Sherlock Holmes und das Druidengrab
davon natürlich nichts hören. Doch letztendlich gab er nach und beides wurde in einer schlichten Kiste verstaut. Obwohl ich protestierte, bestand Holmes darauf, sich allein um die Angelegenheit zu kümmern. Ich gestehe, ich war über sein mangelndes Vertrauen zu mir sehr verstimmt. Daran hatte sich auch noch nichts geändert, als er zwei Stunden nach mir in der Baker Street eintraf.
„Seien Sie nicht böse, Watson“, begrüßte er mich. „Immerhin haben Sie nun wieder eine unglaubliche Geschichte, die Sie der Welt von mir berichten können. Nur wo sich das Artefakt und sein Wächter befinden, dürfen Sie nicht schreiben, damit keiner auf dumme Gedanken kommt.“
„Ich weiß ja noch nicht einmal, wo sie sind“, beklagte ich mich.
„Eben.“ Holmes lachte und griff nach seiner Pfeife, um sie zu stopfen.
Tanya Carpenter
www.tanyacarpenter.de
Die vielseitige Autorin hat sich vorrangig mit ihrer Vampir-Serie „Ruf des Blutes“ (Sieben Verlag) einen Namen gemacht, die auch in mehreren Lizenzen erschien.
Darüber hinaus ist sie in vielen Anthologien vertreten und hat weitere Romane und Serienkonzepte in Arbeit.
Im Mai 2012 erscheint ihr erstes Fantasy-Thrill-Werk „Mit Schuh, Charme und Biss“ in der „Seven-Fancy“-Reihe im Fabylon-Verlag.
IM RAUCH DER MEERSCHAUMPFEIFE
Tanya Carpenter
Bei unserer Ankunft auf dem Landsitz von Sir Hugo Earl von Beddingfurth wimmelte das Anwesen bereits vor Mitarbeitern von Scotland Yard. Fünf Droschken standen vor dem Haus, deren Räder im Schlamm des aufgeweichten Bodens versanken. Es regnete seit dem frühen Morgen, dazu wehte ein eisiger Wind. Die Pferde, denen man aufgrund des nasskalten Wetters Decken übergelegt hatte, ließen ihre Köpfe hängen. Auch wir schlugen unsere Mantelkrägen hoch und beeilten uns, den kurzen Weg vom Vorplatz zum Hauseingang zurückzulegen.
Ein junger Officer führte meinen Freund Holmes und mich direkt zu Inspektor Lestrade. Dieser hatte nach uns schicken lassen, da er offenbar ein weiteres Mal den Rat des berühmten Detektivs in einem rätselhaften Kriminalfall brauchte.
Die Leiche des Earls lag im Musikzimmer auf dem Boden. Ihr Anblick war wenig erfreulich. Zwar wirkte Sir Hugo keineswegs bleich, wie man es bei einem Toten erwartet hätte. Im Gegenteil erschien seine Haut sogar rosig. Erschreckend war hingegen seine Mimik. Mich überlief trotz meiner langjährigen Praxis als Arzt ein kalter Schauder. Die Augen waren weit aufgerissen, seine Lippen blau verfärbt. Auf den ersten Blick sah es so aus, als sei er erstickt. Vielleicht erwürgt worden? Aber ich konnte keine Male an seinem Hals erkennen.
„Guten Abend, Lestrade“, begrüßte Holmes den Inspektor des Yards. „Ein ungemütliches Wetter, um den weiten Weg von London hierhin zurückzulegen.“
Die Miene des Inspektors blieb bei diesen scherzhaft gemeinten Worten unerwartet ernst.
„Ich bedauere, Ihnen diese Unannehmlichkeit zumuten zu müssen.“ Er deutete auf den Toten. „Kannten Sie den Earl?“
„Flüchtig“, antwortete Holmes. „Wir sind uns gelegentlich begegnet. Aber wie Sie wissen, mag ich gesellschaftliche Empfänge nicht sonderlich. So kann man unsere Begegnungen wohl an einer Hand abzählen.“
Er schien nicht zu verstehen, worauf Lestrade hinaus wollte, und mir ging es ebenso. Als mich der Blick des Inspektors traf, fühlte ich mich ertappt. Darum beeilte ich mich zu sagen: „Er sandte uns eine Einladung zum Dinner im Savage Club für den gestrigen Abend.“
Die Einladung war überraschend gestern Morgen in der Post gewesen.
Der Club genoss einen guten und elitären Ruf. Ohne Empfehlung eines Mitglieds durfte man ihn nicht betreten. Daher durfte es als Auszeichnung verstanden werden, solch eine Einladung zu erhalten. In meinen Augen wäre es einem Affront gleichgekommen, abzulehnen. Holmes jedoch tat es als unnötige Zeitverschwendung ab und weigerte sich, auf die Gemütlichkeit seiner eigenen Räume zu verzichten, um sinnlosem Geschwätz zu lauschen. Daher bat er mich, allein zu gehen.
„Und? Waren Sie dort?“, fragte Lestrade unbewegt.
Ich tauschte mit Holmes einen unbehaglichen Blick. Es widerstrebte mir, zu antworten, da ich den Eindruck nicht loswurde, dass mein Kompagnon auf der Anklagebank saß. Weshalb, war mir zwar schleierhaft, denn er hatte ebenso wenig wie ich dieses Anwesen je zuvor betreten, doch die Art, wie jeder im Raum ihn musterte, verhieß nichts Gutes.
Gerade war ich versucht, für Holmes eine Lüge
Weitere Kostenlose Bücher