Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sherlock Holmes - Studie in Scharlachrot

Sherlock Holmes - Studie in Scharlachrot

Titel: Sherlock Holmes - Studie in Scharlachrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sir Arthur Conan Doyle
Vom Netzwerk:
Stadt zu der anderen. Er arbeitete, wenn sich die Möglichkeit ergab, niemals aber gelang es ihm, die Flüchtlinge einzuholen. Als er in Petersburg ankam, waren sie gerade nach Paris abgereist, als er ihnen dorthin folgte, waren sie gerade auf ihrem Weg nach Kopenhagen. Auch in der
    dänischen Hauptstadt kam er ein paar Tage zu spät an, denn sie waren schon unterwegs nach London. Dort endlich schaffte er es, sie zu stellen. Was dort jedoch geschah, das erzählen wir lieber mit den Worten des alten Jägers, wie es getreulich in Dr. Watsons Journal verzeichnet ist, dem wir ja sowieso schon verpflichtet sind.

6. KAPITEL
    John Watson, M. D. setzt seine Erinnerungen fort
    Der wilde Widerstand unseres Gefangenen schien keine bösen Absichten gegen uns zu hegen, denn als er sah, daß er machtlos war, lächelte er uns freundlich an und fragte, ob er doch hoffentlich in dem Kampf niemanden ernstlich verletzt habe. »Ich nehme an, daß Sie mich jetzt zur Polizeistation bringen werden«, bemerkte er zu Sherlock Holmes. »Meine Kutsche wartet vor der Tür. Wenn Sie jetzt meine Beine aus den Fesseln lösen, dann gehe ich selber herunter. Ich bin nicht mehr so leicht zu tragen, wie ich früher vielleicht einmal war.«
    Gregson und Lestrade wechselten einen Blick, so als ob sie glaubten, daß dieser Vorschlag eine ziemliche Herausforderung sei. Aber Holmes nahm den Gefangenen sofort beim Wort
    und knotete das Handtuch auf, das man ihm um die Fesseln gebunden hatte. Er stand auf und streckte die Glieder, als ob er sich versichern wollte, daß er wieder zu einem freien Mann geworden war. Ich erinnere mich gut, daß ich daran dachte, als ich ihm zusah, daß ich niemals vorher in meinem Leben einen so kraftvollen Menschen gesehen habe. Sein dunkles,
    sonnenverbranntes Gesicht trug einen Ausdruck von Zielstrebigkeit und Energie, die genauso furchterregend war wie seine gewaltige körperliche Kraft.
    »Falls der Platz des Polizeichefs frei sein sollte, dann denke ich, daß Sie der Mann sind, der ihn einnehmen sollte«, sagte er und zeigte damit seine unverhohlene Bewunderung für
    meinen Mitbewohner. »Die Art, wie Sie mir auf die Spur gekommen sind, sollte eine
    Warnung sein.«
    »Sie kommen jetzt besser mit mir«, sagte Holmes zu den beiden Detektiven.
    »Ich kann die Kutsche fahren«, sagte Lestrade.
    »Gut. Gregson kann drinnen mitfahren und Sie auch, Doktor. Sie interessieren sich für den Fall, Sie sollen ihn auch bis zum Ende erleben.«
    Ich freute mich über diese Einladung und zusammen gingen wir die Treppe hinunter. Unser Gefangener unternahm keinen einzigen Fluchtversuch, sondern bestieg ruhig die Kutsche, die bisher ihm gehört hatte und wir alle folgten seinem Beispiel. Lestrade stieg auf den
    Kutschbock, schlug auf die Pferde ein und brachte uns in sehr kurzer Zeit zu unserem Ziel.
    Wir wurden in ein kleineres Zimmer geführt, wo ein Polizeiinspektor den Namen unseres
    Gefangenen und die Mordanklage aufnahm. Dieser Polizist war ein blasser, gefühlloser
    Mensch, der seinen Pflichten auf eine langweilige mechanische Art nachkam.
    »Der Gefangene wird innerhalb der nächsten Woche dem Magistrat vorgeführt werden«,
    sagte er. »Haben Sie, Jefferson Hope, uns vorher noch etwas zu sagen? Ich muß Sie warnen, daß alles, was Sie sagen, gegen Sie ausgelegt werden kann.«
    »Ich habe sehr viel zu sagen«, sagte unser Gefangener langsam. »Ich möchte Ihnen, meine Herren, gerne alles erzählen.«
    »Wollen Sie damit nicht lieber bis zur Gerichtsverhandlung warten?« fragte der Inspektor.
    »Vielleicht werde ich gar nicht vor Gericht gestellt«, antwortete er. »Sie brauchen nicht so verwundert dreinzuschauen. Ich habe keinen Selbstmord im Sinn. Sind Sie nicht Arzt?«
    Damit hatte er sich zu mir gewendet und schaute mich mit seinen durchdringenden Augen an.
    »Ja, das bin ich«, antwortete ich.
    »Dann legen Sie Ihre Hand mal hierher«, sagte er lächelnd und wies mit seiner gefesselten Hand auf seine Brust.
    Das tat ich. Und ich hörte ein außergewöhnlich hartes Klopfen und viele Nebengeräusche in seiner Brust. In seinem Brustraum tobte und rumorte es, als ob eine kraftvolle Maschine in einem baufälligen Haus auf vollen Touren arbeitet und die Wände dabei zittern, als ob sie gleich zusammenfallen wollen. In der Stille, die jetzt im Zimmer herrschte, konnte ich ebenfalls ein dumpfes brummendes und summendes Geräusch wahrnehmen, das die gleiche
    Ursache hatte.
    »Mann«, rief ich, »Sie haben ja ein Aorten-Aneurysma!«
    »So

Weitere Kostenlose Bücher