Silberband 048 - Ovaron
Händen. Ich konnte mich eines eisigen Schauers nicht erwehren. Dieses Produkt einer vorläufig noch unbegreiflichen Technik, die sich der Energien einer sechsdimensionalen Funktionsebene bediente, konnte für uns die Rettung bedeuten.
»Einverstanden«, antwortete ich. »Wir überlegen, was wir an Ausrüstung im Einsatz brauchen, und bringen es in unseren Anzügen unter. Anschließend warten wir Guckys Lagebericht ab und machen uns auf den Weg.«
Ich blickte zu der im Zenit stehenden Sonne empor. Dann richtete ich meine Aufmerksamkeit auf die Strünke, die die Hänge der Hügel bedeckten.
Es waren nicht wirklich Bäume, das hatten wir inzwischen festgestellt. Eher konnte man sie als biochemisch arbeitende Temperaturfühler für etwas bezeichnen, das unter der Oberfläche Zeuts verborgen lag und wartete.
Worauf es wartete und wie es aussehen würde, wenn es irgend etwas täte, das hatte auch Ovaron uns nicht sagen können.
Ich begann zu ahnen, daß das, was wir auf Zeut bisher an scheinbarer Vegetation zu sehen bekommen hatten, nicht mit dem geheimnisvollen Leben identisch war, das nach Ovarons Aussage bei ausreichender Annäherung an die Sonne erwachen sollte.
Eine unheimliche Welt!
Die Schatten der Nacht senkten sich über die Hügel vor Havaler. Wir fröstelten, wagten es jedoch nicht, die Klimaanlage unserer Einsatzkombinationen einzuschalten. Die Streustrahlen der Mikrofusionskraftwerke hätten angemessen werden können.
Und lieber wollten wir einige Stunden frieren, als daß es in zweihunderttausend Jahren im Solsystem zu heiß werden würde …!
Ich gab dem Mausbiber ein Zeichen – und er verschwand.
Eine Stunde verstrich – eine zweite.
Dann kam Gucky und berichtete, die Tore der Werft wären geschlossen und das Licht gelöscht worden.
Ich blickte zu Ovaron hinüber. Der Cappin stand reglos im matten Sternenlicht. Er hatte seine Sextadimbombe in einem Plastikbehälter auf seinem Rücken verstaut.
»Fertig?« fragte ich leise.
»Fertig«, antwortete Ovaron knapp.
»Gucky!« sagte ich. »Du bringst uns nacheinander in die Werft. Mich zuerst, dann Ovaron und zuletzt Cascal. – Ras, Sie springen zu unseren beiden Giganten, informieren sie und kehren mit dem Paladin hierher zurück!«
Tschubai bestätigte und entmaterialisierte.
Ich streckte die Hand aus und fühlte, wie sie von Gucky ergriffen wurde. Der Mausbiber erwiderte meinen Druck. Es war soviel, als hätten wir uns gegenseitig Hals- und Beinbruch gewünscht.
Im nächsten Moment standen wir auf dem Boden einer riesigen Halle. Ich klappte meinen Helm nach vorn und ließ das Infrarotvisier über die Gesichtsöffnung gleiten.
Meine Augen erblickten die Konturen eines bis zur Hallendecke reichenden massiven Gerüstes. Ich sah Arbeitsplattformen auf Stahlträgern, Lastenaufzüge und Antigravheber.
Und mitten in diesem Dschungel der Technik stand eine makellos glatte, gewaltige Konstruktion von der Form einer in der Mitte eingeschnürten Spindel.
Ich brauchte mich nicht auf mein Augenmaß zu verlassen, um die Größe zu bestimmen. Sie war mir bekannt. Die Höhe betrug zweitausend Meter, die beiden Hauptkörper ober- und unterhalb der Einschnürung durchmaßen jeweils tausend Meter, und der Durchmesser der Einschnürung betrug fünfhundert Meter.
Das war der Todessatellit, wie wir ihn in etwas weniger als zweihunderttausend Jahren in der Sonnenatmosphäre entdecken würden!
Ein riesiger Pedopeiler für ›reisende‹ Cappins – und ein Vernichtungsinstrument, das unsere Sonne zur Nova zu machen drohte!
Ich hatte gar nicht gemerkt, daß der Ilt wieder teleportiert war. Erst als er mit Ovaron zurückkehrte, wurde es mir bewußt. Ich hörte, wie der Cappin tief Luft holte.
Gucky sprang zum letztenmal und holte Joak Cascal. Der Oberst stand fasziniert vor dem gigantischen Gebilde.
»Wo finden wir die zentrale Klima- und Lufterneuerungsanlage, Ovaron?« fragte ich.
Der Cappin beschrieb es uns.
Ich schickte Gucky zuerst allein in den Satelliten, damit er die Lage sondierte. Gab es darin eine Alarmanlage oder war das Verteidigungssystem bereits aktiviert, würde er allein viel schneller fliehen können als mit einem ›Passagier‹.
Der Ilt zögerte keinen Augenblick, obwohl er ebensogut wußte wie wir alle, daß er unter Umständen in seinen Tod sprang. Noch ein fremdes Lebewesen, das alles für die Menschheit riskierte.
Nach einer Minute kehrte Gucky zurück.
»Alles klar«, meldete er in seiner saloppen Art. »Es gibt keine
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