Shannara V
Käfig herum, Walker Boh und Morgan Leah und Pe Ell, mißtrauische Katzen mit scharfen Augen und hungrigem Blick, jeder begierig auf das, was er in den kommenden Tagen tun würde, und gleichzeitig noch immer zu sehr voller Fragen, um sicher zu sein. Sie leisteten sich gegenseitig Gesellschaft, ohne sich näherzukommen. Vorräte wurden zusammengetragen und eingepackt, und die Zeit verging wie im Fluge. Horner Dees schien zufrieden, doch er war der einzige. Die drei anderen kämpften gegen die Zwänge ihrer Ungewißheit, Ungeduld und Zweifel an, trotz ihrer Entschlossenheit, es anders sein zu lassen, und nichts, was sie taten oder dachten, schaffte ihnen Erleichterung. Finsternis lag vor ihnen, baute sich wie eine Gewitterwolke auf, und sie konnten nicht sehen, was sie dahinter erwartete. Sie sahen, wie sie sich vor ihnen auftürmte wie eine Mauer, ein Zusammentreffen von Ereignis und Umständen, eine Explosion von Magie und roher Gewalt, eine Offenbarung von Bedürfnis und Absicht. Schwarz und undurchdringlich und bereit, sie zu verschlingen.
Und wenn dies geschah, ahnten sie, würde nicht jeder von ihnen überleben.
Drei Tage später verließen sie Rampling Steep. Sie brachen bei Sonnenaufgang auf, der Himmel dick verhangen mit Wolken, die sich an den Gipfeln rieben und das Licht nicht durchließen. Es roch nach Regen, und der Wind blies scharf und kalt vom Gebirge herunter. Die Stadt schlief noch, als sie hinauszogen, wie ein verängstigtes Tier gegen die Finsternis geduckt, verschlossen und reglos. Ein paar vergessene Öllampen glimmten vor Türen und schimmerten durch Spalten in den Fensterläden, doch die Leute rührten sich nicht. Walker Boh warf einen Blick zurück auf die Ansammlung farbloser Häuser, die ihn an Kassiaschoten erinnerten, hohl und verlassen und faszinierend häßlich.
Mittags begann es zu regnen, und es regnete eine ganze Woche lang. Manchmal wurde es zu einem Nieseln, doch es hörte nie ganz auf. Die Wolken blieben über ihren Köpfen wie festgenagelt, Donner grollten und Blitze zuckten in der Ferne. Sie waren naß, sie froren und sie konnten nichts tun, um ihr Unbehagen zu lindern. Das Vorgebirge war weiter unten bewaldet, doch höher oben war es kahl. Der Wind fegte ungehindert über sie hinweg, und ohne die Sonnenwärme blieb er frostig und kalt. Horner Dees gab einen stetigen Schritt vor, doch die Gruppe kam zu Fuß und mit den Maultieren im Schlepp nicht schnell voran. Nachts schliefen sie im Schutz der Planen, die den Regen abhielten, und sie konnten sich ihrer nassen Kleider entledigen und in Decken hüllen. Doch es gab kein Holz für ein Feuer, und die Nässe blieb. Sie wachten jeden Morgen steif und durchkühlt auf, aßen etwas, weil es nötig war, und drängten weiter.
Nach mehreren Tagen verließen sie die Vorberge, gelangten in das eigentliche Gebirge, und der Weg wurde ungewisser. Die Spur, der sie gefolgt waren, zunächst breit und deutlich zu erkennen, verschwand vollständig. Dees führte sie in ein Labyrinth aus Graten und Schluchten, an Rändern breiter Steilhänge entlang und um massige Felsformationen herum, die die Gebäude von Rampling Steep wie Zwerge hätten erscheinen lassen. Der Abhang wurde gefährlich steil, und sie mußten an jeder Biegung sorgfältig aufpassen, wohin sie ihre Füße setzten. Die Wolken drückten sich tiefer, füllten die Luft mit einer durchdringenden Feuchtigkeit und umschlängelten die Felsen wie riesige, substanzlose Würmer, deren Haut aus feuchtem Dampf bestand. Donner krachte, und es war, als befänden sie sich mittendrin. Der Regen prasselte ohne Unterlaß. Sie verloren jegliche Sicht auf das, was hinter ihnen lag, und sie konnten nicht erkennen, was vor ihnen wartete.
Ohne Dees’ Führung hätten sie sich hoffnungslos verirrt. Das Charnalgebirge verschluckte sie wie ein Ozean einen Kiesel. Alles sah gleich aus. Klippen bildeten unüberwindliche Mauern unter Regen und Nebel, Schluchten stürzten in bodenlose, schwarze Leere, und die Berge dehnten sich als scheinbar unendliche Anhäufung von schneebedeckten Gipfeln, soweit das Auge reichte. Es war so kalt, daß ihnen die Haut gefühllos wurde. Manchmal wandelte sich der Regen in Graupeln oder gar Schnee. Sie hüllten sich in große Umhänge und schwere Stiefel und stapften weiter. Durch all dies hindurch blieb Horner Dees standhaft und sicher, und sie lernten schnell, sich auf seine gewaltige, struppige Gegenwart zu verlassen. Er war im Gebirge zu Hause, zufrieden, trotz des
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