Shane - Das erste Jahr (German Edition)
würde wieder einen Anführer geben, die Jäger hatten sich neu geformt, es würde ihn wieder geben, seit dem großen Brand:
Den Weißen Krieger.
Shane wagte es kaum zu atmen. Ihre Gedanken überschlugen sich, und so sehr sie es wünschte, dass die Stimme in ihr sprechen würde, kam ihr doch nur immer ein und derselbe Gedanke: Wie wird es sich anfühlen, wenn mich einer ihrer Pfeile durchbohren wird?
Der Mann fuhr herum. Die Tür wurde geöffnet, und derjenige, der an dem Tag nach dem Beben am nächsten an seinem Tisch gestanden hatte, trat ein. Auf seinem Gesicht lag ein gehetzter Ausdruck. Als er den neuen Anführer erblickte, erstarrte er. Er öffnete den Mund ohne etwas zu sagen.
„Und?“, fragte der Mann, der noch keiner war und sah an sich herunter. „Gehst du mit mir zum Abschlussball?“
Der Andere fasste sich, schloss die Tür und kam auf den neuen Anführer zu und stammelte: „Mein Gott, sie ist wie für dich gemacht!“
Der Anführer schwieg. Dann nickte er. „Scheint so. Ich dachte, ich könne dem aus dem Weg gehen, doch wenigstens morgen …Was ist los?“
Der gehetzte Ausdruck auf dem Gesicht war wieder da. „Du musst mitkommen! Sofort!“
Shane starrte in die weiße Menge vor sich. Die Jäger hatte sich keinen Schritt bewegt, und sie ebenfalls nicht. Es schien, als würden sie auf etwas warten.
Der neue Anführer hob den Köcher, der auf dem Sessel lag auf und schlüpfte in den Gurt. „Es war klar, dass es noch welche von ihnen gibt, warum macht ihr so ein Aufsehen?“
„Wir wollten, dass du es siehst. Außerdem …“
„Was?“
„Es ist kein Auge, wie ich es kenne. Wie es irgendjemand kennt.“
„Was soll das heißen?“
„Es fühlt sich nach ...nach etwas Großem an, etwas sehr Großen.“
Der neue Anführer zog den Gurt über der Brust fest. „Dann werden wir uns den Burschen mal ansehen.“ Er nickte dem anderen jungen Mann zu und ging zur Tür.
„Da ist noch etwas!“
„Ja?“ Der Anführer drehte sich ungeduldig um.
„Es ist ein Kind.“
Shane wusste nicht, was sie tun sollte, sie wusste nicht, wie lange sie hier schon stand und abwartete. Die Jäger schauten sie an, jeder einzelne von ihnen blickte auf sie, fragend.
Wütend.
Gierig.
Shane hob die Augen und sah über die Jäger hinweg. Sie spürte es. Sie spürte es und sie wusste, was es war. Sie wusste, wer nun auf sie zusteuerte, sie wusste, auf wen die Jäger gewartet hatten.
Es war die gleiche Kraft, die sie unten in den Katakomben gespürt hatte, die nun auf sie zukam.
Auch die Jäger bemerkten es. Sie spürten eine leise Vibration unter ihren Füßen, manche von ihnen sahen sich an, doch keiner bewegte sich von der Stelle.
Shane war außerstande, etwas zu tun, sie konnte kaum mehr klar denken.
Nun gab es keinen Zweifel mehr, dass sie sterben würde, diese kommende, auf sie zueilende Kraft mochte sie aufhalten können, doch nicht besiegen. Und während sich die beiden Kräfte die Waage halten würden, würden die Pfeile der Jäger sie durchbohren.
Shane hatte die Augen aufgerissen und starrte nach vorn, dann zu beiden Seiten, an denen sich die alten schmutzigen Gemäuer plötzlich nach vorn zu biegen schienen.
Eine Welle der Vibration ging auch durch sie hindurch.
Dann war es vorbei.
Die weiße Menge vor ihr spaltete sich. Shane konnte sehen, wie jemand in der Mitte hindurch schritt und auf sie zukam.
Sie wusste, dass es die Person aus den Katakomben war, sie spürte es, doch nur noch wie einen dumpfen Schmerz, so als hätte die Person seine Kraft …zugedeckt.
Die Person, die auf sie zukam, war ebenfalls ganz in weiß gekleidet, sie schritt würdevoll, und hätte Shane nicht bereits schon gewusst, gespürt, dass diese Person sehr mächtig war, so hätte sie es in den Gesichtern der hunderten von Jägern lesen können. Die meisten von ihnen senkten ihren Blick, beinah sah es so aus, als ob sie sich verbeugen wollten, doch sie taten es nicht.
Die Person, die aus der Mitte der Jäger hervortrat, ging die letzten Schritte und blieb dann stehen.
Shane starrte ungläubig nach vorn. Ihr Mund fühlte sich trocken an, sie hatte das Gefühl zu verdursten, zu ersticken. Sie blickte nach vorn, zu der Person in der Mitte der Jäger, schwarzes Entsetzen breitete sich in ihr aus und gleichzeitig der Gedanke, dass das alles nicht sein könne. Sie konnte nur noch flüstern.
„Mark.“
Der neue Anführer, der Mann, der eigentlich noch keiner war, der Mann, den die Jäger
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