Silberband 019 - Das Zweite Imperium
mächtige Trossen ausgefahren wurden, die es fest verankerten. Die Stahlarme legten sich um
die unregelmäßige Hülle an Heck und Bug. In der Mitte blieb die Ausstiegsluke frei.
»Wir haben es«, sagte Major Bergier mit einem leichten Vibrieren in der Stimme. »Sie können an
Bord von T-35 kommen.«
Kärntner gab seinen Mitarbeitern ein Zeichen. Sie hatten alle lange genug darauf gewartet. Die
Raumanzüge waren geschlossen. Längst schon war im Innern des Beuteschiffs keine Atemluft mehr.
Einer nach dem anderen verließen die Wissenschaftler die große Ladeluke und standen dann auf der
Plattform des Tenders.
Am Bug der Plattform erhob sich der Kuppelaufbau. Dort öffnete sich in diesem Augenblick die
Einstiegsluke. In Kärntners Empfänger klang Bergiers Stimme auf.
»Wir werden in wenigen Minuten Fahrt aufnehmen, Doktor. Beeilen Sie sich, damit Sie von der
Plattform verschwinden.«
Die Wissenschaftler betraten den Aufbau. Hinter ihnen schloß sich die Luke, und Luft strömte
in die riesige Schleusenkammer. Sie konnten ihre Helme abnehmen. Ein Offizier kam und brachte sie
in die Quartiere. Kärntner wurde in die Steuerzentrale des Tenders geführt, wo er von Major
Bergier begrüßt wurde.
»Freut mich, Doktor, Sie auf meinem Tender zu sehen. Nun, wie war es in dem fremden Kasten
dort?«
Kärntner sah durch die ovalen Sichtluken auf die Plattform hinab, wo das Beuteschiff reglos
unter der Verklammerung ruhte. Er schüttelte sich. »Ehrlich gesagt – nicht besonders
angenehm. Das Schiff ist unheimlich, wenn ich mich so ausdrücken darf.«
»Ich kann es mir denken. Sehen Sie sich nur die Instrumente an, Doktor. Die Strahlung ist
verdammt stark.«
Er schwieg plötzlich. Sein Gesicht war nachdenklich. Ohne weiter auf Kärntner zu achten, nahm
er Verbindung mit Rhodan auf und meldete die Beendigung der Bergungsaktion.
Rhodan sagte: »Es ist gut, Major. Gehen Sie sofort auf Linearflug und nehmen Sie Kurs auf
Terra. Das Beuteschiff muß so schnell wie möglich untersucht und das Molkex analysiert werden.
Ich erwarte von Dr. Kärntner in den nächsten Tagen einen ausführlichen Bericht.«
»Kurs Terra«, wiederholte Bergier und wartete, bis Rhodan die Verbindung unterbrochen hatte.
Dann erst gab er seine Anweisungen an die Besatzung.
Das Summen im Innern der Plattform verstärkte sich.
Die MANOLI und die Flotte blieben zurück. Der Tender erhöhte seine Geschwindigkeit und
entfernte sich immer schneller von den übrigen Schiffen. In einem Bogen, der einen Radius von
vielen Lichtminuten besaß, änderte sich der Kurs. Der Bug des Tenders zeigte auf die
Zusammenballung der Sterne im Milchstraßenzentrum.
Kurz bevor die Lichtgeschwindigkeit erreicht wurde, setzte einer der Konverter aus. Er gab
noch einige zögernde Energiestöße ab, dann geschah nichts mehr. Die Geschwindigkeit blieb
konstant. Sie reichte aber nicht aus, den Tender in den Halbraum hineingleiten und
Überlichtgeschwindigkeit aufnehmen zu lassen.
Major Bergier warf der unförmigen dunklen Masse auf der Plattform einen schnellen Blick zu,
dann alarmierte er die Techniker. Die erste Untersuchung des Konverters brachte eindeutig das
Ergebnis, daß er durch unbekannte Strahleinwirkung außer Betrieb gesetzt worden war.
»Das Molkex«, murmelte Kärntner vor sich hin. »Die Ausstrahlung ist stärker, als wir
angenommen haben. Ein Teufelszeug.«
»Wir müssen damit fertig werden«, sagte Bergier wütend. »Vielleicht kann eine Neutralisation
erreicht werden, wenn wir in den Halbraum vordringen. Dort sollten die fünfdimensionalen
Strahlungen unwirksam werden.« Er gab erneute Anweisungen an die Antriebszentrale durch. »Wir
versuchen es mit Gewalt. Müssen eben die anderen Konverter herhalten und mehr leisten.«
Es stellte sich heraus, daß diese Maßnahme richtig war.
Die T-35 erreichte die Übergangsgeschwindigkeit, und der Kalup schleuderte das Schiff in den
Halbraum. Der ausgefallene Konverter begann sofort wieder zu arbeiten. Die Flotte des Imperiums
verschwand von den Bildschirmen.
Der Tender raste auf die weiß schimmernde Kugel der tausend Sonnen zu, die ihm die Richtung
zur fernen Erde wiesen.
Fast im selben Augenblick, in dem Major Bergier die Flucht aus dem Einstein-Universum gelang,
passierte das, was Rhodan schon lange erwartet und befürchtet hatte.
Auf den Wandbildschirmen der Hypertaster der vorgeschobenen Beobachtungsschiffe waren die
Formationen der fremden Flotte deutlich zu erkennen. Alle
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