Silberband 071 - Das Erbe der Yulocs
antwortete Gayt-Coor: »Sie haben wieder einmal recht. Das muß unser Verfolger sein. Kann es zutreffen, daß auch er wie wir die Stadt Nuprel sucht?«
Rhodan gab zurück: »Kaum möglich.«
»Warum nicht?«
Hier oben war der Wind, der unten stoßweise wehte, warm und feucht und nach Moder und geheimnisvollen Ausdünstungen der Erde roch, kalt und weniger von unangenehmen Gerüchen erfüllt. Rhodan schaltete die Heizung des Anzugs ein, aber er schloß seinen Heim noch nicht.
»Weil«, erklärte er, »das bedeuten würde, daß er erst kurze Zeit auf dem Planeten ist. Innerhalb kurzer Zeit aber kann er nicht sein schweigendes Heer geschaffen beziehungsweise sich das unbedingte Vertrauen der Verfahrenskrüppel gesichert haben. Eines schließt das andere aus. Trotzdem kann etwas an dieser Überlegung sein.«
»Früher oder später werden wir es merken«, stellte Gayt-Coor fest.
Sie flogen geradeaus, nunmehr im sicheren Bewußtsein, daß sie verfolgt wurden. Der Fluganzug des Verfolgers war bei weitem nicht so leistungsfähig wie die Maschinen der Plattform, also machte Rhodan sein Vorhaben wahr und zog, indem er die Triebwerke auf halbe Kraft laufen ließ, den Verfolger hinter sich her. Er wollte keineswegs getötet werden, aber er würde versuchen, sich Gewißheit über die Natur des Fremden zu verschaffen.
»Vermutlich wird sich dieses Spiel mit psychologischer Bedeutung die nächsten Stunden und Tage hinziehen. Dabei sind wir im Vorteil, denn wir können abwechselnd ruhen und kämpfen«, meinte Gayt-Coor.
»Ein deutlicher Vorteil.«
Sie flogen vor der Schwärze der Nacht davon. In der nächsten Stunde änderte sich nichts. Einmal, es war viel später, begann sich direkt vor ihnen ein riesiges Echo abzuzeichnen.
»Was ist das?« fragte Rhodan laut.
»Eine kleinere fliegende Stadt«, erwiderte Gayt-Coor. Langsam spürten sie beide eine bleierne Müdigkeit.
Rhodan hielt die Plattform auf Kurs und sah bald, daß sich auch die Geschwindigkeit ihres Verfolger-Echos verringert hatte. Jetzt holte er wieder auf. Hatte auch der Verfolger in seinem Schutzanzug Geräte, die ihm ihren Standort zeigten? Anders war es kaum denkbar, denn eine rein optische Beobachtung schien jenseits der sinnvollen Verfolgung zu liegen. Auf diese Weise hätte er sie schnell aus den Augen verloren.
»Halt!«
Rhodans Stimme war hell und schneidend geworden. Gayt-Coor, der mit einem Anfall von Müdigkeit gekämpft hatte, war plötzlich hellwach. Er spürte das Vibrieren der Maschinen, als Rhodan die Plattform beschleunigte.
»Was gibt …?«
Rhodan sagte gepreßt: »Wir werden wieder vom Boden aus angegriffen. Und zwar von mindestens dreißig kleinen, schnellen Projektilen.«
»Ich habe etwas in dieser Art erwartet! Was können wir tun?«
Auf dem Bildschirm zeichnete sich ein annähernd runder Schwarm von Echos ab, die von Sekunde zu Sekunde größer und deutlicher wurden. Rhodan kippte die Plattform und leitete einen rasenden Sturzflug ein. Dann fiel ihm die fliegende Stadt wieder ein, und er steuerte um.
»Wir können versuchen zu fliehen!« schrie er wütend.
Der Schwarm vollführte eine exakte Wendung, als die Plattform aus der Ziellinie wanderte. Rhodan riß beide Hebel nach hinten und trieb die Leistung des Antriebs weit in die gefährlichen roten Bereiche hinein. Weit vor sich sah er jetzt die fliegende Stadt.
»Erreichen wir sie noch?«
Drei Kilometer Bodenabstand waren ein gefährlicher Wert. Die Projektile, deren Antrieb unsichtbar war, brauchten für diese Entfernung nur kurze Zeit. Die Plattform war mit Sicherheit langsamer als die Sprengkörper. Es waren keine Raketen; unsichtbar und lautlos kamen sie näher und näher. Die Plattform raste waagrecht durch die Luft. Heulend zerrte die Luft an den Körpern der Gefährten.
»Ich weiß es nicht. Sie können versuchen, die Projektile abzuschießen«, sagte Rhodan. Auch sein neuer Körper reagierte auf die Gefahr nicht anders als sein menschlicher Körper. Er verkrampfte sich. Rhodan fühlte Schweiß durch den feinen Haarpelz sickern.
»Ich dachte schon daran.«
Ebenso, wie sich die Distanz zwischen den angreifenden Flugbomben oder Robotern und der Plattform verringerte, schrumpfte der Abstand zwischen der Stadt und der Plattform. Dunkel und drohend tauchte der Koloß, auf einem annähernd linsenförmigen, kaum bearbeiteten Stück Fels errichtet, aus der Dämmerung auf. Unverändert hatte er seinen Kurs beibehalten. Neben Rhodan richtete sich Gayt-Coor auf und hob seine
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