagte Dean. »Ich meine das nicht beleidigend, Mann.«
»Habe ich auch nicht so verstanden«, erwiderte Artur, obwohl sein Scheitern ihn quälte.
»Gibt es noch mehr zu tun?«, erkundigte sich Koni. »Ich brauche einen Drink.«
Artur ging es nicht anders. Sein Mund schmeckte nach Erbrochenem.
»Nichts«, meinte er. »Geh nach Hause.«
»Wo auch immer das sein mag«, murmelte Dean.
Koni grinste. »Ich glaube fast, ihr traut mir nicht.« Schwarze Federn sprossen durch seine Haut, bedeckten Schultern und Brust und schimmerten wie schwarzes Wasser, als goldenes Licht den Schatten erhellte. Dean wandte den Blick ab, und Konis lautes Lachen nahm einen krächzenden Unterton an, wurde krähend. Artur trat hastig zurück, um dem Schlag einer schwarzen Schwinge auszuweichen.
»Klugscheißer«, knurrte Dean und sah ihrem Kollegen nach, als er davonflog. Artur blickte ihm ebenfalls hinterher. Koni war jetzt seit fast einem Jahr ein Mitglied der Agentur, doch Artur wusste noch immer so gut wie nichts über den Gestaltwandler. Koni gab sich alle nur erdenkliche Mühe, seiner Berührung auszuweichen.
Was Artur respektierte. Er hätte mit Leichtigkeit auf anderem Weg etwas über den Gestaltwandler herausfinden können, aber da Koni seine Privatsphäre so peinlichst schützte, brachte Artur es einfach nicht über sich, ihm nachzuspionieren. Vielleicht wurde er ja weich. Faul. Oder er war des Ganzen einfach nur überdrüssig.
Dean und Artur gingen zu ihrem Wagen, den sie ein Stück weiter die Straße hinunter auf einem kleinen Wendeplatz für Schulbusse abgestellt hatten. Sie blieben im Schatten der Bäume stehen. Es war ruhig. Zu ruhig. Artur stellte sich vor, dass die Welt voller Augen war, die jede ihrer Bewegungen verfolgten und den Widerhall seiner Gegenwart aufnahmen, so wie er es bei anderen tat.
Als sie schließlich im Wagen saßen, warf Dean einen kurzen Blick auf die Kotztüte in Arturs Hand. »Also, was ist da drin wirklich passiert?«
Artur stellte die Tüte zwischen seine Füße auf den Boden, sah seinen Freund jedoch nicht an. Er wusste, wonach Dean fragte, hatte jedoch kein Verlangen, darüber zu sprechen. Stattdessen starrte er aus der Windschutzscheibe auf den Briefkasten der Vetters. Es war ein nettes, reines Objekt und viel besser, als unter seinen gestohlenen Erinnerungen zu leiden.
»Artur«, drängte Dean. »Erzähl mir was, einfach irgendwas. «
Artur seufzte. »Der Mörder hat braunes Haar und grüne Augen. Sexualität ist nur eine seiner Waffen, aber seine letzten Opfer hat er nur vergewaltigt, weil es ... bereits eine Weile her war.«
»Okay, gut zu wissen. Genau danach habe ich gefragt.«
»Weiß ich.« Artur sprach jedoch nicht weiter, weil sich das Wissen in seiner Erinnerung nur allmählich entfaltete, wenn neue
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