Silberband 036 - Die Zeitpolizei
Khon ließ sich zurücksinken. »Was ist mit den Modulationswelten geschehen?« fragte er.
»Sind sie alle in einem ähnlichen Zustand wie der zweite Planet dieses Systems?«
»Ja«, mußte der Perlian zugeben.
»Der Schwingungsalarm beweist mir, daß auch die Kristallplaneten den Angriffen der Fremden zum
Opfer gefallen sind«, sagte Tro Khon.
Das Schweigen des Drittkonditionierten sagte mehr als viele Worte.
»Unter diesen Umständen fällt es mir schwer, daran zu glauben, daß die Perlians sich noch zu
einem entscheidenden Kampf aufraffen können«, sagte Tro Khon. »Ich nehme an, daß die
Schwingungswächter das verlorene Gebiet ohne Hilfe zurückerobern müssen. Uns wird auch die
Aufgabe zufallen, die Zeitverbrecher endlich zu bestrafen. Hoffentlich kommt es in der
Zwischenzeit nicht zu neuen Experimenten.«
Bevor der Perlian etwas sagen konnte, winkte Tro Khon ihm zu.
»Genug geredet«, sagte er.
Die Verbindung wurde unterbrochen. Auf den Bildschirmen konnte der Zweitkonditionierte
beobachten, wie die drei perlianschen Schiffe sich formierten.
An Bord des gegnerischen Schiffes schien man von den Vorgängen noch nichts bemerkt zu
haben.
Das würde sich ändern, sobald der Eisplanet in Trümmer geschossen wurde.
Ein Zwischenfall, der keiner war.
So hatte Camaron Olek das Vorkommnis bezeichnet, das Leutnant Zabroks Entdeckung ausgelöst
hatte. Für Olek war die Enttäuschung um so größer, als ein inzwischen eingegangener Befehl die
Besatzung der GOLDEN STAR anwies, die augenblickliche Position beizubehalten und weiterhin als
Funkbrücke zu dienen.
Die Funker des Leichten Kreuzers waren während dieser Stunden die einzigen Mitglieder der
Besatzung, die pausenlos zu tun hatten. Olek und Daveen Reis lösten sich in der Zentrale der
GOLDEN STAR regelmäßig ab. Wenn Reis Dienst hatte, zog Olek es meistens vor, ebenfalls im
Kommandoraum zu bleiben. In seiner Kabine hielt er es sowieso nur aus, wenn er müde genug war, um
ein paar Stunden zu schlafen.
Reis hatte sich inzwischen daran gewöhnt, daß der Captain ein paar Meter von ihm entfernt im
Sessel saß und ab und zu seinem Unmut Luft machte.
»Wenn wir uns nicht im Einsatz befänden, hätte ich vielleicht Chancen, an Bord eines anderen
Schiffes zu kommen«, überlegte Camaron Olek. »Inzwischen habe ich drei schriftliche Bewerbungen
abgefaßt, die ich jedoch erst dann an das Hauptquartier schicken kann, wenn die
Auseinandersetzungen in der Großen Magellanschen Wolke ein Ende gefunden haben. Während eines
Großalarms werden keine Offizierswechsel vorgenommen.«
»Man hofft, daß Sie an Bord der GOLDEN STAR lernen, Ihr Temperament zu zügeln«, antwortete
Reis, der niemals müde wurde, den Captain zu besänftigen. »Im Augenblick sieht es jedoch nicht so
aus, als hätten Sie aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt.«
»Ich beneide Sie um Ihre Fähigkeit, die Dinge so zu nehmen, wie sie sind«, sagte Olek.
»Vielleicht gelingt mir das in zwanzig oder dreißig Jahren.«
»Bis dahin sind Sie einer Herzattacke erlegen«, prophezeite Reis.
»Das kann schon sein«, gab Olek zu. »Inzwischen jedoch werde ich …«
Reis kam nicht mehr dazu, in Erfahrung zu bringen, was Olek bis zur Erreichung seines
vierundsechzigsten Lebensjahres zu tun gedachte, denn in diesem Augenblick begannen die
Alarmanlagen der GOLDEN STAR zu schrillen und schnitten dem Captain das Wort ab.
Reis griff nach dem Mikrophon des Interkoms und befahl, den HÜ-Schirm um das Kurierschiff zu
legen. Dann erst gab er dem Leitenden Offizier der Ortungszentrale Gelegenheit, mit ihm zu
sprechen.
»Drei Schiffe der Perlians befinden sich im Anflug auf den Eisplaneten«, sagte der aufgeregte
Mann. »Sie haben begonnen, diese Welt mit ihren noch unbekannten, unheimlichen Waffen unter
Beschuß zu nehmen.«
Daveen Reis hob den Kopf. Auf dem Panoramabildschirm konnte er gerade noch beobachten, wie der
kleine Planet, der in weitem Abstand um seine Sonne kreiste, von einem Moment zum anderen
zerbarst.
Während Reis noch mit aufgerissenen Augen auf diese Szene starrte, war Camaron Olek bereits
aufgesprungen und in die Funkkabine gestürmt.
»Alarm!« schrie er den Funkern zu. »Alle Nachrichtenübermittlungen von geringerer Bedeutung
einstellen. Geben Sie sofort einen Funkspruch an die CREST IV durch!«
Ohne auf eine Antwort zu warten, rannte Olek in den Kommandoraum zurück und ließ sich neben
Reis in einen Sessel sinken. Seine Blicke fanden den Bildschirm.
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