Silberband 043 - Spur zwischen den Sternen
Vorwürfe von seiten meiner Offiziere und wissenschaftlichen Experten zu hören. Ich sei zu weich gewesen, hätte zu schnell aufgegeben. Nun säßen wir hier und könnten den Rest unseres Lebens im Schiff oder in dem windgeschützten Talkessel verbringen. Es kostete mich eine gehörige Portion Überredungskunst, meine Freunde davon zu überzeugen, daß wir keine andere Wahl gehabt hatten, denn man hätte uns sofort und kompromißlos vernichten können, wenn man das gewollt hätte. Wir wären niemals in der Lage gewesen, uns gegen den Angriff der vier Kreiselschiffe wirksam zu verteidigen.
Ich weiß nun, daß ich in einem Wiederholungsfall anders handeln würde, aber es wird niemals diesen Fall geben. Mein Tagebuch soll warnen, unmißverständlich warnen. Wenn die Kreiselschiffe angreifen, wehrt euch, Terraner. Sie bringen den Tod.
Und wenn ihr ihnen entgegenkommt, bringen sie euch um!
Doch das alles wußte ich an diesem 25. November noch nicht. Die Gurrads verließen uns also, und wir blieben mehr oder weniger erleichtert zurück. Die Hyperfunkanlage war ebenfalls zerstört worden; es gab keine Möglichkeit für uns, einen Hilferuf auszusenden. Wir wußten, daß es in der KMW Schiffe der Solaren Flotte gab, aber wir konnten sie nicht mehr erreichen.
Wir konnten nur auf den unwahrscheinlichen Zufall vertrauen, daß eins dieser Schiffe neugierig genug war, das rote System anzufliegen und vielleicht auf dem Sturmplaneten zu landen.
Wir begannen, uns häuslich einzurichten.
Mittwoch, 8. Dezember 2436
Ich habe absichtlich die vergangenen vierzehn Tage übersprungen, denn in diesem Zeitraum ereignete sich praktisch nichts. Wir unternahmen mehrere Expeditionen und entdeckten auf der Ebene oberhalb des Talkessels seltsame Gräben. Einmal trafen wir auch mit Eingeborenen zusammen, aber sie flohen, als sie uns erblickten. Sie müssen uns für böse Geister gehalten haben. Wir gaben den Versuch bald auf, mit ihnen Kontakt aufzunehmen. Sie hätten uns auch nicht helfen können.
Am frühen Morgen meldete sich Ken Gardener, unser Chef Soziologe, krank. Er fühlte sich nicht wohl, klagte über Schwindelanfälle und stechende Kopfschmerzen. Doc Smith konnte mit den Symptomen nicht viel anfangen. Er legte Gardener ins Bett und gab ihm schmerzstillende Mittel, damit wenigstens die Kopfschmerzen nachließen.
Niemand machte sich Gedanken.
Freitag, 10. Dezember 2436
Mit Gardener ist eine erschreckende Veränderung vor sich gegangen. Sein Körper hat sich aufgebläht, und seine Haut spannte sich derart, daß sie fast zu platzen droht. Sie wurde hart wie Glas und spröde. Er ist die meiste Zeit bewußtlos. Doc Smith weiß sich keinen Rat. Die Krankheit ist absolut unbekannt und mit unseren Medikamenten nicht zu behandeln. Wir können nur hoffen, daß sie nicht ansteckend ist und ein Einzelfall bleibt. Vielleicht haben die Gurrads sie eingeschleppt.
Heute abend meldeten sich vier weitere Besatzungsmitglieder krank.
Sonntag, 12. Dezember 2436
Ken Gardener ist tot. Er starb unter Umständen, die so grauenhaft waren, daß sich alles in mir dagegen sträubt, es niederzuschreiben. Aber vielleicht muß ich es tun, denn eine Kenntnis über die Seuche – und es ist eine Seuche, die sich zum Glück aber offenbar nur von einem lebenden Organismus auf einen anderen lebenden überträgt – kann vielen Menschen einmal das Leben retten.
Gardeners Haut spannte sich im Verlauf von vier Tagen so, daß sie in der Tat zu platzen begann. Smith stellte fest, daß sie aber nicht nur der ungewöhnlichen Straffung wegen platzte, sondern weil in den Adern das Blut explodierte. Ja, es explodierte regelrecht, nachdem es sich in seinem Volumen nahezu verdoppelte. Dafür gab es keine vernünftige Erklärung. Wir sahen nur das Resultat, und das war fürchterlich genug.
Zwanzig weitere Personen haben sich heute krank gemeldet.
Im Schiff beginnt sich eine Panik auszubreiten. Wenn wir kein Gegenmittel finden, sind wir alle verloren.
Mittwoch, 15. Dezember 2436
In zehn Tagen ist Weihnachten, und wir haben gerade das zehnte Grab geschlossen. Auf der Rückseite unseres Schiffes liegt der Friedhof, weil dort der Boden weich genug ist. Wir wollten unsere Freunde nicht dem Konverter übergeben.
Ich lebe ganz allein in der Kommandozentrale und lasse niemanden herein. Im Schiff herrscht nicht nur Panik, sondern geradezu ein Chaos. Zweimal wurde bereits versucht, die Kommandozentrale zu stürmen, aber ich kann meinen verzweifelten Leuten auch nicht mehr
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