Sieben Stunden im April
meinem neuen Leben hängen sie im Bad.
Das Foto meines Mannes, das nicht umgekippt ist, als die Jalousie daraufkrachte, liegt heute in einem Pappkarton. Zusammen mit anderen Büroutensilien. Mit Kugelschreibern, Merkzetteln, Visitenkarten, Büchern. Was sich im Laufe der Jahre halt so ansammelt.
Manchmal, an sehr guten Tagen, krame ich in den Kartons, die mein altes Leben enthalten. Die in der Ecke stehen und warten. Auf was auch immer.
Beim Herumstöbern fällt mir hin und wieder das Foto in die Hände. Das Foto in dem schmalen Holzrahmen. Ich werde es nie wieder irgendwo hinstellen. Den täglichen Anblick könnte ich nicht ertragen. Aber immer, wenn ich es ansehe, denke ich:
Danke.
Ein Jahr später
Danke.
Es ist jetzt ungefähr ein Jahr her, dass ich meine Geschichten vom Überleben mit diesem Wort abgeschlossen habe. Zwischenzeitlich ist aus dem, was anfänglich nur eine vage Idee war, ein Manuskript geworden, aus dem Manuskript sind Satzfahnen entstanden, aus den Satzfahnen schließlich ein richtiges Buch. Maßgeblich begleitet hat diesen Prozess meine Lektorin Heike Hermann. Ihr dafür an dieser Stelle zu danken, käme mir zu schlicht und zu einfallslos vor. Stattdessen: Mast- und Schotbruch, Frau Hermann. Und immer eine Handbreit Wasser unterm Kiel.
Was hat sich in diesem Jahr noch getan? Nun, meinen Rucksack trage ich weiter mit mir herum. Er ist leichter geworden. Leer ist er noch lange nicht.
Ich trenne immer noch zwischen meinem alten und meinemneuen Leben, aber es tut weniger weh als noch vor einem Jahr: Lass es zu, dass die Zeit sich um dich kümmert 3 …
Japanisch lerne ich nicht mehr. Auch mein Maß an sportlichen Aktivitäten hat sich wieder normalisiert. Als Psychologin arbeite ich nicht mehr und ich weiß nicht, ob ich das jemals wieder tun möchte. Auf den Malediven war ich immer noch nicht und wenn sich meine Flugangst nicht bald legt, werde ich deren Atolle wohl auch nicht mehr zu Gesicht bekommen. Besonders tragisch finde ich das eigentlich nicht. Meer ist Meer.
Im Sommer letzten Jahres hat mich dann ein kleines Hundemädchen gefunden und ist auch gleich bei uns eingezogen. Sie heißt Emmi – ein Kompromiss zwischen Emma und Heidi. Emmi weiß und versteht natürlich nichts von einem alten Leben. Trotzdem passt sie auf mich auf.
Und meine sonstigen Pläne?
Leben.
Susanne Preusker im Sommer 2011
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ÜBER DIE AUTORIN
SUSANNE PREUSKER ist Diplom-Psychologin und Psychotherapeutin. Sie war Leiterin einer sozialtherapeutischen Abteilung für Sexualstraftäter in einem Hochsicherheitsgefängnis. Sie lebt in Straubing und Magdeburg.
www.susanne-preusker.de
ÜBER DAS BUCH
Ihre Geschichte ging durch alle Medien. Die Gefängnispsychologin Susanne Preusker wird an ihrem Arbeitsplatz, dem Hochsicherheitsgefängnis in Straubing, von einem inhaftierten Sexualstraftäter sieben Stunden lang eingesperrt, mit dem Tode bedroht und vergewaltigt. Ungeschminkt und mit erzählerischer Präzision schildert Susanne Preusker das Unvorstellbare, die Todesangst, aber vor allem, wie sie nach dem Martyrium überlebt hat.
Ein mutiges und trotz aller Erschütterung optimistisches Buch, das einen schon nach wenigen Zeilen in seinen Bann zieht.
Auch als Printausgabe erhältlich.
IMPRESSUM
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Umschlaggestaltung: Finken & Bumiller, Stuttgart
Umschlagabbildung: an.ma.nie / photocase.com
Hergestellt in Deutschland
ISBN 978-3-8436-0038-5 (Print)
ISBN 978-3-8436-9038-6 (eBook)
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