Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Shannara V

Titel: Shannara V Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Brooks
Vom Netzwerk:
finstersten Gedanken. Was hatte denn seines Bruders Tod eingebracht? Was hatte er dagegen aufzuweisen? Das Schwert von Shannara? Ja, er hatte die legendäre Klinge seiner elfenblütigen Vorfahren in seinem Besitz, den Talisman, den zu suchen der Schatten Allanons ihn ausgesandt hatte. Und wozu war das gut? Es hatte als Waffe gegen Felsen-Dall jämmerlich versagt, selbst nachdem der Erste Sucher sich als Schattenwesen zu erkennen gegeben hatte. Wenn das Schwert eine notwendige Waffe war, wie Allanon behauptet hatte, warum hatte es dann seinen größten Feind nicht zerstört? Und schlimmer noch, falls man Dall Glauben schenken durfte, hätte er das Schwert von Shannara erhalten, wenn er ganz einfach darum gebeten hätte. Ihr entsetzlicher, vernichtender Abstieg in die Grube wäre also überflüssig gewesen - und damit Colls Tod.
    Und außerdem sinnlos, wenn Felsen-Dall in einer anderen Sache recht hatte - daß Par so wie auch Dall ein Schattenwesen war. Denn wenn Par tatsächlich genau das war, wogegen sie kämpften, um die Vier Länder zu schützen …
    Wenn Coll gestorben war, um ein Schattenwesen zu schützen …
    Undenkbar? Er war sich seiner Sache nicht mehr so sicher.
    So plagten ihn die Erinnerungen, bitter und grauenhaft, und er wurde in einem Wirbel von Verständnislosigkeit und Wut herumgeschleudert. Er kämpfte sich durch diesen Morast, strampelte, um nicht unterzugehen, um zu atmen, zu überleben. Das Fieber verschwand, die Öde seiner Gefühle hellte sich auf, die scharfen Kanten glätteten sich, und der Schmerz im Herzen und im Körper vernarbte und heilte.
    Nach Ablauf der zwei Wochen stand er auf, entschlossen, nicht mehr herumzuliegen, und wanderte durch die dunkle Behausung des Maulwurfs. Er wusch sich in der Schüssel, zog sich an und nahm seine Mahlzeiten am Tisch ein. Er durchstreifte den Bau von einem Ende zum anderen, von einem Gang zum nächsten, tastete sich durch seine Schwäche. Die Erinnerungen verdrängte er, hielt sie sorgfältig in Schach. Vor allem einfach dadurch, daß er sich bewegte. Wenn er etwas tat, irgend etwas, dann half ihm das, sich nicht mehr mit dem, was vorüber und vorbei war, aufzuhalten. Er schnupperte nach den Gerüchen in der eingesperrten Luft. Er studierte die Zusammensetzung des brüchigen Mobiliars, der unterschiedlichen Abfälle aus der Oberwelt und der Wände und Böden der Höhle selbst. Seine Entschlossenheit erhärtete sich. Er lebte noch, und es gab einen Grund dafür. Er bewegte sich im Kerzenschein hin und her, ein Geist, der von einer inneren Vision getrieben wird.
    Selbst wenn er zu müde war, weiter herumzuwandern, sträubte er sich dagegen, sich auszuruhen. Er verbrachte Stunden auf der Bettkante sitzend und untersuchte das Schwert von Shannara, grübelte über sein Geheimnis nach.
    Warum hatte es ihm nicht gehorcht, als er Felsen-Dall mit der Klinge berührte?
    »Ist es möglich«, fragte Damson ihn einmal vorsichtig, »daß du irgendwie getäuscht worden bist und dies gar nicht das Schwert von Shannara ist?«
    Er dachte sorgfältig nach, ehe er antwortete. »Als ich es in dem Gewölbe sah, Damson, und als ich es dann berührte, wußte ich, daß es das Schwert ist. Ich war mir dessen sicher. Ich habe seine Geschichte so oft gesungen, es so oft dargestellt. Ich hatte nicht den geringsten Zweifel.« Er schüttelte langsam den Kopf. »Und ich habe noch immer das Gefühl, daß es so ist.«
    Sie nickte. Sie saß neben ihm auf dem Bett, hatte die Beine untergeschlagen, und ihre grünen Augen schauten ihn konzentriert an. »Aber deine Erwartung, daß du es finden würdest, mag dein Urteil getrübt haben, Par. Du hast es vielleicht so sehr gewollt, daß du dich hast täuschen lassen.«
    »Das kann sein, ja«, gab er zu. »Damals. Aber jetzt auch noch? Schau dir die Klinge an. Schau hier. Der Griff ist abgewetzt, gealtert - doch die Klinge glänzt wie neu. Wie Morgans Schwert - die Magie schützt es. Und sieh hier die Gravierung der Fackel mit der Flamme …«
    Sein Enthusiasmus verlor sich in einem Seufzer. Er sah den Zweifel in ihren Augen. »Doch es funktioniert nicht, das ist wahr. Es tut überhaupt nichts. Ich halte es, und es fühlt sich richtig an, so, wie es sein sollte - und es tut überhaupt nichts, gibt nichts zurück, läßt mich auch nicht die leiseste Spur seiner Zauberkraft spüren. Wie kann es also das Schwert sein?«
    »Gegenzauber«, sagte der Maulwurf feierlich. Er kauerte in einer Ecke des Zimmers in ihrer Nähe, fast unsichtbar im Schatten.

Weitere Kostenlose Bücher