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Sharon: die Frau, die zweimal starb

Sharon: die Frau, die zweimal starb

Titel: Sharon: die Frau, die zweimal starb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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wie im Lehrbuch, aber ihr war’s nicht klar.
    »Und du hast ihren Namen geändert«, sagte ich.
    »Ja. Ein neuer Name symbolisiert ein neues Leben. Sowohl Jana als auch mir hatte man einen neuen Namen gegeben, der mit einem S anfing; also dachte ich, dass Joan auch einen brauche. Um zu uns zu passen.«
    Sie stand auf, setzte sich zu ihrer Schwester aufs Bett und berührte die eingefallenen Wangen.
    »Sie wird ewig dasein«, sagte sie. »Sie ist eine Konstante in meinem Leben. Ein wirklicher Trost.«
    »Anders als deine andere Partnerin.«
    Wieder der kalte Blick. »Ja, anders.« Dann ein Lächeln. »Nun, Alex, ich bin fix und fertig. Wir haben so viel geredet.«
    »Es gibt noch ein paar Dinge, wenn du nichts dagegen hast.«
    Pause. Zum ersten Mal, seit ich sie kannte, sah sie verhärmt aus. »Nein, natürlich nicht. Was möchtest du sonst noch wissen?«
    Das war eine Menge, aber ich sah mir ihr Lächeln an: Es saß auf ihrem Gesicht, ohne wirklich dazuzugehören - wie das Make-up eines Clowns. Zu breit, zu strahlend: Eine Prodromalerscheinung, Frühwarnung vor irgendetwas. Ich ordnete meine Gedanken und sagte: »Die Geschichte, die du mir über den Tod deiner Eltern auf Mallorca erzählt hast. Woher hattest du die?«
    »Eine Fantasievorstellung«, sagte sie. »Wunschdenken, nehme ich an.«
    »Was wünschtest du dir?«
    »Romantik.«
    »Aber wie du sie so erzähltest, ist die Geschichte deiner wirklichen Eltern doch sehr romantisch. Warum das noch ausschmücken?«
    Die Farbe verschwand aus ihrem Gesicht. »Ich … ich weiß nicht, was ich dir sagen soll, Alex. Als du mich fragtest, woher ich das Haus hätte, kam die Geschichte einfach so heraus - spielt das nach all den Jahren noch eine Rolle?«
    »Du hast wirklich keine Ahnung, woher die Geschichte stammte?«
    »Was meinst du?«
    »So sind Leland Beldings Eltern ums Leben gekommen.« Sie wurde kalkbleich.
    »Nein, das konnte nicht …« Dann wieder das strahlende Lächeln. »Wie merkwürdig. Ja, ich kann mir vorstellen, dass dich das interessiert.«
    Sie überlegte, zupfte sich am Ohr. »Vielleicht hatte Jung recht. Das kollektive Unbewusste - dass das genetische Material nicht nur körperliche Anzeichen, sondern auch Bilder übermittelt. Erinnerungen. Womöglich hat sich mein Unbewusstes eingeschaltet, als du mich fragtest, und ich erinnerte mich an ihn. Hielt eine Art Nachruf auf ihn.«
    »Vielleicht«, sagte ich. »Aber mir fällt noch was dazu ein.«
    »Was?«
    »Etwas, was Paul dir in der Hypnose sagte und dir dann vorschlug, es wieder zu vergessen. Etwas, was von selbst auftauchte.«
    »Nein. Ich … es gab keine Aufforderungen, etwas zu vergessen.«
    »Würdest du dich daran erinnern, wenn es sie gegeben hätte?«
    Sie stand auf, ballte die Fäuste und hielt sie steif an ihren beiden Seiten.
    »Nein, Alex. Er hätte das nicht getan.« Pause. »Und wenn ja, was dann? Es wäre nur geschehen, um mich zu schützen.«
    »Ich bin sicher, du hast recht. Entschuldige bitte die Armsesselanalyse. Berufsrisiko.«
    Sie sah auf mich herab. Ich nahm ihre Hand, und sie entspannte sich.
    »Schließlich hat er dir aber doch von dem Ertrinken erzählt - was emotional hart war.«
    »Das Ertrinken«, sagte sie. »Ja. Er hat es mir erzählt. Ich erinnere mich noch genau.«
    »Und du hast es mir erzählt. Und Helen.« Und dabei die Wahrheit verdreht wie Holz auf einer Drechselbank.
    »Ja, natürlich, das habe ich. Ihr wart Menschen, denen ich mich nah fühlte. Ich wollte, dass ihr es beide wusstet.«
    Sie wich zurück, setzte sich auf das andere Ende des Bettes. Verwirrt.
    »Es muss ein fürchterliches Erlebnis gewesen sein«, sagte ich, »ins Wasser gestoßen zu werden und unterzugehen. Der Gedanke, dass jemand dich töten wollte. Vor allem in so einem Alter. Der frühen Kindheit.«
    Sie wandte mir den Rücken zu. Ich lauschte der Stille, dem rhythmischen Zischen und Quieken von Shirlees Atem.
    »Alex?«
    »Ja.«
    »Meinst du, dass Lügen … eine Kombination von Elementen sind?« Ihre Stimme war leer, tot wie die eines Folteropfers. »Fiktion kombiniert mit unterdrückter Wahrheit? Dass wir, wenn wir lügen, in Wirklichkeit die Wahrheit nehmen und ihren zeitlichen Kontext verändern - sie aus der Vergängenheit vorwärts in die Gegenwart bringen?«
    Ich sagte: »Das ist eine interessante Theorie.« Dann: »Wenn du dich dazu fähig fühlst, würde ich gern hören, wie ihr, Sherry und du, euch schließlich kennengelernt habt.«
    »Ein paar Tage nachdem Onkel Billy mich besucht

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