Shadows Lost (Vampirkurzgeschichte) (German Edition)
Josuas Namen schlug ihr Herz schneller, und der vertraute Stich in ihrer Brust kehrte zurück. Eine offene Wunde ihres Herzens, welche nie ganz verheilt war.
»Oh ja, ich kenne ihn. Ich konnte ihn einmal treffen«, antwortete Shamash und lächelte. »Wie ich hörte, waren Josua und du ein Liebespaar.«
»Vor neunzig Jahren. Wir haben uns getrennt.«
Während sie das sagte, ballte Cathrine ihre Hände zu Fäusten. Sie wollte nicht an ihn denken. Und noch weniger wollte sie über ihn sprechen.
»Das hat er mir gegenüber erwähnt. Auf der Suche nach dir war ich nämlich bei ihm, musst du wissen. Leider konnte er mir nicht weiterhelfen. Zum Schluss war es das Schicksal, das mich und den Orden zu dir geführt hat. Es gibt nicht viele junge und so wunderschöne Frauen in Großbritannien, die sich auf Waffen aus dem Mittelalter und der Renaissancezeit spezialisiert haben.«
Cathrine seufzte. Inzwischen war ihre Ungeduld genauso fordernd wie ihre Neugier.
»Könnten wir den Small-Talk nicht einfach hinter uns lassen und gleich auf den Punkt kommen?«, meinte sie schroffer als beabsichtigt.
Ihm schien das allerdings nichts auszumachen. Im Gegenteil. Sein Grinsen wurde breiter.
»Cathrine, ich benötige deine Hilfe.«
Drei Nächte später. Neumondnacht.
Cathrine saß in ihrem Auto und blickte durch die Windschutzscheibe hinaus in die schwarze Nacht. Vereinzelte Lichtpunkte linsten durch den wolkenverhangenen Himmel.
Das war eine Nacht, in der sie eigentlich zu Hause sitzen, ein Buch lesen und Blut trinken würde. Sie würde abwarten, bis der Mond wieder sein Gesicht zeigte, bis die Gefahr von etwaigen Nuskuanhängern gebannt war. Denn in einer Neumondnacht war jeder Schattenvampir am verletzlichsten. Diese Nacht gehörte den Nuskuanhängern. Nusku, der Gott des Mondes und des Neumondes, Rabisus‘ gefährlichster Widersacher. In solch einer Nacht gingen Anhänger der Bruderschaft auf Vampirjagd, denn nur in dieser einen Nacht waren sie geschwächt. Aus diesem Grund verbrachten die meisten Vampire Neumondnächte im Schatten.
Seit einer Stunde parkte sie am Straßenrand auf einer verlassenen Landstraße und wartete, dass sie endlich den nötigen Mut fand, auszusteigen. Sie konnte es immer noch nicht fassen, dass Shamash sie zu diesem tollkühnen Abenteuer hatte überreden können.
Es war gefährlich.
Es war glatter Wahnsinn!
Wäre sie gläubig, hätte sie gebetet, diese Nacht heil zu überstehen. Aber selbst das würde wahrscheinlich nichts nützen. Es war und blieb Selbstmord, egal wie sie die Sache drehte und wendete. Ihre Zustimmung hatte sie freiwillig gegeben, ganz ohne Erpressung. Aber nur aus einem einzigen Grund. Ihre Zusammenarbeit mit der Nusku-Bruderschaft würde ihr die Gelegenheit geben, einen Schlag gegen Annicius und seine brutale Anhängerschar durchzuführen. Fast fühlte sie sich wie früher, als sie mit Josua auf Vampirjagd gegangen war, um den abstoßenden Abschaum ihrer Vampirsippe dorthin zu schicken, wo er hingehörte, in die Hölle. Heute stand Josua jedoch nicht an ihrer Seite.
In der Theorie hatte bisher alles einfach geklungen. Cathrine sollte sich Zugang zu einer alten viktorianischen Villa in der Nähe von Edinburgh verschaffen. Laut Shamashs Informationsnetz gehörte dieses Gebäude mit seinem weitläufigen Gelände Anncius Natalis, der sich mittlerweile Jonathan McNamara nannte.
Wie einfallslos , dachte Cathrine und seufzte.
Der Plan beinhaltete, Cathrine und Sari sollten in das Haus eindringen, nach einem Medaillon suchen und es anschließend Shamash bringen. Angeblich sollte der Verlust des Anhängers Annicius’ Macht schwächen, worauf die Bruderschaft schon seit Jahrhunderten hinarbeitete. Was Annicius schadete, freute Cathrine. Er hatte sie damals gnadenlos mit seinem Charme verzaubert, um sie für alle Ewigkeiten zu verdammen. Dafür musste er büßen.
Rabisus‘ Macht war inzwischen aus ihren Adern verschwunden, also musste sie sich auf ihre vampirischen Kräfte und ihre Kampfkunst verlassen.
»Jetzt oder nie«, sagte sie laut und stieg aus dem Auto. Sie lief zum Kofferraum und holte eine ganz besondere Klinge hervor. Das Schwert war vor dreihundert Jahren von einem Meister seines Fachs in Spanien geschmiedet worden. Shamash hatte es kurz vor ihrem Aufbruch noch persönlich gesegnet und es mit einem seltsamen Öl eingeschmiert. Der unangenehme Geruch war verflogen, aber ihre geschärften Vampirsinne nahmen eine bläuliche Aura rund um die Schneide wahr. Durch die
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