Silberband 068 - Anti-Universum
zwischen Form- und Schwarzschild-Feld, die je nach Konstruktion des Generators ein paar Zentimeter bis ein paar Meter voneinander entfernt waren, bot wegen der hohen Frequenzen zusätzliche Schwierigkeiten.
Auch sie wurden beseitigt, und schließlich stand in einem der staatlichen Forschungslabors in der Nähe von Terrania City der erste Nug-Schwarzschild-Reaktor, der aus einem gepulsten Protonenstrahl ständig Energie erzeugte. Dabei handelte es sich um ein Versuchsmodell, das an Brennstoff nicht mehr als ein Billionstelgramm pro Sekunde verbrauchte und daraus, mit einem Wirkungsgrad von knapp sechzig Prozent, eine ständige Leistung von dreiundfünfzig Kilowatt erzeugte.
Ähnliche Versuchsreaktoren waren an anderer Stelle gebaut worden. Acht Jahre lang hatte man das Verhalten der Nug-Schwarzschild-Reaktoren beobachtet und experimentelle Daten gesammelt. Man hatte größere Reaktoren entwickelt, zum Beispiel einen in der Nähe von Mogadischu, der Brennstoff mit einer Geschwindigkeit von zwei Milligramm pro Sekunde verbrauchte und dafür eine ständige Leistung von mehr als einhundert Millionen Megawatt lieferte. Aber noch nie war bis jetzt der großmaßstäbliche Versuch gewagt worden, der Test eines Kraftwerkes, wie es an Bord eines Raumschiffes gebraucht wurde.
Im Jahre 3454 war mit der Entwicklung eines solchen Kraftwerkes begonnen worden. Es bestand aus acht kreisförmig angeordneten Reaktoren, die aus einem zentral gelegenen Brennstofftank gespeist wurden. Jeder Reaktor war auf eine Leistung von zehn Milliarden Megawatt ausgelegt. Bei einem Wirkungsgrad von sechsundfünfzig Prozent würde er dabei pro Sekunde zwei Zehntelgramm an Brennstoff verbrauchen. Das gesamte Kraftwerk hatte eine Leistung von nominal 80 Milliarden Megawatt, die kurzfristig auf das Zehnfache gesteigert werden konnte.
Knapp zwei Jahre später standen zwei dieser Kraftwerke bereit. Eines davon wurde anstelle einer konventionellen Energieversorgungsanlage in das Flaggschiff der Solaren Flotte, die MARCO POLO, eingebaut. Das zweite wurde an Bord der alten HYODPON installiert, die bei dem bevorstehenden Experiment als Versuchsobjekt zu dienen hatte. In beiden Fällen diente das Kraftwerk ausschließlich zur Energieversorgung des Raumschiffes. Der Schiffsantrieb beruhte im Normalflug weiterhin auf den bewährten Korpuskulartriebwerken, für die die Entdeckung des Schwarzschild-Zerstrahlungsprinzips bislang noch keinen Ersatz geliefert hatte. Der Versuchsplan zielte darauf ab, die Feldschirme der HYODPON, die zunächst aus den elf konventionellen Kraftwerken gespeist wurden, durch intensiven Beschuß derart zu überlasten, daß die Nug-Schwarzschild-Reaktoren einsprangen, um die Aufrechterhaltung der Schirme zu unterstützen. Die HYODPON war unbemannt. Die Regelung der Kraftwerksströme erfolgte durch den Autopiloten, der im entscheidenden Augenblick auch das Schwarzschild-Kraftwerk in Betrieb nehmen würde. Das alte arkonidische Raumschiff befand sich im Schutz eines HÜ-Feldes und eines Paratronschirms. Aufgrund der energetischen Struktur der beiden Schirmfelder war zu erwarten, daß der HÜ-Schirm zuerst zusammenbrechen würde. Die Sicherheitsschaltungen an Bord der HYODPON waren so angelegt, daß die Kraftwerke nach Ausfall des HÜ-Feldes ihre gesamte Leistung zur Aufrechterhaltung des Paratronschirms verwendeten. Erst wenn auch der Paratronschirm in Gefahr geriet, sprang das neuartige Kraftwerk an.
Jede einzelne Phase des Experiments war durch Hunderte von Messungen belegt. Die Aufzeichnung der Meßergebnisse, durch Hyperfunk von der HYODPON übertragen, erfolgte vollautomatisch; jedoch standen den Experimentatoren außerdem optisch lesbare Instrumente zur Verfügung, die ihnen gestatteten, den Verlauf des Versuchs mit eigenen Augen zu verfolgen. ›Für das Volk‹, wie Geoffry Waringer sich ausdrückte, hatte man in der Messe der MARCO POLO hervorragende optische Beobachtungsmöglichkeiten geschaffen. Vergrößerte Telekamerabilder der HYODPON erschienen überall auf den großen Bildflächen der Messe.
Das Kraftwerk an Bord der MARCO POLO blieb vorläufig inaktiv. Erst wenn der Versuch erfolgreich abgeschlossen worden war und die eingehende Auswertung der Meßdaten die Sicherheit des Nug-Schwarzschild-Prinzips eindeutig erwiesen hatte, würde die neue Kraftstation des Flaggschiffs ebenfalls aktiviert werden.
»X minus vier Minuten«, sagte der Robot.
Stille herrschte in dem kleinen Konferenzraum, der dicht unterhalb des
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