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Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Titel: Sherlock Holmes - gesammelte Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anaconda
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über ganz London zerstreut wurden. Er wusste selbstverständlich nicht, in welcher der Schatz verborgen war. Er konnte ihn nur finden, wenn er sie nacheinander zerschlug, denn einfaches Schütteln half nichts, weil die Perle in dem nassen Gips wahrscheinlich festgeklebt war – wie es tatsächlich auch der Fall ist. Beppo begab sich mit anerkennenswertem Eifer und der nötigen Zähigkeit auf die Suche. Durch einen Vetter, der bei Gelder arbeitet, erfuhr er die Namen der Käufer jener Büsten. Es gelang ihm, bei Morse Hudson Beschäftigung zu finden, wo er drei davon auskundschaftete. Die Perle war nicht drin. Mithilfe eines italienischen Angestellten von Harding brachte er in Erfahrung, wo die drei anderen hingekommen waren. Die eine hatte Harker bekommen. Dorthin folgte ihm sein Genosse Pietro, um ihn wegen des Verlustes der Perle zur Rechenschaft zu ziehen, wurde aber im Verlauf des darüber entbrannten Streites erstochen.«
    »Wenn Beppo sein Genosse war, warum hatte Pietro dann seine Fotografie in der Tasche?«, warf ich ein.
    »Um ihn aufzufinden, wenn er sich bei dritten Personen nach ihm erkundigen wollte. Einen anderen Grund kann es wohl kaum gehabt haben. Nach dieser Tat musste Beppo meiner Berechnung nach seine Nachforschungen eher beschleunigen als verzögern, denn er hatte zu befürchten, dass die Polizei das Geheimnis durchschaue, und er musste deshalb die Perle auf jeden Fall eher wiederzuerlangen suchen, als die Polizei seiner habhaft werden konnte. Selbstverständlich wusste ich nicht, ob er sie nicht schon in der Harker’schen Büste gefunden hatte, ja ich wusste nicht einmal genau, ob es sich um diese Perle handelte; nur soviel war mir klar, dass er etwas in der Büste gesucht hatte, denn sonst würde er sie nicht an verschiedenen Häusern vorbei gerade in den Garten getragen haben, wo eine Laterne Licht verbreitete. Da Harkers Büste eine von dreien war, so standen meine Chancen wie zwei zu eins, wie ich gestern Abend schon sagte. Es waren noch zwei Büsten übrig, und es war anzunehmen, dass er zuerst die in der Stadt befindliche holen würde.
    Ich schickte daher an die Bewohner dieses Hauses einen Brief, worin ich sie auf das Bevorstehende aufmerksam machte, und wir begaben uns dann selbst dorthin und hatten das beste Resultat. Nun wurde es mir natürlich zur Gewissheit, dass es sich um die Borgia-Perle handelte. Der Name des Ermordeten bildete das Verbindungsglied zwischen den zwei Fällen. Es war nun nur noch eine einzige Gipsfigur vorhanden – die in Reading – in dieser musste die Perle sein. Ich habe diese letzte Büste in Ihrer Gegenwart ihrem Besitzer abgekauft – und hier ist die Perle.«
    Wir waren eine Weile stumm.
    »Ich habe Sie schon viele Fälle behandeln sehen, Mr Holmes«, sagte dann Lestrade, »mehr Scharfsinn und Umsicht haben Sie aber, so viel ich mich entsinnen kann, noch bei keinem an den Tag gelegt. Wir sind nicht eifersüchtig auf Sie in Scotland Yard. Nein, im Gegenteil, wir sind stolz auf Sie, und wenn Sie morgen zu uns hinunterkommen, wird Ihnen jeder, vom ältesten Inspektor bis zum jüngsten Schutzmann, mit Freuden die Hand schütteln und gratulieren.«
    »Ich danke Ihnen«, sagte Holmes, »ich danke Ihnen!« Er drehte sich um und schien mir stärker gerührt zu sein als je zuvor. Einen Augenblick später war er aber schon wieder der kalte, geschäftsmäßige Denker. »Legen Sie die Perle in den Schrank, Watson«, sagte er, »und nehmen Sie die Akten über den Conk-Singleton-Münzprozess heraus. Adieu, Mr Lestrade! Wenn Sie wieder mal eine kleine Aufgabe haben, bin ich gern bereit, soweit es in meinen Kräften steht, Ihnen bei der Lösung behilflich zu sein.«

D IE DREI S TUDENTEN
    Es war im Jahre 1895, als uns der Gang von Ereignissen, auf die ich hier nicht näher eingehen will, veranlasste, ein paar Wochen in einer unserer bedeutendsten und ältesten Universitätsstädte zuzubringen. In dieser Zeit passierte aber nebenbei eine kleine eigenartige Geschichte, die ich jetzt erzählen will. Ich brauche dabei wohl kaum besonders zu bemerken, dass ich irgendwelche Angaben, aus denen der Leser auf die wirkliche Begebenheit schließen könnte, vermeiden muss, denn es würde sonst ungerecht und beleidigend sein, und es ist besser, wenn man über einen so peinlichen Vorfall Gras wachsen lässt. Bei der nötigen Diskretion kann man jedoch das Vorkommnis selbst wohl mitteilen, und ich möchte dies daher nicht unterlassen, besonders auch, weil sich dabei die

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