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Sherlock Holmes und der Fall Sigmund Freud

Sherlock Holmes und der Fall Sigmund Freud

Titel: Sherlock Holmes und der Fall Sigmund Freud Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Meyer
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erwähnt hatte.«
    »Sind Sie ganz sicher, es vorher erwähnt zu haben?«
    »Absolut«, erwiderte ich, etwas verdrossen über diese Frage.
    »Kann es denn nicht sein – wir haben ja die Wirkung des Brandys bereits erwähnt –, daß er es ganz einfach vergessen hatte? Äußerte er sich nicht selbst in dieser Richtung?«
    »Ja, aber – nein, zum Teufel! Weder er noch ich waren dermaßen berauscht!«
    In meiner Erregung sprang ich auf, ergriff die Lampe und wanderte auf Strümpfen wieder ins Wohnzimmer, mit der Absicht, meiner zweiten Stimme zu entgehen.
    Als ich die Vorhänge zurückzog, sah ich, daß es dämmerte. Ich war schon müde gewesen, als Holmes auftauchte, jetzt, so schien es mir, war ich gänzlich erschöpft.
    Aber war er überhaupt aufgetaucht?
    Das war eine wirklich wahnwitzige Idee, und ich verwünschte mich, sie – wenn auch nur andeutungsweise – gedacht zu haben. Ich kehrte dem Fenster und dem ersten Dämmerlicht meinen Rücken.
    Natürlich war er da gewesen!
    Dieses Mal war der Beweis für meine Annahme handgreiflich. Die beiden gebrauchten Kognakschwenker waren da, wo Holmes und ich sie abgestellt hatten.

    Ich erwachte am nächsten Morgen, oder vielmehr an demselben Morgen, in meinem eigenen Bett, auf das ich mich offensichtlich zu irgendeinem Zeitpunkt meiner fruchtlosen Grübeleien halb angekleidet geworfen hatte. Das Haus war schon lebendig mit den üblichen Vorbereitungen für den Tag, und ich erhob mich mit der Absicht, noch einmal von vorne anzufangen und zu sehen, was dabei herauskam.
    Umgezogen und rasiert, begab ich mich nach unten und frühstückte. Nicht einmal die Zeitungen konnten mich ablenken: Meine Gedanken waren schon woanders; es fiel mir ein, daß ich letzte Nacht Holmes’ Puls gefühlt und seine Pupillen untersucht hatte. Aber wieder bedrückte mich dieselbe Frage: Hatte ich es wirklich getan, oder war auch das Teil eines Traumes?
    Das Grübeln wurde unerträglich, und ich beendete mein Frühstück in Hast. Dann suchte ich Dr. Cullingworth auf und bat ihn, für diesen Morgen meine Praxis zu übernehmen. Er war gern dazu bereit (ich hatte ihn schon oft kurzfristig um Hilfe gebeten), und ich nahm mir ohne weitere Umstände eine Droschke und machte mich auf den Weg zur Baker Street.
    Es war noch früher Morgen, als ich auf dem vertrauten Bürgersteig von Nummer 221B ausstieg und den Fahrer bezahlte. Ich nahm ein paar kräftige Züge der allerdings noch etwas feuchten Morgenluft und klingelte. Die Tür wurde sofort von Mrs. Hudson, unserer Hauswirtin, geöffnet. Sie schien ungewöhnlich erfreut, mich zu sehen.
    »Oh, Dr. Watson, dem Himmel sei Dank, Sie sind es!« rief sie ohne jede Einleitung und zog mich zu meiner Verblüffung am Mantelärmel ins Haus.
    »Was gibt es?« fragte ich, aber sie legte den Finger auf den Mund und sah ängstlich die Treppe hinauf. Holmes’ Ohren jedoch waren scharf, und es wurde uns bald klar, daß er zumindest einen Teil unserer kurzen Konversation gehört hatte.
    Eine schrille Stimme, die kaum noch als die seine zu erkennen war, ließ sich von oben hören. »Mrs. Hudson, sollte es sich bei diesem Herrn um Professor Moriarty handeln, so führen Sie ihn bitte herauf, ich werde mich mit ihm befassen! Mrs. Hudson?«
    »Da sehen Sie, wie es ist, Dr. Watson«, flüsterte die unglückliche Hauswirtin mir zu. »Er hat sich da oben verbarrikadiert; lehnt alles Essen ab, die Läden bleiben den ganzen Tag geschlossen – und dann schleicht er sich nachts hinaus, nachdem ich die Tür verriegelt habe und das Dienstmädchen zu Bett gegangen ist.«
    »Mrs. Hudson!«
    »Ich gehe zu ihm«, bot ich an und klopfte beruhigend ihre Schulter, obwohl ich, offen gestanden, nicht besonders zuversichtlich war. Es gab also einen Professor Moriarty, zumindest in Holmes’ Phantasie. Schweren Herzens stieg ich die sieben abgetretenen Stufen zu meiner alten Wohnung hinauf. Was für ein edler Geist war hier gestört!
    »Wer ist da?« fragte Holmes auf der anderen Seite der Tür, als ich klopfte. »Moriarty, sind Sie es?«
    »Ich bin’s, Watson«, erwiderte ich, mußte es aber mehrfach wiederholen, bevor er sich schließlich bereit fand, die Tür ein wenig zu öffnen und in höchst sonderbarer Weise durch den Spalt zu spähen.
    »Wie Sie sehen, bin ich es tatsächlich, Holmes. Lassen Sie mich herein!«
    »Nicht so schnell.« Sein Fuß blockierte die Tür. »Das könnte eine Verkleidung sein. Beweisen Sie mir, daß Sie Watson sind.«
    »Wie?« fragte ich jämmerlich, denn

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