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Titel: Sie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Rider Haggard
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Einwendungen erhob, doch er antwortete ihr barsch und schüttelte sie ab. Dann besann er sich offenbar eines anderen, nahm sie am Arm, führte sie zum Feuer und zwang sie, sich zwischen ihn und einen anderen Mann hinzusetzen. Aus irgendeinem Grund schien es ihr ratsam, sich zu fügen.
    Das Feuer in der Höhle war an diesem Abend ungewöhnlich groß, und wir sahen, daß darum in einem großen Kreis etwa fünfunddreißig Männer und zwei Frauen versammelt waren, daß heißt, Ustane und jene Frau, der zu entgehen Job den keuschen Joseph gespielt hatte. Die Männer bewahrten, wie üblich, tiefes Schweigen, und jeder hatte hinter sich in einem eigens dafür in den Fels geschlagenen Spalt seinen Speer stecken. Nur einer oder zwei von ihnen trugen das bereits erwähnte gelbliche Leinengewand, die übrigen nichts als das um die Hüften geschwungene Leopardenfell.
    »Was mögen sie wohl vorhaben?« fragte Job ängstlich, »Herr, steh mir bei, da ist ja wieder dieses Weib! Nachdem ich sie so habe abblitzen lassen, wird sie mich nun wohl hoffentlich in Ruhe lassen. Ich kann mir nicht helfen, mich gruselt vor diesen Leuten! Doch schauen Sie, man hat Mahomed auch eingeladen. Sehen Sie nur, wie nett und höflich meine Herzensdame auf ihn einredet. Mein Gott, bin ich froh, daß ich nicht an seiner Stelle bin!«
    Ich blickte hin und sah, daß die Frau tatsächlich zu Mahomed getreten war und den armen Mahomed aus der Ecke, in der er sich, zitternd vor Angst und laut Allah anrufend, niedergelassen hatte, zum Feuer führte. Er folgte ihr nur äußerst widerstrebend, vielleicht, weil er bisher stets sein Essen allein eingenommen hatte und ihm diese ungewohnte Ehre nichts Gutes zu verheißen schien. Jedenfalls merkte ich, daß ihn tiefste Angst erfüllte, denn seine zitternden Knie wollten kaum seinen großen kräftigen Körper tragen, und ich glaube, daß ihn weniger die freundlichen Worte der Frau veranlaßten zu gehorchen, als der riesige Speer eines hünenhaften Amahaggers, der ihm auf dem Fuße folgte.
    »Mir kommt das Ganze nicht recht geheuer vor«, sagte ich zu den anderen, »doch wir müssen zusehen, daß wir es so gut wir möglich überstehen. Habt ihr eure Revolver bei euch? Und sind sie geladen?«
    »Ich habe meinen«, sagte Job und klopfte auf seinen Colt. »Mr. Leo jedoch hat nur sein Jagdmesser bei sich, aber das wird wohl auch genügen.«
    Da wir es nicht für ratsam hielten zu warten, bis Leo seine Waffe geholt hatte, traten wir keck an das Feuer und setzten uns, den Rücken zur Wand, nebeneinander hin.
    Sobald wir Platz genommen hatten, wurde ein Krug mit einem gegorenen Getränk herumgereicht, das gar nicht unangenehm schmeckte, doch leicht berauschte. Man stellte es aus einer Getreideart her, deren Körner, ähnlich wie beim südafrikanischen Kafirkorn, am Halm in Trauben wachsen. Das Gefäß, das die Flüssigkeit enthielt, war von sehr merkwürdiger Form, und da es mehr oder weniger den vielen hundert anderen glich, die bei den Amahaggern in Gebrauch sind, möchte ich es ein wenig näher beschreiben. Diese Gefäße, die es in allen Größen gibt, müssen schon in uralten Zeiten angefertigt worden sein, vor Hunderten oder gar Tausenden von Jahren, denn sie finden sich in den Felsengräbern, welche ich später noch schildern werde. Ich persönlich glaube, daß sie wie bei den Ägyptern, mit denen die früheren Bewohner dieses Landes möglicherweise in Verbindung standen, zur Aufnahme der Eingeweide der Toten dienten. Leo hingegen ist der Ansicht, man habe sie, wie die etruskischen Amphoren, zum Gebrauch für die Geister der Verstorbenen in die Gräber gestellt. Sie haben meist zwei Henkel, und es gibt sie in den verschiedensten Größen, von wenigen Zoll bis zu drei Fuß. Ihre Form ist sehr schön und geschmackvoll, und sie bestehen aus einem sehr feinen schwarzen, nicht glänzenden, sondern ziemlich rauhen Material. Auf ihrer Außenseite sind Figuren eingelegt, die an Naturtreue und Anmut alles übertreffen, was ich je auf antiken Vasen gesehen habe. Manche dieser eingelegten Bilder stellen Liebesszenen von einer kindlichen Einfalt und Unbefangenheit dar, wie sie heute undenkbar wäre. Andere wiederum zeigen tanzende Mädchen oder Jagdszenen. Der Krug, aus dem wir tranken, zum Beispiel, zeigte auf der einen Seite eine höchst begabte Darstellung von Männern, offenbar weißer Hautfarbe, die mit Speeren einen Elefanten angriffen, während sich auf der anderen Seite das nicht ganz so gute Bild eines Jägers befand, der

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