Silberband 089 - Sie suchen Menschen
sondern stand nur ruhig da und blickte auf Atlan. Ich konnte mir vorstellen, was in diesen Sekunden hinter Rhodans Stirn vorging. Er war überrascht und bestürzt zugleich wegen der Anschuldigung seines arkonidischen Freundes und politischen Gegners.
Das Duell, das sich beide Männer lieferten, würde über das Schicksal der galaktischen Menschheit entscheiden – und dabei war diese Konfrontation unnötig, denn sie beruhte nur auf einem Missverständnis.
18.
Zwischenspiel um Icho Tolot
Du willst wissen, weshalb wir hier sind? Gut.« Icho Tolot verschränkte seine beiden Armpaare und blickte Lraton Perlat aus seinen drei Augen nachdenklich an. »Wir haben noch Zeit, deshalb kann ich von Anfang an erzählen:
Es begann, nachdem die Erde im Mahlstrom materialisiert war. Anfangs genoss ich die freie Zeit, aber ich fühlte allmählich, dass ich alt wurde, während ich mir in all den Jahren den Heimatplaneten der Menschen besser anschaute als jemals zuvor.
Ich befand mich im Norden des Kontinents, den sie Amerika nennen. Eines Tags mietete ich ein Boot und fuhr damit einen großen Strom hinauf, mitten hinein in eine besondere naturbelassene Landschaft. Ich traf kaum Menschen, aber irgendwann geriet ich in Schwierigkeiten. Das Boot war in technischer Hinsicht primitiv und auch relativ klein, obwohl es fünfzig Terranern leicht Platz geboten hätte. Es kenterte, als sich der Strom zu einem See verbreiterte und ich nach einem Ankerplatz suchte. Bevor ich es bergen konnte, trieb es gegen ein Riff und sank sofort.
Das meiste meiner ohnehin spärlichen Ausrüstung war verloren. Ich sammelte Holz und entzündete ein Feuer, und als es dämmerte, sah ich ihn.
Für terranische Begriffe war er ein alter Mann, an die zweihundert Jahre alt. Er schleppte eine altertümliche Flinte und einen Beutel mit sich, der gefüllt schien. Offensichtlich befand sich der Alte auf der Jagd. Als er mich erblickte, blieb er stehen. Dann kam er mit ausgebreiteten Armen auf mich zu.
›Ein Haluter!‹, rief er voller Freude und Überraschung. ›Wie lange habe ich keinen Haluter mehr gesehen! Icho Tolot vielleicht?‹
Obwohl ich selbst gern gewusst hätte, wie er in die verlassene Gegend kam, befriedigte ich zuerst seine Neugier und berichtete ihm von meinem Missgeschick. Er hörte aufmerksam zu, dann meinte er: ›Machen Sie sich keine Sorgen, Tolot. Bei mir sind Sie gut aufgehoben, wenn Sie ein wenig Zeit haben. In regelmäßigen Zeitabständen legt in dieser Bucht ein Versorgungsschiff an, das mich mit den notwendigsten Dingen beliefert. Es kann Sie mit zurück in die Zivilisation nehmen. In einer Woche dürfte es eintreffen.‹
Dann berichtete er mir, dass er vor mehr als hundertfünfzig Jahren zur Explorerflotte versetzt worden sei und viele Welten gesehen habe. Nach der Versetzung der Erde in den Mahlstrom sei er pensioniert worden, aber die Sehnsucht nach einem freien Leben in der Natur habe ihn nie verlassen.
Er führte mich zu seiner Hütte, die ein Stück vom Seeufer entfernt auf einem Hügel stand. Er hatte sie aus vorgefertigten Bauteilen errichtet und mit einigem Komfort versehen. Selbst ein Stromaggregat war vorhanden. ›Das Wasser kommt aus einem nahen Bach‹, erklärte er mir. ›Ich habe auch einen Videoempfänger, aber leider keinen Sender.‹ Er deutete auf den kleinen Bau zwischen vereinzelt stehenden Bäumen. ›Nun, was halten Sie davon?‹
Ich musste ihm Recht geben: ›Sie hätten kein besseres Fleckchen auf unserer übervölkerten Erde finden können. An Ihrer Stelle würde ich mich wohl ähnlich entscheiden.‹
Er sah mich von der Seite her an. ›Sie haben damit sicher noch Zeit, Tolot. Ich weiß, dass Haluter sehr langlebig sind.‹
› … aber wir sind nicht unsterbliche.‹
Diese Bemerkung mochte es wohl gewesen sein, die ihn später dazu veranlasste, mir sein großes Geheimnis zu verraten, aber noch war es nicht so weit.
Wenn ich an das Festmahl zurückdenke, das der Alte auf den Holztisch vor der Hütte zauberte, läuft mir wieder das Wasser im Mund zusammen. Ich glaube, ich habe ihm damals ein ganzes Reh weggegessen, was ihm jedoch einen Riesenspaß bereitete.
Ich hatte lange nicht mehr so gut geschlafen wie in dieser ersten Nacht im Gras vor der Hütte. Über mir waren die fremden Sterne und der Schleier des Mahlstroms.
Er wurde immer aufgeschlossener und machte geheimnisvolle Andeutungen, mit denen ich nicht viel anzufangen wusste. Manchmal hatte ich das Gefühl, er wolle mich auf die Probe
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