Sigma Force 03 - Der Genisis Plan
näherten sich der Vorderseite der Burg, und er hatte recht. Schließlich hörte er sogar das leise Pfeifen des Windes. Offenbar hatte der Sturm wieder zugelegt. Der Hüne klopfte an eine mit Schnitzereien verzierte Holztür. Eine gedämpfte Stimme forderte ihn zum Eintreten auf. Daraufhin öffnete er die Tür. Warmer Lampenschein und ein Schwall warmer Luft drangen auf den Gang heraus.
Ihr Bewacher trat über die Schwelle und hielt die Tür auf. Painter geleitete Lisa in den Raum und blickte sich forschend um. Sie befanden sich in einem rustikal eingerichteten Arbeitszimmer mit einer Bibliothek, die sich über zwei Etagen erstreckte. Die obere Ebene wurde von einer schmucklosen Galerie aus Metall gesäumt. Den einzigen Zugang bot eine steile Leiter.
Die Wärme stammte von einem großen Kamin, in dem ein kleines Feuer brannte. Ein uniformierter deutscher Soldat in Öl blickte auf sie herab.
Mein Großvater, erklärte Anna Sporrenberg. Sie erhob sich hinter dem mit Schnitzereien verzierten monströsen Schreibtisch. Auch sie trug eine dunkle Jeans und Pullover. Offenbar war das in der Burg das Standartoutfit. Er hat die Burg nach dem Krieg übernommen. Sie deutete auf die im Halbkreis vor dem Kamin aufgestellten Lehnsessel. Sie sah aus, als hätte sie in der Zwischenzeit kein Auge zugetan. Außerdem roch sie verqualmt, als wäre sie mit Schießpulver in Berührung gekommen. Interessant.
Painter sah ihr in die Augen, als sie sich zu den schweren Sesseln begaben. Es kribbelte ihm im Nacken. Trotz ihrer Erschöpfung war ihr Blick lebhaft und durchdringend. Schlauheit und berechnende Habgier zeigten sich darin. Sie eine Person, mit der man rechnen musste. Auch sie versuchte sich offenbar ein Bild von ihm zu machen.
Was ging hier vor? Bitte setzen Sie sich, sagte sie auf Deutsch und deutete abermals auf die Sessel. Painter und Lisa nahmen Platz. Anna setzte sich ihnen gegenüber. Der Wachposten nahm mit vor der Brust verschränkten Armen bei der geschlossenen Tür Aufstellung. Painter wusste, dass die anderen Männer draußen warteten. Er hielt Ausschau nach einer Fluchtmöglichkeit. Der einzige andere Ausgang war ein tief in die Mauer eingelassenes vergittertes Fenster. Es gab kein Entrinnen.
Er konzentrierte sich auf Anna. Vielleicht gab es ja noch einen anderen Ausweg. Anna wirkte vorsichtig, hatte sie aber bestimmt nicht grundlos herbringen lassen. Er musste ihr möglichst viele Informationen entlocken, dabei aber äußerst behutsam vorgehen. Ihm fiel Annas Ähnlichkeit mit dem Mann auf dem Ölgemälde auf. Immerhin ein Anfang.
Sie sagten, Ihr Großvater habe die Burg übernommen, bemühte Painter sich um eine unverfängliche Eröffnung. Wem gehörte sie davor?
Anna lehnte sich zurück. Offenbar tat es ihr gut, einen Moment still dasitzen zu können. Gleichwohl wirkte sie konzentriert. Die Hände auf dem Schoß gefaltet, blickte sie kurz zu Lisa hinüber, dann sah sie Painter an. Das Granitschloss hat eine lange und dunkle Geschichte, Mister Crowe. Sagt Ihnen der Name Heinrich Himmler etwas?
Der zweitmächtigste Mann nach Hitler? Ja. Der Reichsführer SS, ein Schlächter und Wahnsinniger. Mit ihrer Charakterisierung überraschte sie Painter. War das eine Finte? Vielleicht ein Spielzeug, doch die Regeln des Spiels kannte er nicht … jedenfalls noch nicht.
Himmler hielt sich für die Reinkarnation König Heinrichs, fuhr Anna fort, des Sachsenkönigs aus dem zehnten Jahrhundert. Er glaubte sogar, er erhielte Botschaften von ihm. Painter nickte. Ich habe gehört, er interessierte sich für Okkultismus.
Eher war er besessen davon. Anna zuckte mit den Schultern. Diese Leidenschaft teilte er mit vielen Deutschen. Das geht bis zu Helena Blavatsky zurück, die den Begriff des Arischen geprägt hat. Sie behauptete, bei Studien in einem buddhistischen Kloster in den Besitz von Geheimwissen gelangt zu sein. Ihre Lehrer hätten ihr verraten, die Menschheit stamme von einer überlegenen Rasse ab, die irgendwann einen neuen Aufschwung nehmen werde. Die sprichwörtliche Herrenrasse, meinte Painter.
Genau. Hundert Jahre später mischte Guido von List ihre Theorien mit germanischer Mythologie und schrieb er mythischer arischer Rasse eine nordische Herkunft zu. Und die Deutschen verschlangen sein Buch, sagte Painter, um sie noch mehr aus der Reserve zu locken. Warum auch nicht? Nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg kam ihnen das gerade recht. Die deutschen Geheimlogen nahmen es begeistert
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