Signale des Körpers: Körpersprache verstehen (German Edition)
Überzeugungskraft! Sie erzeugt im anderen vage unbehagliche Gefühle des »Das-glaube-ich-nicht«, nur mit dem Unterschied, daß der Geübte genau , weiß, welche Signale diese Gefühle ausgelöst haben. Daher kann er ihnen durch eine Kontrolle nachgehen, wenn er dies wünscht. Dies vergrößert nicht nur seine Fähigkeit andere zu verstehen, es verhindert auch Mißverständnisse, die u. U. beiden Parteien viele Nachteile bringen können.
So kann ein unsicherer Mensch aufgrund seiner Unsicherheit inkongruente Signale aussenden. Vielleicht sagt er (auf der Inhaltebene), wie sehr er sich freue, uns kennenzulernen (bzw. wiederzusehen), während er auf der Beziehungsebene (körpersprachlich) keinerlei Freudesignale aussendet. Typisches Beispiel: Sie sitzen bei Freunden, deren Nachbar kommt herein und wird Ihnen vorgestellt. Wenn dieser Nachbar ein Mensch ist, dem Kontakte zu Fremden schwerfallen, dann erhöht sich die Wahrscheinlichkeit inkongruenter Signale der oben beschriebenen Art. Hieraus können wir ableiten:
Unsicherheit führt häufig zu Inkongruenz, die jedoch leicht falsch interpretiert werden kann.
Deswegen kann es uns nicht verwundern, warum man, wie oben schon einmal erwähnt, scheue, schüchterne, gehemmte Menschen so oft als »arrogant« empfindet. Gerade dieses Beispiel zeigt, wie sehr die ungeschulte, intuitive, gefühlsmäßige Interpretation körpersprachlicher Signale irren kann. Leider löst jedoch dieser Irrtum beim Ungeübten häufig den sog. PYGMALION-Effekt (ROSENTHAL, 72) aus, der dazu führt, daß wir die Person, gleich Pygmalion, nach unserem Bilde von ihr verändern! Unser Eindruck, der andere sei »arrogant«, löst nun feindselige Signale unsererseits aus, die im anderen gerade jene Unsicherheit verstärken, welche ursprünglich seine »arroganten« Signale ausgelöst hatten. Dadurch verstärkt sich aber unser »negativer« Eindruck, was wiederum unsere negativen Signale der Beziehungsebene verstärkt, usw., usw. Somit schöpfen wir den anderen, gleich Pygmalion, zu einer arroganten Person um, wobei wir am Ende dieses Prozesses auch noch das Gefühl haben, es »gleich gewußt zu haben, was für ein arroganter Kerldas doch ist?« Ähnliches geschieht z. B., wenn ein Lehrer, ein Ausbilder (oder ein Elternteil) ein Kind beobachtet, das schlecht sieht oder hört, und die Signale des Kindes (das sich »krampfhaft« zu verstehen bemüht), falsch interpretiert! Wie leicht glaubt man dann, das Kind sei »zu dumm«. Dann behandelt man es, als sei es wirklich zu dumm, woraufhin es Minderwertigkeitsgefühle und Ängste entwickeln wird, die zu den sog. Denkblockaden (= psychologischen Nebel) führen, so daß das Kind bald auf alle einen »dummen« Eindruck machen kann. Womit die selbsterfüllende Prophezeiung sich wieder einmal bewahrheitet hätte! Was wiederum eine Bestätigung der ursprünglichen Fehlinterpretation darzustellen scheint! Ähnliches erleben auch viele Ausländer (Kinder wie Erwachsene), deren Sprachfähigkeiten noch begrenzt sind, was unsere digitalen Signale angeht. Auch sie werden gerne vorschnell als »dumm«, »ungebildet«, »unintelligent«, oder gar »primitiv« eingestuft, was dann zu diesbezüglichen Signalen führt, die wir ihnen auf der Beziehungsebene senden: Wir sprechen in einem Tonfall, den man für Kleinkinder und Halbidioten reserviert, wir verfallen in eine primitive Art von »Babysprache« (Du Kiste dahin stellen!) und wir deuten durch zahlreiche andere Signale des Körpers an, wie wenig wir von ihnen halten. Natürlich sind wir uns dabei nicht bewußt, daß diese unsere Signale des Körpers sie erst »so« machen, wie wir sie haben wollten, nur, daß wir dies ja eigentlich nie »gewollt« haben!
Übrigens wird der Pygmalion-Effekt zu ca. 95% durch körpersprachliche Signale ausgelöst 1 !
Sicher leuchtet es jetzt ein, warum ich die in jedem Seminar auftauchende Frage: »Wie richtig ist der erste Eindruck, den man von einer Person hat?« beantworte, indem ich zu größter Vorsicht rate. Wenn dieser erste Eindruck (vgl. auch Kap. 1.1 ) ein »positiver« war, ist es ungefährlicher davon auszugehen, er sei korrekt. Sollte er jedoch »negativ« sein, dann ist die Auswirkung des Pygmalion-Effekts besonders gefährlich. Vielleicht ver-urteilen wir einen schüchternen Menschen, weil er »überheblich« wirkt? Vielleicht haben wir neutrale Signale falsch interpretiert, weil wir gerade verärgert waren? Vielleicht hatte diese Person gerade einen »schlechten Tag« oder
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