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Sigma Force 05 - Das Messias-Gen

Titel: Sigma Force 05 - Das Messias-Gen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Rollins
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mit uns«, flehte die junge Frau. »Es ist noch nicht zu spät. Wir können uns noch immer mit den anderen zusammen in die hoch gelegenen Höhlen flüchten.«
    Pythia legte ihr beruhigend die Hand auf die Schulter. Im Laufe der Nacht hatten sich die anderen Frauen über die zerklüfteten Berghöhen in die Dionysoshöhlen zurückgezogen, die ihnen Schutz bieten würden. Pythia aber hatte noch eine letzte Aufgabe zu erfüllen.
    »Herrin, es bleibt keine Zeit mehr für die letzte Prophezeiung.«
    »Ich muss es tun.«
    »Dann tu es jetzt. Ehe es zu spät ist.«
    Pythia wandte sich ab. »Wir müssen warten, bis der siebte Tag anbricht. So haben wir es immer gehalten.«
    Als die Sonne am Abend zuvor untergegangen war, hatte
Pythia mit den Vorbereitungen begonnen. Sie hatte in der kastilischen Quelle gebadet, hatte von der Kassotisquelle getrunken und auf dem schwarzen Marmoraltar des Tempels Lorbeerblätter verbrannt. Sie hatte das Ritual peinlich genau befolgt, so wie die erste Pythia vor Tausenden von Jahren.
    Diesmal aber war das Orakel bei seinem Reinigungsritual nicht allein gewesen.
    Ein Mädchen von kaum zwölf Jahren hatte ihm Gesellschaft geleistet.
    Ein solch kleines Geschöpf von seltsamem Gebaren.
    Das Kind hatte nackt im Quellwasser gestanden, während die ältere Frau es gewaschen und gesalbt hatte. Es hatte kein Wort gesprochen, sondern lediglich den Arm ausgestreckt und die Hand geöffnet und geschlossen, als ob es nach etwas greifen wollte, das es allein sehen konnte. Welcher Gott hatte das Kind bestraft und es gleichzeitig gesegnet? Bestimmt nicht Apollo. Was es vor dreißig Tagen gesagt hatte, konnte jedoch nur von den Göttern stammen. Seine Worte hatten sich verbreitet und das Feuer entfacht, das nun auf Delphi zuwanderte.
    Ach, hätte man das Kind doch nicht hierhergebracht.
    Pythia hatte sich damit abgefunden, dass Delphi allmählich in Vergessenheit geriet. Sie erinnerte sich an den unheilkündenden Ausspruch einer ihrer Vorgängerinnen, die bereits seit mehreren Hundert Jahren tot war.
    Kaiser Augustus hatte ihre verstorbene Schwester gefragt: »Weshalb ist das Orakel verstummt?«
    Und sie hatte geantwortet: »Ein Hebräerjunge, ein Gott, der unter den Seligen herrscht, gebietet mir, dies Haus zu verlassen …«
    Diese Prophezeiung hatte sich erfüllt. Der erstarkende Christuskult hatte das Reich zerstört und alle Hoffnung auf eine Wiederherstellung der alten Bräuche zunichtegemacht.

    Dann hatte man vor einem Monat das seltsame Mädchen zum Tempel gebracht.
    Pythia wandte den Blick von den Flammen ab und schaute zum Adytum, dem innersten Heiligtum des Apollotempels. Dort wartete das Mädchen.
    Sie war eine Waise aus der fernen Stadt Chios. Im Laufe der Jahrhunderte hatte man viele solche Kinder hierhergebracht, deren Eltern danach trachteten, die Last der Erziehung der Schwesternschaft aufzubürden. Die meisten waren abgewiesen worden. Nur die geeigneten Mädchen durften bleiben; die unverdorbenen mit geraden Gliedmaßen und klarem Blick. Ein minderwertiges Gefäß hätte Apollo für seine Prophezeiungen nicht akzeptiert.
    Als man diese Weidengerte von einem Mädchen nackt auf den Tempelstufen präsentiert hatte, hatte Pythia ihr zunächst keine Beachtung geschenkt. Das Kind war ungekämmt, das dunkle Haar verfilzt und zottig, die Haut von Pockennarben verunstaltet. Pythia aber hatte gespürt, dass mit dem Kind etwas nicht stimmte. Es schaukelte mit dem Oberkörper vor und zurück. Seine Augen schauten blicklos in die Welt.
    Seine Begleiter hatten behauptet, das Kind stehe in Kontakt mit den Göttern. Es könne auf einen Blick erkennen, wie viele Oliven in einem Baum hingen, und genau vorhersagen, wann ein Schaf werfe, ohne es auch nur zu berühren.
    Diese Geschichten hatten Pythias Interesse geweckt. Sie rief dem Mädchen zu, es solle zum Tempeleingang kommen. Das Kind gehorchte, bewegte sich aber ungelenk, als werde es vom Wind vorwärtsgetrieben. Pythia fasste es bei der Hand und zog es auf die oberste Tempelstufe.
    »Kann du mir deinen Namen sagen?«, fragte sie das magere Kind.
    »Sie heißt Anthea«, antwortete einer ihrer Begleiter vom Fuß der Treppe aus.

    Pythia musterte das Kind forschend. »Anthea, weißt du, weshalb man dich hierhergebracht hat?«
    »Dein Haus ist leer«, murmelte das Kind mit niedergeschlagenem Blick.
    Dann kann sie also immerhin sprechen . Pythia blickte ins Tempelinnere. In der Mitte des großen Saals brannte das Feuer. Im Moment war der Tempel tatsächlich leer,

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