Shadows Lost (Vampirkurzgeschichte) (German Edition)
Option, die ihr überhaupt nicht gefiel. Selbst unter den Schattenvampiren gab es schwarze Schafe, besonders die jüngsten unter ihnen. Sie würden keinen Moment zögern und ihr Blut trinken, um damit an Kraft und Stärke dazuzugewinnen. Cathrine hatte es selbst in den vergangenen Jahrhunderten getan. Ihre Opfer waren alle gestorben. Ohne neues Blut würden ihre Lebensenergie und letztendlich auch ihr Lebensfunke für immer erlöschen.
»Was soll’s. Mit denen werde ich irgendwie schon fertig, wenn sie sich trauen, mich überhaupt anzugreifen.«
Cathrine versuchte, sich Mut zu machen, aber innerlich war sie nicht ganz davon überzeugt.
Ohne weiter darüber nachzudenken, hob sie die Phiole an die Lippen und nahm einen kleinen Schluck. Das schwarze Blut roch nach Schwefel und schmeckte unangenehm bitter. Angeekelt verzog sie das Gesicht, als die Flüssigkeit ihren Rachen herabrann. Beinahe hätte sie alles wieder ausgespuckt. Doch kaum war das schwarze Blut in ihrem Magen, wurde ihr für einen Moment ganz heiß, aber das Gefühl verebbte genauso rasch, wie es gekommen war. Schnell steckte sie den Korken wieder auf die Phiole, legte sie zurück auf das Samtkisschen und verschloss die Truhe.
Der bittere Geschmack auf ihrer Zunge war unangenehm, und sie ignorierte ihn, so gut es ging. Schließlich blieb ihr auch keine Zeit mehr, darüber nachzudenken. Ein Blick auf ihre Armbanduhr verriet, dass sie sich beeilen musste. Cathrine verließ ihr geheimes Lager, verriegelte und sicherte es gerade, als sie das Knirschen von Reifen auf dem Schotterweg hörte.
»Gerade rechtzeitig«, flüsterte sie und schluckte einen Kloß im Hals herunter.
Nervös, aber vor allem neugierig, lief sie zum Ausgang der Lagerhalle. Mit wachem Blick beobachtete sie einen alten Opel-Kombi, der neben ihrem Geländewagen zum Stehen kann. Sari stellte den Motor ab, stieg aus, umrundete das Auto und öffnete die Beifahrertür. Vorwitzig schaute sie dem Treiben zu. Als der Priester auftauchte, erschrak sie jedoch. Das konnte niemals im Leben der Priester Shamash sein. Das war unmöglich! Sie war reingelegt worden und hätte es eigentlich besser wissen müssen.
Vor ihr tauchte ein großer, athletischer Mann auf. Er war ganz in schwarzes Leder gekleidet. Lange, dunkle Haare rahmten sein attraktives Gesicht ein. Haselnussbraune Augen starrten sie an, während der Hauch eines Lächelns auf seinen Lippen lag. Sie kannte ihn nicht, aber er war auch kein Mensch. Äußerlich wirkte er wie ein Mann von Mitte Dreißig, doch in seinem Inneren herrschte der Schatten.
Shamash war ein Schattenvampir!
Cathrine spürte seine dunkle Macht, und diese übertraf ihre eigene um Längen. Das konnte nur bedeuten, er war alt, sehr alt. Doch wie ist das möglich? , fragte sie sich. Ihr Schöpfer war der älteste Schattenvampir, der existierte. Und Sari. Der junge Mann war ein Mensch und ein Mitglied der Nusku-Bruderschaft. Sein Meister dagegen ein Dämon. Das gab für sie keinen Sinn.
Augenblicklich nahm Cathrine eine abwehrende Körperhaltung an. Egal, was nun folgen würde, sie wäre für einen Kampf auf Leben und Tod bereit. Immerhin hatte sie von Rabisus Blut getrunken.
»Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste«, begrüßte Shamash sie und machte keinerlei Anstalten, angreifen zu wollen. Im Gegenteil. Er stand einfach da und nickte zum Gruß. Seine Stimme war ein angenehmer Tenor, freundlich und aufrichtig.
»Entschuldige, Cathrine, es lag nicht in meiner Absicht, dich zu erschrecken«, fuhr er ruhig fort. »Mein Schüler Sari hatte ausdrückliche Befehle von mir erhalten …«, er sah zu dem jungen Mann, dann wieder zu Cathrine, »… nichts von meiner Herkunft zu erzählen. Ich fürchtete nämlich, dann wärst du nicht für ein Treffen bereit gewesen.«
»Schlaues Bürschchen«, giftete sie ihn an. Aber am meisten ärgerte sie sich über sich selbst, weil sie auf so einen billigen Trick hereingefallen war. »Was macht ein Schattenvampir bei seinen Feinden?« Sie schielte zu Sari und warf ihm einen vorwurfsvollen Blick zu. Er reagierte jedoch nicht, sondern blieb ausdruckslos stehen.
»Mein Name lautet Shamash«, sagte der Schattenvampir und kam langsam auf Cathrine zu, Sari folgte ihm auf dem Fuß, aber in gebührendem Abstand. »Wir müssen uns unterhalten. Es ist wichtig, dass du einige Dinge erfährst. Natürlich bist du misstrauisch …«, meinte er, als Cathrine vor ihm zurückwich und mit dem Rücken die Außenwand der Lagerhalle streifte, »… wer
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