Sharon: die Frau, die zweimal starb

Tag herumzufahren?«
    »Dann kommen Sie unbedingt«, sagte ich. »Ich hätte morgen für Sie Zeit, gleich früh am Morgen als Erste.«
    »Ja, das ist großartig.«
    Wir vereinbarten einen Termin.
    Das gab mir genug Selbstbewusstsein für meinen zweiten Anruf.
     
 
    Fünf Minuten vor zwölf. Lunchpause. »Dr. Small.«
    »Hallo, Ada. Ich bin’s, Alex. Packst du gerade deine Einkäufe aus?«
    »Hüttenkäse und Obst«, sagte sie. »Kampf gegen die Fettschwarte. Hör mal, ich bin froh, dass du anrufst. Ich habe versucht, Carmen Seeber zu erreichen, aber ihr Anschluss ist abgeschaltet, und es gibt keine Auskunft über einen neuen von ihr.«
    »Ich rufe dich nicht ihretwegen an, sondern meinetwegen.«
    Ihre therapeutische Pause.
    Diese verdammten Sachen funktionierten. Ich fuhr fort: »Eine Menge ist zusammengekommen. Ich dachte, wenn du es für angebracht hieltest, dass ich bei dir vorbeikäme …«
    »Ich freue mich immer, dich zu sehen, Alex«, sagte sie. »Hast du irgendwelche Sorgen, ob es passt?«
    »Überhaupt nicht. Nein, das stimmt nicht. Ich glaube doch, ja. Zwischen uns hat sich etwas verändert. Es ist schwer, aus der Kollegenrolle herauszuschlüpfen und Hilflosigkeit zuzugeben.«
    »Du bist weit davon entfernt, hilflos zu sein, Alex. Nur einsichtig genug zu wissen, dass du nicht unverwundbar bist.«
    »Einsichtig.« Ich lachte. »Weit davon entfernt.«
    »Du hast doch angerufen, oder? Aber ich verstehe, was du sagst: Der Rollenwechsel muss dir wie ein Schritt zurück vorkommen. Aber ich sehe es bestimmt nicht so.«
    »Ich bin dir dankbar, dass du das sagst.«
    »Ich sage es, weil es stimmt. Trotzdem, wenn du Zweifel hast, kann ich dich an jemand anderen überweisen.«
    »Noch mal von vorn anfangen? Nein, das würde ich nicht wollen.«
    »Möchtest du ein bisschen Zeit zum Nachdenken?«
    »Nein, nein. Ich könnte ebenso gut kopfüber hineinspringen, bevor ich mir irgendwas ausdenke, wie ich wieder meine Abwehr aufbauen kann.«
    »Also gut, dann bleibt es dabei. Lass mich in meinem Terminkalender nachsehen.« Geräusch von umgeblätterten Seiten. »Wie wär’s mit morgen Abend um sechs? Die Praxis ist dann still - du wirst niemandem begegnen, den du überwiesen hast.«
    »Sechs Uhr wäre toll, Ada. Bis dann.«
    »Ich freue mich drauf, Alex.«
    »Ich auch. Bye.«
    »Alex?«
    »Ja?«
    »Was du tust, ist ganz genau richtig.«

Buch
    Auf der Gartenparty von Dr. Kruse, einem bekannten Sexualtherapeuten, trifft Alex Delaware auf seine Jugendliebe Sharon, die ihn seinerzeit überraschend und ohne Grund verließ. Er ist einmal mehr fasziniert von der unergründlichen Schönen, die offenkundig verwirrt ist und Alex um Hilfe bittet. Dass sie ihre Bitte an eine private Verabredung knüpft, macht den Psychologen hellhörig: Alex glaubt, ein altes Muster wiederzuentdecken, mit dem Sharon bereits früher seine Aufmerksamkeit zu gewinnen versuchte. Um keine falschen Signale zu senden, sagt er das Treffen deshalb ab. Welche Folgen dies hat, muss Alex am nächsten Tag in der Zeitung lesen: Sharon ist tot. Alles sieht nach Selbstmord aus, und Alex kommt nicht umhin, sich mitverantwortlich für Sharons Tod zu fühlen. Doch während er noch damit beschäftigt ist, Sharons Vergangenheit zu recherchieren, wird Professor Kruse ermordet aufgefunden. Von diesem Moment an weiß Alex mit Sicherheit, dass Sharons Tod kein Freitod war. Und er schwört sich, ihren Mörder zu finden …

Autor
    Jonathan Kellerman ist einer der erfolgreichsten amerikanischen Kriminalautoren. Seine Bücher sind berühmt für psychologisch einfühlsam entwickelte Figuren und eine raffinierte Handlung, die Hochspannung garantieren. Dafür ist der Ehemann von Krimikönigin Faye Kellerman unter anderem mit dem »Edgar Award« ausgezeichnet worden, Amerikas bedeutendstem Krimi-Preis.
     
    Von Jonathan Kellerman außerdem bei Goldmann lieferbar:
    Die Romane mit Dr. Alex Delaware und Detective Milo Sturgis: Jamey. Das Kind, das zu viel wusste (46052), Exit (46245), Böse Liebe (46275), Satans Bruder (45460), Wölfe und Schafe. Roman (46277), Monster (44818), Gnadentod (45087), Fleisch und Blut (45370), Das Buch der Toten (45817), Blutnacht (45727), Im Sog der Angst (46047), Bluttat. Roman (46215), Narben. Roman (46276), Blutgier. Roman (46384), Post Mortem. Roman (46403), Mordgier. Roman (46854)
     
    Weitere Romane:
    Die Tote im Griffith Park (45123), Der Pathologe (45810), Faye und Jonathan Kellerman: Denn dein ist die Macht/Nackte Gewalt. Zwei Romane in einem