Silberband 036 - Die Zeitpolizei
dafür keine Erklärung gibt.«
»Warum nicht?« Hastings deutete in Richtung der großen Reliefbildschirme der GOLDEN STAR. »Sie
vergessen, daß während des Kampfes um Modula II unzählige Torpedos, Raketen und andere Waffen ihr
Ziel nicht fanden und in den Weltraum abtrieben. Eine solche Waffe ist auf der Eiswelt abgestürzt
und hat diesen seltsamen Effekt erzeugt.«
»Dann muß es eine perliansche Waffe gewesen sein«, sagte Leutnant Zabrok. »Keine terranische
Bombe würde eine solche Wirkung erzielen.«
»Das kann man nicht wissen«, versetzte Hastings. »Wenn mehrere Faktoren zusammenwirken, kann
es durchaus zu einem solchen Phänomen kommen.«
Reis hob die Hände. »Einen Augenblick!« stieß er hervor. »Hier geht es in erster Linie um die
Sicherheit dieses Schiffes. Wir müssen damit rechnen, daß gegnerische Mächte am Werk sind. Lassen
sich auf diesem Bild Hinweise finden, aus denen man auf die Tätigkeit eines Raumschiffes
schließen könnte?«
»Nein«, sagte Hastings.
»Sind Sie sich darüber im klaren, daß eventuell das Schicksal der GOLDEN STAR von Ihren
Informationen abhängt?« sagte Reis ernst. »Wenn Sie den Verdacht haben, daß fremde Raumschiffe in
diesem Raumsektor operieren, müssen Sie uns unterrichten, Doc.«
Hastings lächelte.
»Machen Sie sich keine Sorgen, Major. Ich bin vollkommen sicher, daß uns keine Gefahr droht.
Warum sollten wir vor einer Eiswolke die Flucht ergreifen?«
In diesem Augenblick beging Reis den entscheidenden Fehler seines Lebens. Er verließ sich auf
die Aussage eines verärgerten Wissenschaftlers.
»Wir behalten unsere Position bei«, ordnete Daveen Reis an. »Der Alarmzustand wird aufgehoben.
Bei irgendwelchen Zwischenfällen möchte ich aber sofort benachrichtigt werden.«
Zur gleichen Sekunde, als Reis diesen Befehl gab, hob der Dolan von der Oberfläche des
Eisplaneten ab und startete in den Weltraum.
Das Raumschiff der Zeitverbrecher hatte seine Position nur unwesentlich verändert.
Auf den Kontrollschirmen von Exekutor Nr. 4 war es deutlich zu erkennen.
Tro Khon kauerte in der engen Kommandozentrale und verfolgte den Start des Retortenwesens. Der
Zweitkonditionierte wußte, daß die Umstände für ein Gelingen seines Planes sprachen. Das Gebiet,
in dem sich der Dolan jetzt aufhielt, wurde von Impulsen aller Art überschwemmt. Unter diesen
Umständen war eine Ortung wenig wahrscheinlich. Trotzdem hatte Tro Khon zusammen mit den sechs
Exekutoren alle nur erdenklichen Vorsichtsmaßnahmen getroffen. Abgesehen davon durfte sich der
Zweitkonditionierte keinen weiteren Zeitverlust erlauben.
Exekutor Nr. 6 hatte einen starken Abwehrschirm um den Dolan errichtet, so daß eventuelle
Angriffe zurückgeschlagen werden konnten. Soweit wollte es Tro Khon jedoch nicht kommen
lassen.
»Flug verlangsamen«, befahl er dem zweiten Bewußtseinshüter. »Auf Warteposition gehen.«
Der Dolan reagierte sofort auf die entsprechenden Impulse des Exekutors für Flugtechnik. Die
hundert Meter durchmessende Gewebekugel schwebte fast bewegungslos im Raum.
Tro Khon trat mit dem vierten Kontrolleur in Verbindung, der außer dem Ortungssystem auch die
Funkanlage überwachte.
Es kam darauf an, das gegnerische Schiff abzulenken. Der Schwingungswächter hatte bereits
einen festumrissenen Plan.
Exekutor Nr. 4 setzte einen Kurzfunkspruch ab, der von allen perlianschen Schiffen in einem
Umkreis von hundert Lichtjahren aufgefangen werden mußte. Tro Khon wußte, daß diese
Nachrichtenübermittlung gefährlich war. Wenn die Besatzung des gegnerischen Schiffes den kurzen
Funkspruch auffing, konnte der Dolan leicht angepeilt werden. Tro Khon vertraute jedoch auf die
Erfahrung von Exekutor Nr. 4, der genau wußte, wie er in der gegenwärtigen Situation zu handeln
hatte. Ein gut verschlüsselter Funkruf würde in dem augenblicklich herrschenden Impulschaos
überhaupt nicht auffallen. Tro Khon wußte so gut wie nichts über die Mentalität der
Zeitverbrecher, aber er war bei seinen Überlegungen von allgemein gültigen psychologischen
Gegebenheiten ausgegangen.
Ungeduldig wartete er auf die Ankunft der drei angeforderten perlianschen Raumschiffe. Er
mußte damit rechnen, daß sich das feindliche Schiff plötzlich zurückzog. Ein solches Manöver
würde zu einer erneuten Verzögerung führen. Die Unsicherheit machte Tro Khon ruhelos. Er mußte
sich dazu zwingen, innerhalb der kleinen Zentrale zu bleiben. Immer wieder ertappte er sich
dabei, wie
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