Silberband 081 - Aphilie
den Kristall verloren. Überschlagende Energien zerstörten die Fernsteuerung. Das Transportgestell pendelte zwischen den Wänden und wurde dabei immer schneller. Bei jedem Aufschlag verformten sich die Streben. Dann fielen die Antigravprojektoren aus. Der Kristall knallte mit den Schutzschirmprojektoren zu Boden.
Noch war der Schutzschirm kompakt genug, um die tödliche Strahlung abzuschirmen. Aber es war nicht ausgeschlossen, dass Strukturrisse entstanden, durch die Strahlung entweichen konnte. In dem Fall würde der Strahlenschutzanzug auch nicht viel helfen.
»Das muss so knapp vor Dienstschluss passieren«, schimpfte Manick. Er hatte seinem auf dem Boden liegenden Kameraden nur einen flüchtigen Blick zugeworfen und festgestellt, dass Coldrins Gesichtsschutz durch den Sturz vom Kopf gerutscht war.
Sobald die Strahlung frei wird, stirbt er eines qualvollen Todes, dachte Manick ohne Anteilnahme. Ihm war es nur wichtig, seinen Auftrag auszuführen. Und das konnte er nur, wenn er den 5-D-Strahler unbeschadet ans Ziel brachte. Allein schaffte er das aber nicht mehr, da der Antigrav ausgefallen war.
Zum Glück stand der Arbeitsroboter immer noch wie angewurzelt da. »Heb das Gestell mit dem Kristall auf!«, befahl Manick.
Der Roboter hatte sich bereits in Bewegung gesetzt, noch bevor Manick ausgesprochen hatte. Aber zu seiner größten Überraschung kümmerte er sich nicht um die Strahlungsmasse, sondern eilte zu Coldrin …
Unter anderen Umständen hätte der Roboter überhaupt nicht gezögert, dem Verletzten zu Hilfe zu kommen. Er war eine jener null-aphilischen Arbeitsmaschinen, die TARA Non-A 787 von ihrem Zellplasma befreit hatte. In Imperium-Alpha gab es sie bereits in großer Zahl.
Der Roboter zögerte nur, weil er sich durch seine Hilfeleistung verraten hätte. Das Asimovsche Robotgesetz war bei ihm durch den Verlust des aphilischen Zellplasmas voll wirksam. Und das dritte Gesetz verlangte, dass ein Roboter auf seinen Selbstschutz bedacht sein musste, solange er nicht gegen Gesetz zwei und eins verstieß.
Nun befahl ihm der Mann aber, die Strahlungsmasse sicherzustellen. Jeglichen Befehl eines Menschen auszuführen war der zweite Punkt des Gesetzes und hatte gegenüber dem Selbstschutz Vorrang. Doch kollidierte dieser Befehl mit dem ersten Gesetz, das verlangte, dass ein Roboter nicht zulassen durfte, dass ein Mensch Schaden erlitt. Da aber der Verwundete in höchster Gefahr schwebte, musste der Roboter den Befehl zwangsläufig missachten und Coldrin zu Hilfe kommen.
Nur Sekunden waren vergangen, bis der Roboter einen Ausweg aus seinem Dilemma fand und den Verwundeten aus dem Strahlungsbereich trug.
»He, bist du übergeschnappt?«, rief Coldrin, als er völlig überraschend von dem Roboter abtransportiert wurde. Manick stand fassungslos daneben. Als der Roboter zurückkam, um nun seinen Befehl auszuführen, fragte er ihn: »Warum hast du falsch gehandelt?«
»Ich musste zuerst ein Menschenleben retten«, antwortete der Roboter wahrheitsgetreu und wusste augenblicklich, dass er sich verraten hatte.
Manick ließ den Roboter die Strahlungsmasse noch ans Ziel bringen, dann schloss er ihn kurz und gab Alarm. Es konnte keinen Zweifel daran geben, dass mit dem Roboter irgendetwas nicht stimmte.
Minuten später war auch die terranische Führungsspitze, die in der Zentrale von Imperium-Alpha tagte, über die Entartung des Roboters informiert.
In der kybernetischen Abteilung wurde der Roboter sofort einer genauen Untersuchung unterzogen. Die Wissenschaftler überprüften ihn nach allen erdenklichen Gesichtspunkten, fanden zuerst aber nicht die Ursache für sein seltsames Verhalten.
Alle mechanischen Funktionen waren in Ordnung. Die Positronik wies keine Fehlprogrammierung auf. Die Routinetests ergaben keine ungewöhnlichen Reflexe. Erst danach öffneten die Kybernetiker den Schädel des Roboters, um die Positronik und das Zellplasma unter die Lupe zu nehmen. Sie machten eine ungeheuerliche Entdeckung.
Als Reginald Bull in der kybernetischen Abteilung eintraf, erhielt er schon einen abschließenden Bericht der Untersuchung.
»Der Roboter ist verrückt geworden, weil sein Zellplasmateil nicht mehr existiert«, erklärte der Chefkybernetiker. »Es wurde einfach verdampft. Von da an beherrschte einzig und allein die Positronik diese Maschine. Ich brauche Ihnen wohl nicht sagen, was das zu bedeuten hat.«
»Durch den Wegfall des Zellplasmas und die alleinige Kontrolle der Positronik wurde der Roboter
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