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Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman

Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman

Titel: Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard P. Feynman
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immer tun wollte, wäre schlecht für mich, deshalb habe ich entschieden, daß ich Ihr Angebot nicht annehmen kann.«

5. Teil: Die Welt eines Physikers
Würden Sie die Diracsche Gleichung lösen?
    Gegen Ende des Jahres, das ich in Brasilien verbrachte, erhielt ich einen Brief von Professor Wheeler, in dem er darauf hinwies, daß in Japan ein internationaler Kongreß für Theoretische Physik stattfinden werde, und anfragte, ob ich teilnehmen wolle. Vor dem Krieg hatte es in Japan einige berühmte Physiker gegeben - Professor Yukawa, ein Nobelpreisträger, Tomonaga und Nishina -, doch dies war das erste Zeichen für eine Wiederbelebung Japans nach dem Krieg, und wir waren alle der Meinung, daß wir hingehen und ihnen behilflich sein sollten.
    Wheeler hatte einen Armee-Sprachführer mitgeschickt und schrieb, es wäre schön, wenn wir alle ein bißchen Japanisch lernen würden. Ich fand in Brasilien eine Japanerin, die mir bei der Aussprache half, übte mit Stäbchen, Papierschnitzel aufzuheben, und las eine Menge über Japan. Japan war damals sehr geheimnisvoll für mich, und ich dachte, es müsse interessant sein, in ein so fremdartiges und wunderbares Land zu reisen, und gab mir deshalb große Mühe.
    Als wir ankamen, wurden wir am Flughafen abgeholt und in ein Hotel in Tokio gebracht, dessen Architekt Frank Lloyd Wright war. Es war die Nachahmung eines europäischen Hotels, bis hin zu dem kleinen Pagen, der so angezogen war wie das Kerlchen von Philip Morris. Wir waren nicht in Japan; wir hätten ebensogut in Europa oder in Amerika sein können! Der Hoteldiener, der uns zu unseren Zimmern brachte, stand herum, zog die Jalousien hoch und runter und wartete auf ein Trinkgeld. Alles war genau wie in Amerika.
    Unsere Gastgeber hatten an alles gedacht. An diesem ersten Abend wurde uns das Essen im obersten Stockwerk des Hotels zwar von einer japanisch gekleideten Frau serviert, aber die Speisekarten waren auf englisch. Ich hatte mir viel Mühe gegeben, ein paar Brocken Japanisch zu lernen, und als wir beinahe mit dem Essen fertig waren, sagte ich zu der Kellnerin: »Kohi-o motte kite kudasai.« Sie verbeugte sich und ging weg.
    Mein Freund Marshak konnte es nicht glauben: »Wie? Was?«
    »Ich spreche japanisch«, sagte ich.
    »Oh, du Schwindler! Du mußt aber auch immer 'n Jux machen, Feynman.«
    »Wovon redest du?« fragte ich mit ernstem Ton.
    »O. k.«, sagte er. »Was hast du gesagt?«
    »Ich habe sie gebeten, uns Kaffee zu bringen.«
    Marshak glaubte mir nicht. »Ich wette mit dir«, sagte er. »Wenn sie uns Kaffee bringt...«
    Die Kellnerin erschien mit unserem Kaffee, und Marshak verlor seine Wette.
    Es stellte sich heraus, daß ich der einzige war, der ein bißchen Japanisch gelernt hatte - nicht einmal Wheeler, der alle aufgefordert hatte, Japanisch zu lernen, hatte etwas gelernt -, und ich hielt es nicht aus. Ich hatte über die Hotels im japanischen Stil gelesen, die sehr anders sein sollten als das Hotel, in dem wir untergebracht waren.
    Am nächsten Morgen bat ich den Japaner, der alles organisierte, auf mein Zimmer. »Ich möchte in einem Hotel im japanischen Stil wohnen.«
    »Ich fürchte, das ist nicht möglich, Professor Feynman.«
    Ich hatte gelesen, daß die Japaner sehr höflich, aber äußerst stur seien: Man muß sie bearbeiten. Deshalb beschloß ich, ebenso stur zu sein wie sie und genauso höflich. Es war ein Kampf der Mentalitäten: Es ging hin und her und dauerte eine halbe Stunde.
    »Warum wollen Sie in ein Hotel japanischer Art umziehen?«
    »Weil ich in diesem Hotel nicht das Gefühl habe, in Japan zu sein.«
    »Hotels im japanischen Stil sind nicht gut. Da müssen Sie auf dem Boden schlafen.«
    »Genau das möchte ich; ich möchte sehen, wie das ist.«
    »Und außerdem gibt es keine Stühle - man sitzt bei Tisch auf dem Boden.«
    »Das ist o. k. Es wird wunderbar sein. Ich freue mich schon darauf.«
    Schließlich gibt er zu, worum es eigentlich geht: »Wenn Sie in einem anderen Hotel sind, muß der Bus, der Sie zum Kongreß bringt, einen Umweg machen.«
    »Nein, nein!« sage ich. »Ich komme morgens in dieses Hotel und steige hier in den Bus.«
    »Na dann, o. k. In Ordnung.« Das war alles , was dahintersteckte - bloß, daß es eine halbe Stunde dauerte, bis man zu dem eigentlichen Problem kam.
    Er geht zum Telephon, um das andere Hotel anzurufen, als er plötzlich innehält; wieder ist alles blockiert. Es dauert weitere fünfzehn Minuten, um herauszukriegen, daß es diesmal die Post ist.

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