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Titel: Sie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Rider Haggard
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mörderisches Handgemenge mit zwei Wilden verwickelt, die zu meinem Glück ihre Speere nicht bei sich hatten; und zum erstenmal in meinem Leben kam mir die große körperliche Kraft, mit der die Natur mich ausgestattet hat, zugute. Ich hieb mit meinem Jagdmesser, das fast so groß und schwer war wie ein kurzes Schwert, derart auf den Kopf des einen Mannes ein, daß der scharfe Stahl seinen Schädel bis zu den Augen spaltete und so fest darin steckenblieb, daß es, als der Mann plötzlich zusammensank, meiner Hand entrissen wurde.
    Im gleichen Augenblick gingen zwei andere auf mich los. Ich sah sie kommen, packte mit jedem Arm einen um die Hüften, und wir stürzten zusammen auf den Boden der Höhle nieder und wälzten uns übereinander. Es waren überaus starke Männer, doch ich war außer mir vor Wut, und mich packte jene Mordlust, die wohl den Zivilisiertesten ergreift, wenn Hiebe fallen und es um Tod und Leben geht. Ich umschlang mit meinen Armen die zwei schwarzen Teufel und preßte sie zusammen, bis ihre Rippen krachten. Sie wanden und krümmten sich wie Schlangen und hämmerten mit ihren Fäusten auf mich ein, doch ich ließ nicht los. Auf dem Rücken liegend, so daß ihre Körper mich vor den Speerstößen von oben schützten, drückte ich ihnen langsam das Leben aus, und dabei fragte ich mich, so seltsam dies scheinen mag, was wohl der ehrwürdige Vorstand meiner Colleges in Cambridge (der Mitglied der Friedensgesellschaft ist) und meine Kollegen sagen würden, wenn sie mich bei diesem blutigen Spiel sehen könnten. Bald erschlafften meine Angreifer und hörten auf, sich zu wehren. Dennoch wagte ich nicht, sie loszulassen, denn ich wußte, daß sie, wenn ich meinen Griff lockerte, wieder zu sich kommen würden. Da wir im Schatten der Plattform lagen, dachten die anderen Wilden offenbar, wir seien alle drei tot, denn sie kümmerten sich nicht weiter um uns.
    Als ich, in dieser schrecklichen Umschlingung nach Atem ringend, einmal den Kopf wandte, sah ich im Licht der Lampen, daß nun auch Leo von der Plattform herunter war. Er stand noch auf den Beinen, und eine hin und her wogende Horde von Männern umringte ihn und versuchte ihn niederzureißen wie ein Rudel Wölfe einen Hirschen. Sein edles blasses, von goldenen Locken gekröntes Gesicht überragte sie, und er kämpfte mit einer verzweifelten Hingabe und Energie, die schön und schaurig zugleich anzusehen war. Er stieß einem der Männer sein Messer in die Brust – die Angreifer konnten in dem dichten Gewühl ihre langen Speere nicht benützen, und Messer oder Stöcke besaßen sie nicht. Der Mann brach zusammen, doch dann entwand ihm irgendeiner der Männer sein Messer, und er war ohne Waffe. Ich dachte schon, sein Ende sei gekommen. Doch nein! Mit der Kraft der Verzweiflung riß er sich los, packte den Körper des soeben Getöteten, hob ihn hoch in die Luft und schleuderte ihn mit solcher Wucht auf seine Feinde, daß ihrer fünf oder sechs zu Boden stürzten. Bis auf einen, dessen Schädel zerschmettert war, sprangen sie jedoch gleich wieder auf und fielen erneut über ihn her. Und langsam, mit unendlicher Mühe, rangen nun die Wölfe den Hirsch nieder. Selbst jetzt raffte er sich noch einmal auf und streckte einen Amahagger mit einem Faustschlag nieder, doch die Übermacht war zu groß, und schließlich stürzte er wie eine Eiche, alle, die ihn umklammerten, mit sich reißend, auf den Felsboden nieder. Sie packten ihn an Armen und Beinen und hielten ihn fest.
    »Einen Speer!« rief eine Stimme. »Holt einen Speer, den Hals ihm zu durchbohren, und ein Gefäß, sein Blut aufzufangen!«
    Ich schloß die Augen, als ich sah, wie einer der Männer mit einem Speer herbeieilte. Ich konnte Leo nicht zu Hilfe kommen, denn meine Kräfte schwanden, und die beiden Männer auf mir waren immer noch nicht tot. Eine entsetzliche Schwäche befiel mich.
    Da erhob sich plötzlich ein Lärm, und ich öffnete unwillkürlich die Augen und blickte zu der Stelle, wo, wie ich glaubte, Leo den Todesstoß empfing. Das Mädchen Ustane hatte sich auf ihn geworfen und deckte, die Arme um seinen Hals geschlungen, seinen Körper mit ihrem Körper. Die Männer versuchten, sie von ihm loszureißen, doch sie wand ihre Beine um die seinen und klammerte sich an ihn wie ein Schlinggewächs. Da versuchten sie, ihn, ohne Ustane zu verletzen, in die Seite zu stechen, doch auch dort schützte sie ihn, und so gelang es ihnen lediglich, ihn zu verwunden.
    Endlich verloren sie die

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