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Sharon: die Frau, die zweimal starb

Sharon: die Frau, die zweimal starb

Titel: Sharon: die Frau, die zweimal starb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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hatte, kam Paul vorbei und sagte mir, sie sei bereit.«
    »Zurück zu ihm.«
    »Ja. Er brachte mich in meinem Zimmer unter und sagte, ich solle meditieren und mich auf alle Fälle richtig gut ausschlafen. Am nächsten Morgen führte er mich hinunter ins Wohnzimmer. Alles war vorbereitet mit großen, weichen Polstern und Kissen und dämmriger Beleuchtung. Er sagte mir, ich solle warten, und ging weg. Einen Augenblick darauf kam er zurück. Mit ihr.
    Als ich sie sah, zuckte es mir wie ein elektrischer Schlag das Rückgrat hoch. Ich war unfähig, mich zu bewegen. Sie muss dasselbe durchgemacht haben, weil wir beide einfach nur so dastanden und uns lange, lange anstarrten. Sie sah genau wie ich aus, nur hatte sie sich das Haar platinblond gefärbt und war sexy gekleidet. Wir fingen an zu lächeln - genau im gleichen Augenblick. Dann fingen wir an zu kichern, dann laut zu lachen, streckten die Arme aus und liefen aufeinander zu, es war, als liefen wir in einen Spiegel hinein. Ein paar Minuten darauf redeten wir schon miteinander, als wären wir unser ganzes Leben lang die besten Freundinnen gewesen.
    Sie war komisch und süß - überhaupt nicht so, wie Paul sie beschrieben hatte. Keine schmutzigen Redensarten oder Verwöhntheit, wie Onkel Billy angedeutet hatte. Man merkte natürlich sofort, dass sie keine besondere Erziehung genossen hatte, was mich überraschte, weil ich ja wusste, dass sie im Reichtum aufgewachsen war. Aber sie war intelligent. Und gute Manieren besaß sie - ihre Haltung, wie sie die Beine übereinanderschlug. Sie erzählte mir, sie nähme Schauspielunterricht und hätte schon in einem Film mitgespielt. Ich fragte sie nach dem Titel, aber sie lachte nur und wechselte das Thema. Sie wollte alles über mein Studium und meine Ausbildung hören und über Psychologie, sagte, sie wäre so stolz, dass ich den Doktortitel bekommen würde. Wir verstanden uns wirklich blendend, stellten fest, dass wir dasselbe Essen mochten, dieselbe Zahnpasta und dasselbe Mundwasser benutzten und dieselben Deodorants. Stellten kleine Angewohnheiten fest, die wir beide hatten.«
    »Wie diese?« Ich zog an meinem Ohrläppchen. »Nein.« Sie lachte. »Ich fürchte, das mache nur ich.«
    »Hat sie über ihr Leben zu Haus gesprochen?«
    »Beim ersten Mal nicht viel - wir interessierten uns wirklich in erster Linie für uns selbst. Und sie wusste auch nicht von Joan - Paul sagte, sie sei dafür noch nicht weit genug. Also konzentrierten wir uns allein auf uns. Wir blieben den ganzen Tag in dem Zimmer. Das erste Mal, dass mir irgendetwas Negatives an ihr auffiel, war, als wir von den Männern sprachen. Sie sagte mir, sie hätte eine Menge Männer flachgelegt, so viele, dass sie aufgehört hätte zu zählen. Sie horchte mich aus - wollte sehen, ob ich das gut fand oder nicht. Ich wollte kein Urteil über sie fällen, aber ich sagte ihr, für mich gäbe es nur einen einzigen Mann. Sie weigerte sich zuerst, mir zu glauben, dann sagte sie, sie hoffe, das sei denn aber auch wirklich ein toller Mann. Da habe ich ihr von dir erzählt. Alles. Einen Augenblick lang kam ein unheimlicher Blick in ihre Augen - raubtierhaft. Hungrig. Als hasste sie mich, weil ich liebte. Aber dann verschwand er so schnell, dass ich dachte, ich hätte es mir eingebildet. Wenn ich es besser gewusst hätte, dann hätte ich dich vor ihr geschützt, glaub mir, Alex. Dann hätte ich uns beschützt.«
    »Wann fing es an, schlimm zu werden?«
    Ihre Augen wurden feucht. »Bald darauf, obwohl ich es damals noch nicht begriff. Wir sollten zusammen einkaufen. Aber sie kam nicht. Als ich wieder bei Paul zu Hause war, sagte er mir, sie hätte ihre Taschen gepackt und wäre, ohne irgendwem etwas zu sagen, abgereist. Dass sie es immer so machte - dass sie so impulsiv war und sich nicht beherrschen konnte. Ich solle mir keine Vorwürfe machen, es sei nicht meine Schuld. Sie kam schließlich zurück, zwei Wochen später, in einem fürchterlichen Zustand - mit einer Prellung, groggy, konnte sich an nichts mehr erinnern, nur dass sie in einer Bar in Reno gelandet war. Von dem Augenblick an ging das immer so weiter - kommen und gehen. Fugues, Drogenmissbrauch.«
    »Jana. Deine Dissertation.« Da zuckte sie hoch.
    »Ich habe sie gelesen«, sagte ich. »Ich fand sie interessant. Wessen Idee war es?«
    »Es fing wie ein Witz an. Ich hatte gerade einen harten Monat mit ihr hinter mir - ein paar Mal Überdosis und eine Menge unflätiger Redensarten. Und ich stand unter Druck, musste ein

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