Sieben Stunden im April
gestellt worden, wenn ich Fehler gemacht habe. Du verstehst das nicht, weil Du Teil eines Systems bist, das beschlossen hat, die Art von Fehlern, die mich mein altes Leben gekostet haben, zu ignorieren. Eines Systems, das beschlossen hat, das Opfer habe sich gefälligst wie ein Opfer zu verhalten. Nicht wie eine Täterin. Nicht wie eine Anklägerin. Und Du verstehst es nicht, weil Du noch nie aus einem Leben, das Du liebtest, gestoßen worden bist. Ich hoffe auch, es passiert Dir nie, weil du nämlich schon aus viel nichtigeren Anlässen tief verzweifelt gewesen bist. Das weißt du. Und ich weiß es auch.
Du hast recht – zunächst hat der Täter gehandelt. Dafür ist er bestraft worden. Es gab aber andere, die ihn haben gewähren lassen. Diese sollen zumindest Fragen beantworten und nachdenken. Einfach nur mal nachdenken. Ich habe versucht, Dir das verständlich zu machen. Ich glaube nicht, dass mir das gelungen ist. Du hast Dich nie wieder bei mir gemeldet. Deine Vorwürfe haben mich tief getroffen. Sehr tief. Ich dachte, ich könne Dich in mein neues Leben mitnehmen. Das war ein Irrtum.
Der Mut, loszulassen, hat mir geholfen.
Manchmal auch ein oder zwei Gläser Rotwein.
Dieses Buch zu schreiben, hat mir geholfen.
Und das Kochen natürlich auch.
Überleben macht hungrig
Kochen ist eine zutiefst befriedigende, meditative Beschäftigung, die im Idealfall zu einem passablen Ergebnis führt und der Köchin dann satte, glückliche Gesichter beschert. Kochen lenkt ab, ist kreativ und auch lebensnotwendig. Bodenständig kochen, ist damit gemeint. Nicht gemeint ist das tägliche Rumbrutzeln, um nörgelnde Kinder und schlecht gelaunte Ehepartner zwischen Job, Bügelwäsche und Elternsprechtag mit dem Erforderlichen zu versorgen. Nicht gemeint ist die Mousse au Soundso an einem Sößchen von diesem mit aromatisiertem Dings von jenem und einem Hauch von wieder etwas anderem. Das hat mit der Art von Kochen, um die es hier geht, nichts gemein, das ist einfach nur dekadent.
Die Rezepte, die mich beim Überleben begleitet haben und die im Text Erwähnung finden, habe ich zusammengetragen. Grund ist, dass mich die Kombination von Kochrezepten und fließendem Text fasziniert, seitdem ich als Jugendliche Simmels »Es muss nicht immer Kaviar sein« gelesen habe. Meiner Ansicht nach bedauerlicherweise ein völlig unterschätzter und zu Unrecht in Vergessenheit geratener Roman.
Und den Kritikern, Gutmenschen, Feingeistern und Sensibelchen, die erwartungsgemäß die Ansicht vertreten werden, Kochrezepte hätten in einem Buch, in dem es um schlimme Verbrechen geht, aus moralischer, kulinarischer, psychologischer oder sonstiger Sicht nichts verloren, und im Übrigen stelle dies eine bodenlose Geschmacklosigkeit dar, sei entgegnet: Essen und Trinken sind fixe und nicht wegzudiskutierende Bestandteile des Überlebens. Ob es einem passt oder nicht. Das weiß jeder, der mal Robinson Crusoe gelesen hat. Und das einzig wirklich Geschmacklose, das ich kenne, ist das Leben. Zumindest manchmal.
Bumbum
Das Grundrezept: in einen handelsüblichen 10-Liter-Haushaltseimer 4 l Wodka, 1 l Batida de Coco, ½ l Amaretto, 4 l Ananas- oder Grapefruitsaft sowie eine Dose Kokosmark und 3 Fingerhüte Rosenöl geben, das alles gut verrührt und eisgekühlt servieren. Schmeckt wirklich spitze, behauptet mein Mann. Aber natürlich stimmt das nicht. Siehe oben.
Spaghetti aglio e olio
Spaghetti al dente kochen. Dazu das Wasser leicht salzen und einen Klecks Butter dazugeben. Das hilft gegen das Überkochen. Olivenöl ins Wasser zu geben, schadet nichts, nützt aber auch nichts. Ab und zu mal mit einer Gabel umrühren. Während die Spaghetti kochen, einige Knoblauchzehen fein schneiden und in reichlich, wirklich reichlich gutem Olivenöl weich, aber nicht braun braten. Eventuell 1 bis 2 getrocknete oder frische Chilischoten, klein gehackt oder geschnitten, hinzugeben.
Heiße Spaghetti in einer Schale mit dem Knoblauch-Öl vermengen. Grob gehobelten, frischen Parmesan dazu – fertig. Natürlich kann man das Ganze noch mit getrockneten Tomaten, gerösteten Pinienkernen, weißem Balsamico oder Rucola aufpeppen. Und ehe man zu dem weißen Parmesanpulver aus dem Tütchen im Kühlregal greift – besser ganz auf Käse verzichten. Oder gleich einen Sack Holzspäne kaufen. Die schmecken nämlich genauso, nehme ich an.
Sauerfleisch
2 kg gepökelten Schweinenacken (vorbestellen) in einen kochenden Sud aus 4 großen Zwiebeln (in Scheiben), ½ Liter
Weitere Kostenlose Bücher