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Sherlock Holmes - Der Hund von Baskerville

Sherlock Holmes - Der Hund von Baskerville

Titel: Sherlock Holmes - Der Hund von Baskerville Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sir Arthur Conan Doyle
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gelangte. Mein Zimmer befand sich im gleichen Flügel wie Baskervilles; die Zimmer lagen fast nebeneinander. Diese Zimmer wirkten sehr viel moderner als der mittlere Teil des Schlosses, und die helle Tapete und die vielen Kerzen trugen dazu bei, den düsteren Eindruck zu verwischen, den ich bei unserer Ankunft empfangen hatte.
    Aber das Eßzimmer, in das man durch die Halle gelangte, war ein bedrückender und düsterer Ort. Es war ein langer Raum. Eine Erhöhung des Fußbodens trennte den Teil, wo die Herrschaft saß, von dem unteren Teil des Raumes, der für ihre Bediensteten reserviert war. An einem Ende befand sich eine Galerie, von wo aus in alten Zeiten Spielleute und Sänger während des Essens die Herrschaft unterhalten hatten.
    Schwarze Balken zogen sich über unseren Köpfen dahin, darüber eine rauchgeschwärzte Decke.
    Als der Saal einst von Reihen brennender Fackeln erhellt war, mit den bunten Farben und der
    ausgelassenen Heiterkeit eines Banketts, mochte er nicht so düster gewirkt haben wie jetzt, als zwei schwarzgekleidete Herren in dem engen Lichtkreis einer beschirmten Lampe saßen. Wir sprachen
    unwillkürlich leise, und die Stimmung war gedrückt. Eine undeutliche Reihe von Ahnenbildern in allen möglichen Kostümen, von der Zeit Elisa-beths bis zu der des Prinzregenten, starrte auf uns herab. Ihre schweigende Gesellschaft erschreckte uns. Wir sprachen wenig, und ich war froh, als die Mahlzeit beendet war und wir uns in das moderne Billardzimmer zurückziehen konnten, um dort eine Zigarette zu rauchen.
    »Also wahrhaftig, ein sehr vergnüglicher Ort ist das hier nicht«, sagte Sir Henry. »Ich nehme an, daß man sich eingewöhnen kann, aber vorläufig fühle ich mich hier noch ganz fremd. Nun wundert es mich gar nicht mehr, daß mein Onkel ein bißchen wunderlich geworden ist, wenn er ganz allein in einem solchen Haus gelebt hat. Na, lassen wir das. Wenn es Ihnen recht ist, wollen wir heute zeitig zu Bett gehen.
    Vielleicht sieht morgen alles ein bißchen freundlicher aus.«
    Bevor ich zu Bett ging, zog ich die Vorhänge auf und sah zum Fenster hinaus. Es zeigte auf den
    Rasenplatz vor dem Eingang. Dahinter ächzten und schwankten im aufkommenden Wind zwei
    Baumgruppen. Der Halbmond brach nur ab und zu durch die jagenden Wolken. In seinem kalten Licht sah ich hinter den Bäumen den durchbrochenen Saum von Felsen und die weite Fläche des
    melancholischen Moores. Ich schloß die Vorhänge wieder und empfand diesen letzten Eindruck auch nicht erheiternder als die übrigen.
    Und doch war das noch nicht der letzte Eindruck dieses Tages. Ich fand, daß ich zwar müde war, aber nicht schlafen konnte. Ruhelos wälzte ich mich von einer Seite auf die andere. Weit weg schlug eine Uhr die Viertelstunden, aber ansonsten lag eine tödliche Stille auf dem alten Haus. Und dann, ganz plötzlich, mitten in der tiefsten Nacht, drang an mein Ohr ein Ton — klar, deutlich und unmißverständlich. Es war das Weinen einer Frau, das unterdrückte, würgende Schluchzen eines Menschen, der einen übermächtigen Kummer hat. Ich setzte mich in meinem Bett auf und lauschte angestrengt. Das Geräusch konnte nicht weit weg sein und war ganz bestimmt im Haus. Eine halbe Stunde wartete ich, jeden Nerv angespannt, aber nun drang kein anderes Geräusch mehr zu mir als das Schlagen der Uhr und das Rascheln des Efeus an der Hauswand.
    7. KAPITEL

Die Stapletons
    Die frische Schönheit des neuen Morgens sorgte dafür, den grimmigen ersten Eindruck von Schloß
    Baskerville, der sich uns so bedrückend aufs Gemüt gelegt hatte, wegzuwischen. Als Sir Henry und ich beim Frühstück saßen, flutete das Sonnenlicht durch die hohen, bleiverglasten Fenster und warf zarte Farbflecken, die von den wappengeschmückten bunten Scheiben stammten, in den Raum. Die dunkle
    Holztäfelung glühte wie Bronze in den goldenen Sonnenstrahlen. Es war schwer, sich vorzustellen, daß dies der gleiche Raum war, der uns am Abend vorher so düster vorgekommen war.
    »Ich nehme an, daß wir uns die Schuld geben sollten und nicht dem Haus«, sagte der Baronet. »Wir waren gestern müde von der Reise und von der langen Fahrt durchgefroren. So haben wir alles grau in grau gesehen. Nun sind wir frisch und ausgeruht und fühlen uns wohl; da sieht sofort alles heiter aus.«
    »Und doch war nicht alles nur eine Frage der Einbildung«, sagte ich. »Haben Sie zufällig gehört, daß jemand in der Nacht laut geweint hat? Es muß eine Frau gewesen sein.«
    »Das ist

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