Der Kater der Braut: Roman (German Edition)
Prolog
A ls ich wach wurde, wusste ich sofort, dass etwas nicht stimmte. Mist! Irgendetwas war hier faul, verdammt faul sogar. Die Frage war bloß: was?!?
Mit dem Vorsatz, mich langsam und behutsam an das wie auch immer geartete Problem heranzutasten, blieb ich erst mal ein Weilchen regungslos liegen. Dann holte ich tief Luft, nahm all meinen Mut zusammen … und atmete noch ein paar Mal kräftig ein und aus. Bis mir schwummerig wurde. Bevor die exzessive Frischluftzufuhr mein Gehirn komplett lahmlegen konnte, machte ich mich schließlich daran, die Lage vorsichtig zu sondieren. Ein mutiger Mensch hätte zu diesem Zweck die Augen geöffnet; ich ließ sie geschlossen. Nur nichts überstürzen!
Ich probierte zu schlucken. Vergeblich. Meine Zunge pappte an meinem Gaumen, als wäre sie dort mit Sekundenkleber festgeleimt. Was im Übrigen auch diesen widerlichen Geschmack in meinem Mund erklärte. Obendrein machte mein Magen Zicken, aber das war längst nicht so unangenehm wie das dumpfe Dröhnen des Düsenjets, der dicht über meinem Kopf kreiste. Oder befand sich das nervige Flugobjekt womöglich gar nicht über , sondern in meinem Kopf? Na, wie auch immer, für solche Nebensächlichkeiten war jetzt keine Zeit. Denn größere Sorgen bereitete mir ein anderes Geräusch, das sich aus den Tiefen meines Unterbewusstseins soeben den Weg an die Oberfläche gebahnt hatte.
Da! Da war es wieder! Ein leises Röcheln und Schnaufen, ganz dicht an meinem Ohr.
Wie von der Tarantel gestochen fuhr ich hoch, riss die Augen auf und versuchte, im Dämmerlicht etwas zu erkennen. Ich musste erst einige Male blinzeln, bevor ich schräg gegenüber ein wenig unscharf die Silhouette eines Sessels ausmachen konnte. Rechts von mir befand sich eine kleine Frisierkommode mit einem dreibeinigen Hocker davor. Und auf meiner linken Seite, wo die schnaufenden Geräusche herkamen, lugten unter der Bettdecke Teile eines muskulösen, gebräunten Rückens, eine nicht minder appetitliche Männerschulter mit einem sichelförmigen Muttermal und ein dunkler, fast schwarzer Haarschopf hervor.
O nein!!!
Ich biss mir auf die Lippen. Beinahe hätte ich laut aufgeschrien. Plötzlich bekam der Begriff Morgengrauen eine völlig neue Bedeutung, denn langsam, ganz langsam begann es mir zu dämmern: Dieser Haarschopf, oder vielmehr dessen Besitzer, war gemeinsam mit etlichen Strawberry Margaritas für das flaue Gefühl in meinem Magen verantwortlich. Großer Gott, was hatte ich getan?!?
Ich war garantiert nicht die erste Frau, die sich am Morgen danach mit dieser Frage herumschlug. Was aber nur wenig tröstlich war, denn den Austausch von Körperflüssigkeiten zu bereuen ist eine Sache, den Austausch eines symbolträchtigen Schmuckstücks eine ganz andere!
Das musste man mir wirklich lassen: Ich war gründlich. Mit halben Sachen hatte ich mich noch nie zufriedengegeben. Wenn ich in die Scheiße packte, dann gleich richtig.
Meine Gedanken fuhren Karussell. Dieser verdammte Alkohol! Ich vertrug ihn einfach nicht. Doch das war keine Entschuldigung. Andere Frauen ließen sich im Suff vielleicht dazu hinreißen, mit einem Mann in die Kiste zu springen. Aber nein, mir reichte so ein bisschen Sex ja nicht. Ich musste den Kerl im Vollrausch gleich heiraten. Heiliger Bimbam, wenn das mal kein böser Fehler gewesen ist, dachte ich.
Frustriert zog ich mir die Bettdecke über den Kopf. Mit etwas Glück würde ich erstickt sein, bevor mein frisch angetrauter Ehemann wach wurde. Die aufsteigende Erinnerung verstärkte meine Übelkeit noch.
Wie war ich nur in diesen furchtbaren Schlamassel hineingeraten?
Kapitel 1
S o, liebe Rhein-Radio-Hörer«, meldete sich der Moderator gut gelaunt zu Wort, »während ihr gemütlich am Frühstückstisch sitzt oder eurem Chef zuliebe so tut, als würdet ihr arbeiten, bin ich für euch in die kalten, dunklen Katakomben unseres Archivs hinabgestiegen und habe einen alten Song von Frank Sinatra hervorgekramt.« Kurz darauf drangen die ersten Klänge von Singing in the Rain aus dem Radio.
Kein schlechtes Motto für den heutigen Tag. Durch die große Schaufensterscheibe warf ich einen Blick auf die Straße. Es war nicht verwunderlich, dass die Kunden uns nicht gerade die Tür einrannten. Wer konnte, blieb bei dem düsteren grauen Schmuddelwetter lieber zu Hause. Just in diesem Moment öffnete der Himmel wieder seine Schleusen. Ein heftiger Platzregen prasselte auf den Asphalt. Typisch April: wechselhaft und launisch. Aber ich wollte mich
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