Silberband 055 - Der Schwarm
Korom-Khan war für die Saboteure ein harter Ankläger erschienen. Korom-Khans Intellekt war nicht zu unterschätzen. In dem Mathelogiker hatte er jedoch einen ernstzunehmenden Gegner mit hervorragenden geistigen Fähigkeiten gefunden.
Die MARCO POLO glitt noch immer im freien Fall durch den interkosmischen Leerraum. Die Gutachten der Sachverständigen lagen bereits vor.
Erstaunlicherweise hatten die beiden Angeklagten ihre Vergehen unumwunden zugegeben. Sie hatten es gelassen und im vollen Bewußtsein der drohenden Konsequenzen getan.
Im Gegensatz zum Zivilrecht des Imperiums, das die Todesstrafe nicht mehr kannte, war es möglich, an Bord eines im Kampfeinsatz stehenden Raumschiffes (und bis zur Ankunft in der Milchstraße galt dies noch für die MARCO POLO) die Todesstrafe zu verhängen. Das aber war auch nur dann zulässig, wenn die Straftat das Leben aller Besatzungsmitglieder, die Existenz der Menschheit und überdies das betreffende Raumfahrzeug eindeutig gefährdete.
Das war hier der Fall. Die vorliegenden Berichte der wissenschaftlichen Sachverständigen waren vernichtend. Die achttausend Männer der MARCO POLO waren so gut wie verloren.
Das Ultraschlachtschiff war am 16. Juli 3438 Standardzeit mit Heimatkurs gestartet. Nun zeigten die Borduhren den 17. Juli 3438, 3.56 Uhr an. Ob diese Zeitmessung noch richtig war, konnte niemand sagen. Der in Betrieb gewesene Pralitzsche Wandeltaster hatte während des Dakkarfluges zwar funktioniert, aber die große Frage war, wie er gearbeitet hatte. Nach einem nahezu einstündigen Dakkarflug, immer nach der gültigen Bordzeit gerechnet, hätte man sich der Milchstraße schon so weit genähert haben müssen, daß sie als eindeutig erkennbarer Leuchtball von übergeordneter Ausdehnung sichtbar gewesen wäre. Auf den Bildschirmen waren aber nur Lichtpunkte zu erkennen. Jeder davon war eine Galaxis.
Die Saboteure waren verhört worden. Die Zeugenaussagen lagen vor. Perry Rhodan als Vorsitzender des Bordgerichtes hatte sich bislang schweigsam verhalten.
Die Einführungsphase des Prozesses war beendet. Rhodan schien bedrückt zu sein. Die große Offiziersmesse, die als Verhandlungsraum gewählt worden war, war überfüllt. Besatzungsmitglieder aller Dienstgrade hatten sich in den Raum gedrängt. Jene, die keinen Platz gefunden hatten, verfolgten die Verhandlung an der bordeigenen Interkomanlage.
Esmural und Hosputschan saßen vor der improvisierten Richterempore. Vor Rhodan lagen die Gutachten. Er überflog die schriftlich niedergelegten Texte, verzichtete jedoch vorerst darauf, sie wörtlich vorzulesen. Er sah zu den beiden Saboteuren hinüber.
»Die Gutachten der Sachverständigen liegen zwar schriftlich vor, aber das Gericht legt Wert darauf, die darin enthaltenen Aussagen in direkter Form zu hören. Ich darf Professor Geoffry Abel Waringer bitten, seine Feststellungen in Gegenwart aller Beteiligten wörtlich zu wiederholen. Vorher noch eine Frage an die Herren Esmural und Hosputschan: Warum haben Sie diese Sabotageakte begangen? Warum? Ihr Herr Verteidiger möchte Sie als unzurechnungsfähig hinstellen. Schließen Sie sich dieser Auffassung an?«
Weder Hosputschan noch Esmural beantworteten die dominierende Frage. Sie beschränkten sich auf das Sekundäre. Hosputschan erklärte lächelnd:
»Wir widersprechen sehr entschieden dieser Definition. Es liegt weder eine geistige Erkrankung noch eine Affekthandlung vor. Wir haben die Maßnahmen als unerläßlich angesehen und sie daher durchgeführt.«
Rhodan achtete nicht auf das Raunen der Empörung. Atlan fühlte die innere Verwirrung des Freundes. Es war der seltsamste Prozeß, dem er jemals beigewohnt hatte.
»Eine unglaubliche Arroganz«, flüsterte ihm Mentor Kosum zu. »Die Burschen reden sich um ihren Kopf.«
»Während meiner Zeit hätten sie zehn Minuten nach dem Verbrechen die Schleuse passiert, aber ohne Schutzanzug.«
»Sie urteilen hart, Admiral!«
»Deshalb bin ich auch nicht als Richter zugelassen worden. Saboteure, die ein Schiff mit achttausendköpfiger Besatzung gefährden, verdienen den Tod. Das ist jedenfalls die Meinung eines alten Arkonidenadmirals und Imperators.«
Professor Waringer trat vor den Richtertisch. Rhodan sprach ihn an. Diesmal verzichtete er darauf, den ehemaligen Gatten seiner vor tausend Jahren ermordeten Tochter zu duzen.
»Bitte, fassen Sie sich kurz. Ihre schriftliche Erklärung wird noch vor der Urteilsverkündung in vollem Wortlaut verlesen. Welche Schäden sind
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