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Sharras Exil

Sharras Exil

Titel: Sharras Exil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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verwandelte sie sich auf die verrückte Art, wie es in Träumen geschieht, in Thyra, als ich sie küsste … Kadarin hat mir das angetan … und ich erinnere mich, dass Thyra in meinem Traum weinte, wie sie nicht einmal geweint hatte, als ihr Vater starb … Auch bei ihr war es nicht freier Wille, auch sie ist Kadarins Spielzeug gewesen …
    »Sie ist ein paar Jahreszeiten nach dem Brand von Caer Donn geboren worden«, erklärte Rafe. »Mit Thyra geschah irgendetwas nach der Geburt; ich glaube, sie verlor für einige Zeit den Verstand … Ich erinnere mich nicht, ich war sehr jung, und ich war nach dem Brand lange Zeit krank. Natürlich dachte ich, es sei Kadarins Kind, er und Thyra waren so lange zusammen gewesen …«
    Und Regis folgte auch Rafes Gedanken, dem Furcht erregenden Bild einer Frau, die sich in eine tobende Wahnsinnige verwandelte und sich gegen das Kind kehrte, das sie durch einen schändlichen Trick von einem unter Drogeneinfluss stehenden Mann empfangen und nicht hatte austragen wollen … Immer wieder hatte man das Kind vor ihr in Sicherheit bringen müssen …
    Das kleine Mädchen war jetzt wach. Sie setzte sich hoch und sah sie alle neugierig mit diesen großen, unwahrscheinlich goldenen Augen an. Für Rafe hatte sie ein Lächeln, offenbar erkannte sie ihn wieder. Dann wanderte ihr Blick zu Lew, und Regis spürte ihren Schrecken angesichts der zerklüfteten, hässlichen Narben wie einen Schlag. Lews Gesicht war finster. Nun, ich kann es ihm nicht verübeln – auf diese Weise herauszufinden, dass er betäubt, missbraucht worden ist … Regis hatte Thyra nur ein- oder zweimal kurz gesehen, aber trotzdem hatte er die aus Hass und Begehren gemischte Spannung zwischen Thyra und Lew empfunden. Und gemeinsam hatten sie das Siegel Sharras empfangen …
    Das kleine Mädchen richtete sich auf, angespannt wie ein verängstigtes Tierchen. Wieder war die ungeheure Ähnlichkeit mit Marjorie ein Schock für Lew.
    Dann sagte Lew, und er dämpfte seine raue Stimme: »Hab keine Angst Chiya . Ich bin kein schöner Anblick, aber glaub mir, ich fresse keine kleinen Mädchen.«
    Das Kind lächelte. Ihr spitz zulaufendes Gesichtchen war bezaubernd. Ein Zahn zeigte sich. »Sie sagen, du bist mein Vater.«
    »O Gott, so wird es wohl sein«, antwortete Lew. Verdammt noch mal, ich weiß es genau! Seine Abschirmung war jetzt weit geöffnet, und Regis konnte Lews Gedanken nicht abweisen. Unbeholfen ließ Lew sich auf dem Rand des Bettchens nieder. »Wie heißt du, Chiy’lla? «
    »Marja«, antwortete sie scheu. »Ich meine – Marguerida . Marguerida Kadarin.« Sie sprach den Namen in dem weichen Bergdialekt aus. Marjories Name! »Aber gerufen werde ich einfach Marja.« Sie kniete sich hin und sah ihn an. »Was ist mit deiner anderen Hand passiert?«
    Regis war oft genug mit Javannes Kindern – und seinen eigenen – zusammen gewesen, um zu wissen, wie direkt sie waren, aber Lew wurde von ihrer unverblümten Frage aus der Fassung gebracht. Er blinzelte und sagte: »Sie wurde verletzt, und man musste sie mir abschneiden.«
    Ihre bernsteinfarbenen Augen wurden riesengroß. Regis spürte, dass sie darüber nachdachte. »Das tut mir Leid …« Und dann setzte sie hinzu, das Wort auf der Zunge ausprobierend: »Vater.« Sie hob die kleine Hand und streichelte seine narbige Wange. Lew schluckte schwer und drückte sie an sich. Sein Kopf war gesenkt, aber Regis spürte, dass er erschüttert und den Tränen nahe war, und wieder konnte er Lews Gedanken nicht ausschalten.
    Ich habe dies Kind schon einmal gesehen, noch bevor Marjorie und ich unsere Liebe entdeckten. Es war eine Vision, und ich legte sie so aus, als werde Marjorie mein Kind gebären und alles werde gut mit uns … Ich blickte in die Zukunft, aber ich sah nicht voraus, dass Marjorie schon Jahre tot sein würde, wenn meine Tochter und ich uns begegneten …
    »Wo bist du aufgewachsen, Marja?«
    »In einem großen Haus mit vielen anderen kleinen Jungen und Mädchen«, sagte sie. »Die anderen sind Waisen, aber ich bin etwas anderes. Es ist ein schlechtes Wort, das ich nie, nie sagen darf, hat die Hausmutter gesagt, aber ich will es dir ins Ohr flüstern.«
    »Tu’s nicht«, wehrte Lew ab. Er konnte es erraten; Regis dachte daran, dass es immer noch Menschen gab, die Lew einen Bastard nannten, obwohl er längst als Erbe von Alton anerkannt war. Lew hatte Marja jetzt auf seinen Schoß gezogen, und sie kuschelte sich in seine Armbeuge.
    Wenn ich es gewusst hätte, wäre ich

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